Meteorologie Wird Mitteleuropa zur Tornadoregion?
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25. Juni 2021, 15:32 Uhr
Ein Tornado fegt durch mehrere Dörfer im Südosten Tschechiens, deckt hier Dächer ab, reißt da eine Kirchturmspitze mit sich, verwüstet einen ganzen Landstrich, es gibt Tote und Verletzte und die Frage: Kann das hier auch passieren?
Wird Mitteleuropa eine Tornadoregion, oder ist das, was wir im Südosten Tschechien gesehen haben, nur eine Ausnahme? "Weder noch", sagt Andreas Friedrich, Tornado-Experte beim Deutschen Wetterdienst im Gespräch mit MDR WISSEN. "Man muss es anders sagen: Tornados gab es in Mitteleuropa schon immer, nur tauchen sie hier nicht so oft auf wie in den USA." Dort gebe es solche Ereignisse etwa zehnmal häufiger pro Jahr. Tornados können also durchaus in Mitteleuropa auftreten, auch in Deutschland. Experte Friedrich erinnert an 1968, als ein Tornado der Kategorie F4 aus den Vogesen kommend schließlich durch Pforzheim in Baden-Württemberg und einen Nachbarort raste: zwei Menschen starben, 200 wurden verletzt, 1.750 Häuser zerstört, im Dorf Neubärental, wo sich der Tornado auflöste, gingen 70 von 115 Häusern kaputt.
Gibt es eine Skala für die Tornado-Stärke?
Die Skala der Tornado-Stärke wird von F0 bis F5 beschrieben. Das F steht für ihren Erfinder, Dr. Tetsuya Theodore Fujita. Die Skala gliedert sich mit zunehmender Windstärke in leicht, mäßig, stark, verwüstend, vernichtend, katastrophal. F0 beschreibt Tornados mit einer Windgeschwindigkeit unter 116 km/h. Kenzeichen für so einen Tornado sind entwurzelte Bäume, abgebrochene Äste, Schäden an Schornsteinen. F2 steht für 117-180 km/h Windgeschwindigkeit, wenn Dachbedeckungen und Dachziegel herumfliegen oder Autos von der Straße abkommen. F4 wie diesen Juni Tschechien steht für einen vernichtenden Tornado mit Windgeschwindigkeiten zwischen 331-417 km/h. Eines seiner Merkmale: größere Konstruktionen mit schwacher Verankerung werden ein Stück weit verfrachtet. Mehr auf Planet Wissen.
Tornado und Klima: Was haben die miteinander zu tun?
Gibt es zwischen Klimawandel und Tornados einen Zusammenhang? "Dass es durch die Klimaerwärmung in Europa mehr Tornados gibt, ist bislang nicht nachgewiesen", sagt Experte Friedrich. Auf die Frage, ob es Regionen gibt in Mitteleuropa, die prädestiniert sind für Tornadobildung, gibt er eine klare Antwort: Nein, aber!
Tornados können prinzipiell überall vorkommen, auch in Deutschland, in den Alpen, an der Nordsee. Es gibt keine Regionen, die dafür besonders prädestiniert sind.
Tornados: Die vier Zutaten
Friedrich räumt aber ein, Tornados könnten etwas häufiger an der Küste auftreten, in Form von Wasserhosen, die an Land übertreten können. Das Risiko, dass ein so schwerer Tornado wie am 24. Juni in Tschechien auftritt, sei in Deutschland generell überall gegeben. Keine schöne Vorstellung, doch Friedrich lässt ein dickes ABER folgen: "Aber nur, wenn in der Atmosphäre alles Negative zusammenkommt." Genau vier Zutaten braucht es Andreas Friedrich zufolge für den Tornado, die gleichzeitig über einen gewissen Zeitraum zusammenkommen müssen. "Schauer und Gewitterwolke für den Tornadorüssel, die Wolke darf höchstens einen Kilometer über der Erde sein, darunter muss die Luftmasse feucht sein und aufsteigen. Wenn dazu dann noch Windscherung kommt, dann kommt es zu dieser Tornadobildung."
Was ist eine Windscherung?
Damit beschreibt die Meteorologie plötzliche Änderungen der Windrichtung und /oder der Windgeschwindigkeit von zwei aneinander grenzenden, verschieden schnell strömenden Luftschichten.
Erst wenn alle dieser Bedingungen über einige Minuten zusammen auftreten, kommt es zu dieser Tornadobildung, erläutert Friedrich und setzt nach: "Und das ist in der Atmosphäre sehr selten."
(lfw)
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