Wenn er da ist, ist die Hecke weg, aber Der Buchsbaumzünsler hat auch seine Daseinsberechtigung

12. August 2020, 10:41 Uhr

Vom Insektensterben haben wir alle gehört. Bienen geht es schlecht, Schmetterlinge werden immer weniger. Also helfen wir ihnen. Außer natürlich, sie schaden uns. Dann gehen wir aggressiv gegen sie vor, diese Schädlinge. Einer von Ihnen trifft den Hobbygärtner direkt ins Herz. Und dabei ist er doch eigentlich ein ganz possierlicher kleiner Schmetterling: der Buchsbaumzünsler. Sein Name sagt es schon: Er liebt den Buchsbaum. Er hat ihn zum Fressen gerne. Sehr zum Unbehagen des Heckenbesitzers.

Buchsbaumzünsler 4 min
Bildrechte: IMAGO/blickwinkel

Ohne Buchs kein Buchsbaumzünsler aber mit Buchsbaumzünsler eben irgendwann kein Buchs mehr. Diese Erfahrung hat auch Hobby-Gärtner Ingolf Becker dieses Jahr in seinem Garten machen müssen. Und beim Buchs, da hört der Spaß auf! Der ist schließlich sein Herzstück.

"Der wunde Punkt beim Buchs ist, dass du den so wunderbar formen kannst, nach deinem eigenen Gusto, nach Wunsch und Wille“, erklärt Hobbygärtner Becker. "Und dann freust du dich darüber, dass er immer so gleichmäßig ist, jedenfalls als Umrahmung, zum Beispiel wie hier für die Rosen, dann hast du einfach eine Freude dran. Der hat auch in seiner Art sowas edles, sowas ruhiges, sowas besonnenes. Und wenn der dann so abgefressen wirkt, das geht dir ans Herz, also das ist sehr traurig."

Zu verschlungenen Mustern geschnittene Buchsbaum-Hecken auf einem Beet mit Kies
Buchsbaum in seiner gepflegtesten Form. Bildrechte: MDR/Michael Wenkel

Hübscher Schmetterling, gefräßige Raupe

Abgefressen sieht er aus, braun, wie vertrocknet, kahl. Es stehen nur noch die Stiele. Wenn es so aussieht, dann war er da, der Buchsbaumzünsler. Der ist übrigens ein Schmetterling, ein kleiner Weißling, mit brauner Umrandung. Schwer vorstellbar, dass so ein hübsches Insekt solchen Schaden anrichten kann. Aber ist er denn überhaupt hübsch? Da gehen die Meinungen auseinander. Ingolf Becker: "Nicht wirklich schön, vor allem wenn man weiß, es kommt der Zünsler, dann hast du das Gefühl verloren, dass da eine besonders schöne Spezies rumfliegen würde."

Daniela Franzisi vom Naturschutzbund NABU kann dem Schmetterling mehr abgewinnen, vor allem einer selteneren Variante. "Es gibt auch eine weniger oft vorkommende Form von diesem Schmetterling und zwar eine sehr goldglänzende Variante. Die sieht auch besonders hübsch aus, muss man sagen. Auch wenn es immer noch der Buchsbaumzünsler ist."

Buchsbaumzünsler
Freundlicher Falter: Der ausgewachsene Buchsbaumzünsler. Bildrechte: IMAGO/blickwinkel

Schönheit hin oder her - auf jeden Fall frisst er die Hecke kahl, denn das Problem ist: Der Buchsbaumzünsler hat hierzulande nur wenige Feinde. Eingewandert aus Asien tauchte er 2007 das erste Mal in Deutschland auf. Seitdem breitet er sich aus, eben immer an den Buchsbaumhecken entlang. Dort legt er seine Eier, aus denen dann mehrmals im Jahr kleine grüne Raupen mit auffällig schwarzen Augen schlüpfen.

Proteinsnack für Vögel oder Wespen

Das hat auch Vorteile, so NABU-Expertin Franzisi. "Letzen Endes ist es so, dass die Raupen auch dann diesen Buchsbaum, diesen speziellen, gar nicht verlassen. Dementsprechend haben sie nur an dieser einen Stelle, wo die Pflanze vorkommt, etwas zu fressen, also die würden freiwillig auch nie an eine andere Pflanze drangehen. Das ist ja schon Mal gut." Gut ist auch, dass der Buchsbaumzünsler so keine anderen Tiere vertreibt. Er ist also keine invasive Art, steht nicht auf der entsprechenden EU-Liste. Und er hat sogar hier in seiner fremden Heimat einen Nutzen - er dient als Nahrung.

Deshalb, findet die NABU-Expertin, hat auch er eine Daseinsberechtigung. "Haussperlinge, Kohlmeisen nutzen eben auch hier in heimischen Gefilden den Buchsbaumzünsler als Nahrungsquelle. Es gibt auch Wespen, weil Wespen ja auch generell andere Insekten fressen. Also der Zünsler ist schon auch ein Proteinsnack für die unterschiedlichen Tiere, hat also wirklich auch die Funktion, dass er als Nahrung dient."

Auch Ingolf Becker hat das in seinem Garten im Saalekreis schon beobachtet, aber allein auf Fressfeinde konnte der Hobbygärtner nicht setzen. Er wollte seine Hecke retten. Geholfen hat da nur noch Gift - genauer: ein Bioinsektizid, ein Bacillus thuringiensis. In der Landwirtschaft ist das ein beliebtes Bakterium, das sehr spezifisch bei bestimmten Insekten wirkt. Solche Mittel kommen in seinem natürlich anmutenden Garten sonst nie zum Einsatz, aber alles andere hatte schlicht nicht gewirkt. Zum Beispiel das Einsammeln der Raupen von der Hecke.

Ablesen reicht nicht aus. Das schaffst du nicht. Du übersiehst immer welche.

Ingolf Becker

Und es seien dann auch ein einfach so viele, dass man stundenlang versuchen müsste, sie zu erwischen. "Außerdem sind die auch ganz schön schnell und wenn du sie greifst, zucken sie zurück und sind dann gleich wieder weg." Heute findet Ingolf Becker keine Raupe mehr in seiner Hecke. Er läuft sie noch Mal entlang und überprüft. Kontrollieren muss er jetzt regelmäßig, denn die Schmetterlinge legen immer wieder ihre Eier ab. Ganz so kahl wie Anfang Mai soll die Hecke nie wieder aussehen. Jetzt im August sieht man der Hecke schon nichts mehr an. Das kann der Buchsbaum nämlich: Sich in Windeseile erholen.

PS:
Sollten Sie den Zünsler im Garten haben, dann finden Sie hier die Handlungsempfehlungen der MDR Garten Redaktion. Aber vorher sollten sie die Tiere noch zählen – für den NABU-Insektensommer.

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