Bodenlos nachhaltig Reycling: Salatzucht auf Abwasser
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11. Juli 2024, 15:26 Uhr
Wer erinnert sich eigentlich noch an den letzten ergiebigen Regenguss? Die Sorge vor einer erneuten Dürre und vor Ernteausfällen wächst. Also was tun, wenn das Wasser wegbleibt? Dann nutzt man einfach das Abwasser noch einmal! Abwasser recyceln klingt eklig? Mag zwar sein, aber es bietet eben auch Möglichkeiten, zeigt das Projekt HypoWave. Forschende haben ein sogenanntes hydroponisches System entwickelt, in dem Salat in behandeltem kommunalem Abwasser wächst - ganz ohne Erde.
Es misst sieben mal siebzehn Meter - das tunnelförmige Gewächshaus auf dem Gelände eines Klärwerks bei Wolfsburg beherbergt frischen Salat. Aber nicht im Boden, sondern in der Versuchsanlage des Forschungsprojekts HypoWave. Hier wurde getestet, ob sich kommunales Abwasser aus ganz normalen Haushalten für den hydroponischen Anbau von Pflanzen eignet, erläutert Jörn Germer von der Universität Hohenheim:
Im Prinzip bestand das System aus Rohren mit einem Innendurchmesser von zehn Zentimetern. In die wurden Löcher gebohrt, in denen sich die Pflanzen befanden und ihre Wurzeln wuchsen in dem Wasser, das in den Rohren floss. Da haben sie die Nährstoffe aufgenommen.
Hydroponischer Anbau bedeutet also, die Pflanzen wachsen nicht im Boden, sondern in einer flüssigen Nährstofflösung. Aber ausgerechnet im Abwasser? Was gewöhnungsbedürftig klinge, ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Denn Haushaltsabwässer enthalten die Nährstoffe, die für den Gemüseanbau gebraucht würden - wie etwa Stickstoff oder Phosphor. Gleichzeitig spart man durch das Recycling Wasser. Denn natürlich wird das Abwasser nicht so genutzt, wie es im Klärwerk ankommt. Drei Jahre lang hat Germer mit seinem Team daran geforscht, wie es aufbereitet werden muss, damit es möglichst viele Nährstoffe enthält. Die werden nämlich beim normalen Klärprozess einfach herausgewaschen. Nicht so beim Aufbereitungsprozess für den Gemüseanbau:
Dieses Verfahren, das war ein anaerobes Verfahren. So ähnlich (...) wie eine Biogasanlage und wenn das Wasser anaerob vergoren wird, dann verbleibt der Stickstoff im Wasser.
Anschließend werde noch Nitrat zugegeben und die Schadstoffe mit einem Kohlefilter entfernt - und schon sprießt der Salat. Es könnten aber auch Gemüsesorten wie Gurken, Tomaten oder Paprika in diesem Rohrsystem wachsen. Das wäre auch ein Gewinn für die Kläranlage: Die Pflanzen klären das Wasser, indem sie ihm die Nährstoffe entziehen.
Das ist die Hoffnung, dass wir soweit kommen, dass das Wasser eine Qualität über der normalen Behandlungsqualität von Kläranlagen hat. Wir haben das zum Teil schon sehr schön geschafft: Insbesondere konnten wir zeigen, dass die Frachten an Stickstoff und Phosphor sehr weit nach unten abgesenkt werden können.
Eine Win-win-Situation also: Es wird nicht nur wassersparend Gemüse angebaut, sondern das Abwasser wird noch effektiver gereinigt als bisher. Aber die Idee steht und fällt mit der Akzeptanz, sagt Germer. Denn klar: Gemüsezucht im Abwasser, das klingt erstmal etwas eklig. Doch die Forschenden sind von der Qualität überzeugt:
Wir haben den Salat des Öfteren probiert. Sehr interessant: Wir haben sogar geschmackliche Unterschiede zwischen den Behandlungen feststellen können. Das ist natürlich sehr subjektiv und nicht wissenschaftlich, aber das war interessant. Auch die Konsistenz von dem Salat unterschied sich.
Auch das Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg hat sich den Salat ganz genau angeschaut. Die Sachsen-Anhalter haben ihn unter anderem auf das Bakterium E-Coli untersucht - ein Darmbakterium, das auf Fäkalien hinweist. Das Ergebnis: Auf dem Salat war nicht mehr E-Coli als auf üblicher Marktware. Der Salat sei durch das Abwasser nicht verunreinigt worden. Prädikat: bodenlos nachhaltig und guten Gewissens essbar.
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