Meteoritenstaub
Bildrechte: NASA, W. Sparks (STScI), R. Sahai (JPL)

Älter als die Sonne Meteorit enthält fünf Milliarden Jahre alte Sternenspuren

14. Januar 2020, 10:37 Uhr

Der Murchison-Meteorit ist auch Jahrzehnte nach seinem Einschlag auf der Erde noch für Überraschungen gut. Forscher entdeckten jetzt in präsolaren Körnern Milliarden Jahre altes Material anderer Sterne.

Bis heute beschäftigt er die Welt der Wissenschaft und verblüfft sie immer wieder: Der Murchison-Meteorit, der im September 1969 im Westen Australiens niederging, etwa 600 Kilometer nördlich von Perth. Gut 100 Kilogramm kohlenstoffhaltige Chondrite blieben übrig, wie sich in den Wochen nach dem Einschlag zeigte, als außer Wissenschaftlern auch Anwohner der Region auf die Suche nach den stark riechenden schwarzen Gesteinsstücken machten. Ein Großteil ging in die Wissenschaft, an australische und amerikanische Forschungseinrichtungen wie die in Sydney und Chicago.

Allerdings wanderten viele Stücke auch in private Hände und kein Mensch weiß, wie viele als Andenken in Privathaushalten liegen oder verkauft wurden. Die Anwohner selbst schweigen über Details. Gerüchteweise soll ein Gramm Murchison-Meteorit 3.000 australische Dollar wert sein, heißt es in australischen Medienberichten. Wer im Internet auf die Suche geht, findet auf Meteor-Verkaufs-Portalen lediglich Angebote - mit dem Hinweis "Verkauft" - und ohne Preisangabe.

Welche Geheimnisse verbergen die Gesteinsbrocken?

Wissenschaftler der Uni Chicago haben jetzt in diesem Meteoritengestein unvorstellbar alten Sternenstaub entdeckt, von vor fünf bis sieben Milliarden Jahren: "Es ist das älteste feste Material, das je auf der Erde gefunden wurde", verdeutlicht Philipp Heck, der an der University of Chicago lehrt und forscht. Zusammen mit seinem Team hatte er, stark vereinfacht gesagt, Sternenstaub aus diesem Meteoritengestein untersucht: So genannte präsolare Körner - Mineralien, die älter sind als die Sonne. Solche Sternenstaubstücke bleiben, einmal in Meteoriten eingeschlossen, über Milliarden von Jahren unverändert.

Gewusst? Der Murchison-Meteorit sorgte am 18. September 1969 für Schlagzeilen: Sein Einschlag war als Feuerball im Westen Australiens sichtbar, genau wie sein Einschlag. Mehr als 100 Kilogramm Gesteinsbrocken wurden gefunden, die stark karbonhaltigen Stücke waren dunkelgrau bis schwarz. Die Gesteinsbrocken aus dem All wurden Briefmarken-Motive und sind bis heute begehrte Sammlerstücke.

Sternenstaub, der nach Erdnussbutter riecht

Präsolares Körnchen
Unter dem Rasterelektronenmikroskop: Ein präsolares Körnchen, ungefähr 8 Mikrometer Bildrechte: Janaína N. Ávila

Diese präsolaren Körner klopft man nicht einfach so aus dem Meteoritengestein heraus: Es gibt sie nämlich nur in etwa fünf Prozent der Meteorite, die auf die Erde gefallen sind. Und sie sind unvorstellbar winzig und man gewinnt sie nur, indem man Teilstücke des Meteoritenmaterials zu Pulver zermalmt, erklärt Jennika Greer, die an der Studie mitgearbeitet hat. Übrig bleibt eine Art Paste, die nach nach verfaulter Erdnussbutter riecht. Wird diese in Säure aufgelöst, bleiben - wenn man Glück hat - präsolare Körner übrig. Und aus denen können Forscher ablesen, woher sie kommen und wie alt sie sind.

Heck und sein Team an der Chicago University arbeiteten mit präsolaren Körnern aus dem Murchison-Meteoriten, die schon vor 30 Jahren aus dem Gesteinsmaterial gewonnen worden waren. Anhand der Menge von Elementen, die entstehen, wenn Partikel kosmischer Strahlung ausgesetzt sind, konnten die Forscher auf deren Alter rückschließen. So entdeckten sie, dass die Körnchen aus dem Murchison-Meteoriten die ältesten Sternreste sind, die je entdeckt wurden - zwischen 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahre alt. Zum Vergleich: Unsere Sonne ist 4,6 Milliarden Jahre alt und die Erde 4,5 Milliarden.

Sternenstaub verrät "astralen Babyboom"

Da präsolare Körner entstehen, wenn ein Stern stirbt, verraten uns die Murchison-Körner noch mehr: Offenbar gab es vor sieben Milliarden Jahren eine Art astralen Babyboom: "Wir haben mehr junge Körner, als wir erwartet haben", sagt Heck. "Wir nehmen an, dass der Großteil dieser Körner, die 4,9 bis 4,6 Milliarden Jahre alt sind, sich in einer Ära verstärkter Sternentstehung bildeten. Es gab eine Zeit vor dem Beginn des Sonnensystems, in der mehr Sterne als normal entstanden."

In der Wissenschaft ist umstritten, ob neue Sterne mit einer konstanten Rate entstehen, oder ob es Höhen und Tiefen in der Anzahl neuer Sterne im Laufe der Zeit gibt. Heck sieht die Erkenntnisse aus der Untersuchung der Murchison-Körner als direkten Beweise für eine Periode verstärkter Sternentstehung in unserer Galaxie vor sieben Milliarden Jahren.

(lwl)

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