Landwirtschaft im Klimawandel Kartoffeln: Trotz Trockenheit mehr Ertrag
Hauptinhalt
04. Juni 2020, 09:48 Uhr
Die Kartoffel gehört zu Thüringen wie Thüringer Klöße, nur dass immer weniger Landwirte Kartoffeln anbauen. Wegen trockenen Sommern beregnen Landwirte ihre Kartoffeläcker - das geht allerdings ins Geld und ist ohnehin nur an wenigen Satndorten möglich. Landwirt Harald Berger baut auch ohne Beregnung erfolgreich Kartoffeln an. Wir wollten wissen, wie er das macht und haben Wissenschaftler gefragt, die seine Methode untersucht und bestätigt haben.
Es ist Ende April, 10:00 Uhr am Morgen. Harald Berger steht vor einem braunen, nackten Acker. Der sei jetzt schon ziemlich trocken. Normalerweise bringt der April 120 Liter - in diesem Jahr kamen nur acht Liter Wasser vom Himmel. Keine gute Ausgangslage. Landwirt Harald Berger scheint sich davon aber nicht beeindrucken zu lassen. Die Dämme werden vorbereitet zum Legen der Kartoffeln.
Berger winkt einen Traktor zu sich, der gerade übers Feld fährt. Er hat eine lange grüne Maschine im Schlepptau, den Separierer. Der sei entscheidend für die Bodenqualität, denn er holt die Steine vom Acker, bevor die Kartoffeln rein kommen. Heute macht das Julius Kühnel, der Lehrling, der erstmal die Tiefe reguliert. Die soll etwa 22 bis 28 Zentimeter betragen, im Optimalfall 30 Zentimeter. Der Separierer nimmt die Erde bis zu dreißig Zentimeter tief vom Boden auf und wirft sie auf ein Laufband. Dort werden die großen Steine heraus gesiebt.
Das sind vier unterschiedliche Siebketten mit unterschiedlicher Spaltgröße. Das heißt, die Erde wird unterschiedlich ausgesiebt, erst kleinere Erde dann gröbere Erde.
Auf den ersten Blick erstaunlich, denn ein gesiebter Boden trocknet auch schnell aus. Außerdem predigen Forscher seit Jahren, dass es wichtig sei, den Boden ruhen zu lassen, damit die Tierchen darin genügend Humus bilden. Wilhelm Vent berät Harald Berger beim Maschinenkauf und ist mit auf den Acker gekommen. Er sagt, die Steine müssen raus, um die Kartoffel zu schützen. Sie würden die Knolle beschädigen und anfällig für Pilze und Schadinsekten machen. Letztlich sei der entsteinte, lockere Boden sogar gut für Bodenorganismen, die dann die Feuchtigkeit halten.
Wir achten immer drauf, dass bei dem Separieren auch ein bestimmter Erdteil wieder mit hier rein kommt, damit hier nicht nur eine Steinrutsche entsteht, sondern ein Gemisch aus Boden, Steinen und Humus.
Beregnung in Deutschland - nur ganz wenige Flächen!
Bisher wird in Deutschland nur ein sehr kleiner Teil der landwirtschaftlichen Flächen beregnet. In Mitteldeutschland sieht das nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes so aus:
Thüringen: 100 landwirtschaftliche Betriebe können auf einer Fläche von 5.300 Hektar beregnen. Tatsächlich bewässert wird auf 2.500 Hektar. Die landwirtschaftliche Gesamtfläche an Ackerland beträgt 605.000 Hektar.
Sachsen-Anhalt: 270 landwirtschaftliche Betriebe können auf einer Fläche von 31.400 Hektar beregnen. Tatsächlich bewässert wird auf 19.400 Hektar. Die landwirtschaftliche Gesamtfläche an Ackerland beträgt 986.000 Hektar.
Sachsen: 310 landwirtschaftliche Betriebe können auf einer Fläche von 12.700 Hektar beregnen. Tatsächlich bewässert wird auf 5.500 Hektar. Die landwirtschaftliche Gesamtfläche an Ackerland beträgt 707.000 Hektar.
Auch der Forscher Andreas Meyer von der Kartoffel-Versuchsanstalt Dethlingen stellt fest, dass der Boden besser durchlüftet ist und Bodenlebewesen sich besser vermehren und Humus bilden können. So ein Acker könne bei einem starken Regen mehr Wasser aufnehmen und speichern als ein verfestigter Boden. Und eine zweite Sache fiel auf, sagt Meyer. Die Wurzelbildung in den separierten Parzellen war deutlich besser. Und das bedeute konkret:
Wir haben bei den Kartoffelpflanzen eine deutlich erhöhte Wurzellänge messen können.
Da könnte man darauf schließen, dass dadurch auch das Bodenvolumen, also das Speichervolumen des Bodens, deutlich besser genutzt werden kann. Auch der lehmige Thüringer Boden sei so zu bändigen. Wenn es eine Weile nicht regnet, finden die langen Wurzeln in tieferen Schichten noch Feuchtigkeit. Wichtig beim Kartoffelanbau sei auch eine Zwischenfrucht. Die schützt die Böden im Winter vor dem Austrocknen und wird im Frühjahr dann untergepflügt. So schenkt sie dem Boden Nährstoffe. Wie sich das auf die Ernte auswirkt, hat Andreas Titze von der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Brandenburg untersucht.
In den Untersuchungen hat sich gezeigt, dass Zwischenfruchtgemenge Vorteile besitzen gegenüber einer Selbstbegrünung oder einer so genannten Schwarzbrache. Insofern, als dass mehr Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden können, der Nachfrucht, der Stickstoff, bzw. dann organische Substanz, die den Kartoffeln, zum Zeitpunkt des hohen Endbedarfs im Juni, Juli wieder zur Verfügung gestellt werden können.
Bis zu zwölf Prozent Ertragssteigerung durch Zwischenfrüchte haben die Forscher gemessen. Harald Berger denkt, die Kombination aus Entsteinen und einer Zwischenfrucht sei wichtig. Immerhin fährt auch er zwölf Prozent mehr Gewinn ein. Andere Landwirte hätten ihre Kartoffeläcker wegen der Trockenheit bereits aufgegeben und auf Weizen, Gerste oder Mais umgestellt. Überhaupt ist der Kartoffelanbau in Thüringen stark geschrumpft. Von 60.000 Hektar in den 1980er-Jahren auf 1.600. Natürlich seien die zwölf Prozent Gewinnsteigerung kein Hexenwerk, sagt Berger. Ein wichtiger Punkt sei die Selbstvermarktung.
Wir verkaufen nicht an Ketten, sondern haben das als eigenen Gewinn. Direktvermarktung, regional, - also alles, was man heute auch gerne erklärt, was richtig ist, machen wir seit vielen Jahren und mit Erfolg.
Der Kartoffelanbau in Thüringen sei mit der richtigen Methode nach wie vor möglich. Allerdings brauchen auch seine Kartoffeln Wasser. Er wünscht sich, dass die Sommer nicht noch trockener werden. Die nächste Alternative wären Beregnungsanlagen. Das komme für Berger aber nicht in Frage.
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/a7168ae4-9292-43c8-942a-2a99a925c80d was not found on this server.