Fahrassistenzsysteme So gut sind autonom fahrende Autos (nicht)
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11. August 2020, 10:31 Uhr
Wie sicher sind autonom fahrende Autos heute? Auf einem Testparcours in Dresden werden unter anderem Bremssysteme getestet. Die Ergebnisse lassen allerdings noch zu wünschen übrig.
Hektisch, erbarmungslos, meist zu schnell: Straßenverkehr in Deutschland. Von über 2,6 Millionen Verkehrsunfällen 2019 waren 3.046 tödlich. Kann künstliche Intelligenz dafür sorgen, dass der Verkehr sicherer wird, indem wir Maschinen wichtige Entscheidungen überlassen? Auf dem Testgelände der Dresdner Hochschule für Technik und Wirtschaft analysiert Professor Toralf Trautmann autonomes Fahren und dabei speziell die Notbremssysteme.
Kameras sehen kaum besser als menschliche Augen
"Notbremssysteme nutzen verschiedene Sensoren. Üblich ist eine Mischung aus Radarsensor und Kamera. Entsprechend sind die Systeme dann anfällig etwa für die Witterung", sagt der Wissenschaftler. Bei dichtem Regen oder Nebel hätten Kameras ähnliche Probleme wie menschliche Augen. Wo Fahrer wenig sähen, seien auch Kameras schlecht. Beim Radar-Sensor sehe das zwar anders aus. "Der sieht immer sehr gut, kann aber keine Objekte gut voneinander trennen oder klassifizieren."
Bremsassistenten von VW, Tesla und BMW im Test
Die Dresdner Forscher testen drei Bremsassistenten: Von einem VW, einem Tesla und einem BMW. Alle Fahrzeuge sind mit Kamera und Radar ausgestattet und fahren mit maximal 30 Kilometer pro Stunde über den Testparcours.
VW Passat warnt zu spät
Der VW-Passat beginnt. Hinter einem parkenden Auto kommt eine Fußgängerpuppe hervor. Als der Wagen wenige Meter vor dem Ziel ist, sagt Trautmann: "Hier sollte eine Warnung mit Bremseingriff kommen." Die kommt zwar, allerdings zu spät. Der Wagen bremst, erwischt den Crashtestdummy allerdings trotzdem mit der Motorhaube und schleudert ihn einige Meter weit weg.
Tesla Modell S warnt nur und bremst nicht
Es folgt das Tesla-Model S. Der Wagen biegt um die Kurve und fährt auf den Fußgänger zu, der hinter dem parkenden Auto auftaucht. Im Cockpit blinkt eine rote Leuchte und ein Alarmsignal ertönt. "Aber hier kommt nur eine Warnung. Er wird nicht gebremst", sagt Trautmann. Der Tesla erfasst die Testpuppe mit voller Wucht.
BMW bremst besser - aber nicht gut genug
Als drittes testen die Forscher den BMW, ein neues 2er Coupé. Er ist mit den neuesten Sensoren ausgestattet und erkennt den Fußgänger bereits von weitem. "Die Gefahr wird automatisch erkannt und die Notbremsfunktion wird eingeleitet", sagt Trautmann. Aber obwohl das Fahrzeug bremst, kann es nicht rechtzeitig stoppen. Auch der BMW erfasst den Crashtestdummy.
Kein Auto hätte den Unfall komplett verhindert
Die anderen beiden Fahrzeuge sind etwas älter. Da sind die Sensoren von der Performance einfach schlechter. Sie sehen: es gibt Fortschritte, aber selbst das neueste Fahrzeug hat die Puppe noch gestreift. Das war zwar nicht mehr so stark, aber das Auto hat den Unfall nicht komplett verhindern können.
Neue Bundesstraße 170 hat bereits retro-reflektierende Fahrbahnmarkierungen
Eine andere Teststrecke ist ein Teil der Bundesstraße 170. Hier hat man neue Klebemarkierungen aufgebracht, die besonders gut reflektieren. Professor Trautmann testet dort auch neue Systeme wie den Laserscanner, der bisher noch nicht in Autos eingebaut ist.
Laserscanner kann Markierungen und Schilder erkennen
Die Straße ist mit speziell reflektierenden Verkehrsschildern und Fahrbahnmarkierungen ausgestattet, sogenannten retro-reflektierenden Markierungen. Laserscanner können sie schnell erkennen und dem Bordcomputer so mitteilen, wo sich das Auto befindet. "Da ein Laserscanner noch nicht serienmäßig im Fahrzeug verbaut ist, wird das System noch nicht genutzt", sagt Trautmann. Sein Team arbeitet hier noch an der Entwicklung, Fahrspuren sicher zu erkennen.
Autonomes Fahren immer 10 Jahre weit weg
Und bis wann wird es echtes, vollständig autonomes Fahren geben? "Wahrscheinlich gibt es schon seit 30 Jahren genau diese Aussage: in zehn Jahren wird es soweit sein", sagt Professor Trautmann und ergänzt: "Vielleicht wird es nie in der Form kommen, wie man sich das mal erträumt hat."
Experimente mit umgebauten BMW i-3
Trotzdem wird aber fleißig weiter getestet. In Dresden wird ein umgebauter BMW i-3 für die Forschung genutzt. Damit können Studierende etliche Funktionen des autonomen Fahrens ausprobieren. "Wir können hier bei uns auf dem Prüffeld einiges messen, was im Straßenverkehr noch nicht weit verbreitet ist, etwa die retro-reflektierenden Markierungen", sagt Patrick Richter, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTW Dresden forscht.
Begriff Autopilot ist irreführend und deswegen verboten
Die Hochschule leistet auf dem Gebiet des autonomen Fahrens wertvolle Arbeit. Doch spätestens seit es tödliche Unfälle mit autonomen Autos gegeben hat, ist Sicherheit das Wichtigste. "Wir haben an den Tesla-Unfällen gesehen: Der Fahrer verlässt sich auf ein System, das nicht dafür ausgelegt ist. Deshalb wurde gerichtlich verboten, es Autopilot zu nennen. Das war wirklich überfällig und jetzt sollte jedem klar sein: Nein, es ist ein Assistenzsystem, ich muss selber die Kontrolle behalten und immer überwachen", sagt Toralf Trautmann. Tesla-Chef Elon Musk zeigt sich an diesem Punkt allerdings noch wenig einsichtig. Deshalb ist noch offen, ob seine Firma das Verbot des Begriffs Autopilot akzeptiert oder das Urteil anficht.
Fazit in Dresden indes: Solange sich ein Fahrer nicht mal auf Bremsassistenten verlassen kann, bleibt das wirklich autonome Fahren ein Wunschtraum. Nutzt der Fahrer allerdings automatische Warnsysteme, hat er vielleicht bessere Chancen, schwere Unfälle zu vermeiden.
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