Ein Frachschiff auf dem Meer frontal am Horizont mit einer Rußwolke
Schweröl war lange Zeit der Treibstoff erster Wahl bei Schiffen. Bildrechte: imago images / Westend61

Schifffahrt Frachter flitzt mit Frittenfett

04. Februar 2020, 16:45 Uhr

Eine Reederei aus Hamburg schickt ihr erstes Containerschiff mit einem Anteil altem Speiseöl im Tank los. Denn Schifffahrtsunternehmen müssen umdenken. Aber es gibt noch mehr Antriebsideen.

Dieser Kalauer muss gestattet sein: Dann wird's im Maschinenraum also künftig heiß wie Frittenfett. Na ja, um genau zu sein: Heiß wie Altspeiseöle und Altfette. Denn die sind Bestandteil eines neuartigen Treibstoffs, mit dem die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd jetzt herumexperimentiert. B20 heißt der. Ähnlich wie bei E10 steht die Zwanzig für die umweltschonende Zugabe. Zwanzig Prozent Öl und Fett, zum Beispiel aus der Gastronomie, soll der Treibstoff enthalten.

Das Containerschiff Montreal Express und das Kreuzfahrtschiff Queen Mary 2 in den Trockendocks von Blohm und Voss in Hamburg: Totale über eine hafenszenerie mit einem Dock über dem Wasser in dem ein großes Containerschiff steht.
Mit der Montreal Express soll sich zeigen, ob alte Speiseöle als Treibstoffzusatz taugen. Bildrechte: imago/Raimund Müller

Die anderen achtzig Prozent sind ein schwefelarmer Treibstoff und der "stößt bei der Verbrennung auch weniger klimaschädliches CO2 aus", erklärt Jörg Erdmann von der Reederei. Die steht natürlich unter Zugzwang, gesellschaftlich und von Gesetzes wegen. Denn auch wenn die Diskussion um nautischen Schadstoffausstoß noch in den Kinderschuhen steckt: Sie ist längst nicht mehr neu.

Das, was da verrußterweise auf den Weltmeeren (und in Häfen) aus den Schornsteinen quillt, ist noch gefährlicher als es aussieht. Und befördert Feinstaub, Dieselruß und unsichtbare Emissionen in die gute Seeluft. Der NABU hat 2017 in Hafenstädten wie Rostock-Warnemünde oder Hamburg nachgemessen: In den Abgasfahnen der Schiffe ist die Partikelkonzentration teilweise 400 mal so hoch wie üblich. Und übersteigt damit dichtbefahrene Straßen um das Fünfzig- bis Achtzigfache. Dass das eine große Gesundheitsgefährdung mit sich bringt, muss man wohl nicht betonen.

Ein kleines Kreuzfahrtschiff,  die MS Amadea, im Kong-Oscar-Fjord bei Tasiilaq: Schiff mit mehreren Etagen vor der eisfreien Küste Grönlands mit deutlichem Rußausstoß, Seitenansicht.
Kleines Kreuzfahrtschiff, große Rußwolke: Hier vor der Küste Grönlands. Bildrechte: imago/Dieter Mendzigall

Neben CO2 stoßen Kreuzfahrt-, Container- und andere Schiffe vor allem Schwefeloxide aus, so viel wie kein anderes Verkehrsmittel. Die kennt man vom "sauren Regen". Ab diesem Jahr gelten deutlich strengere Grenzwerte, wie viel Schwefel im Treibstoff sein darf. Das hat die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO bereits vor einigen Jahren festgelegt. Die Folge für Reedereien: Umstieg auf Marinediesel, der um einiges teurer ist.

Frittenfett-Direkteinspritzer

Um Geld zu sparen also einfach das Frittenfett aus der Schiffskantine direkt in den Tank des Kahns – oder gleich in den Motor – ableiten? Klingt ganz lustig, aber so viel Pommes wird die Besatzung bei einer Überseefahrt gar nicht verdrücken können, wie sie müsste. Ganz so einfach ist es sowieso nicht. Hapag-Lloyd will deshalb erstmal schauen, wie sich denn B20 in der Praxis mit den Schiffen verträgt – wir erinnern uns an die Diskussion, ob ein Automotor denn E10-tauglich sei. Los geht's mit dem Containerschiff Montreal Express, das zwischen Europa und Kanada auf Linie im Einsatz ist.

Da war'n wir schon mal: Segeln

B20 wird das Problem fehlender umweltfreundlicher Schiffsantriebe aber nicht alleine lösen. Ein erster Schritt sind Flüssiggasantriebe. Zwar ein fossiler und damit endlich verfügbarer Treibstoff. Aber immerhin deutlich sauberer. Voraussetzung ist, ähnlich wie beim Auto, ein gut ausgebautes Netz an Tankstellen.

Warum überhaupt tanken, wenn Mutter Erde die Energie für lau liefern kann? Zumindest teilweise soll das beim nachhaltigen Kreuzfahrtschiff Ecoship passieren, ein Projekt der japanischen NGO Peace Boat. Das Schiff sieht aus wie ein Wal (und irgendwie auch wie ein umgedrehtes Schiff konventioneller Art) und ist neben dem Gasantrieb mit allerhand Solarkraft und Windrädern ausgestattet, die den Antrieb signifikant "bezuschussen". An Bord soll sich zudem ein ganzes Ökosystem aus Pflanzen, Wasserkreislauf und Müllverwertung befinden.

Mann mit Basecap, Handschuhen und Weste befördert drei Säcke von einem Schiff, die an einem Seil hängen: Kaffee, Kakao, Rum und Kardamom werden von einem Segelschiff im Hamburger Hafen entladen.
Kaffee und Co.: Die Ladung des Segelfrachters Avontuur wird in Hamburg entladen. Bildrechte: imago/epd

Aber auch ganz ohne Gas wird künftig angesagt sein. Wieder, möchte man sagen. Denn ein sehr umweltfreundlicher Antrieb aus vergangenen, romantischen Schifffahrtstagen ist wieder im Kommen: Segelschiffe. Für eine schwimmende Stadt wie ein Kreuzfahrtschiff müsste das himmlische Kind zwar ordentlich pusten. Aber für Container reicht's schon, wie zum Beispiel der Frachtsegler Avontuur zeigt. Mit dem holt eine Kaffeerösterei aus Leipzig sogar regelmäßíg Bio-Kaffee nach Mitteldeutschland, den sie hier als Segelkaffee vertreibt.

Atomschiff? Nein, tanke!

Generell gelten Segel aber eher als potenzieller Hilfsantrieb mit deren Hilfe sich Treibstoff einsparen lässt. Noch einfacher ist es mit Zugdrachen, die geringere Umrüstungskosten mit sich bringen und auch Höhenwinde nutzen können.

Nur an eines glaubt keiner so recht: Kernergie. Theoretisch emissionsfrei, aber im Falle einer Havarie auch nicht zu beherrschen – mal abgesehen von der ungeklärten Endlagerung des Atommülls. Zudem dürfen zivile Atomschiffe oftmals nicht in die Häfen einlaufen und spielen heute nur als Eisbrecher eine Rolle.

Also doch lieber Frittenfett im Tank. Dann entsteht nicht nur bei der Portion Pommes unten am Hafen ein gutes Gefühl. Auch die Schifffahrt auf dem Globus kann das ein Stückchen besser machen.

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