Dürre und Starkregen Start in Sachsen: Forschungsschiff auf der Elbe untersucht Extremwetter
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26. August 2020, 08:55 Uhr
Waldbrände in der Sächsischen Schweiz, Trockenheit in der Altmark, 38 Grad in Jena, erst Dauerregen, dann wieder Dürre, Blaualgen in Badeseen, ausgetrocknete Flüsse - Wetterextreme sind längst Alltag. Mit einem Forschungsschiff auf der Elbe untersuchen Wissenschaftler jetzt diese Extreme. Die "Albis" startete am 4. August mit Corona-Verspätung in Schmilka in der Sächsischen Schweiz und fährt bis zur Nordsee. Damit beginnt die großangelegte und interdisziplinäre Forschungsinitiative "MOSES".
"In Mitteleuropa nehmen infolge des Klimawandels Starkregen mit Überflutungen ebenso zu wie sommerliche Hitze- und Dürreperioden", erklären die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig (UFZ). Sie leiten das Projekt, dessen Ziel es ist, herauszufinden, wie diese hydro-meteorologischen Extremereignisse Erde und Umwelt langfristig verändern. Forscher mehrerer Helmholtz-Institute aus ganz Deutschland sind an dem Vorhaben beteiligt.
Sowohl Starkregen als auch zu geringe Niederschläge haben nicht nur regionale Folgen, sondern wirken überregional auf Flüsse, Böden, Grundwasser und den Küstenbereich.
MOSES-Exkursion: "Elbe 2020" – von der Sächsischen Schweiz an die Nordsee
Explizit wollen die Helmholtz-Wissenschaftler herausfinden, wie sich die Wetterextreme auf die Gewässer-Systeme auswirken. Mit der Forschungsinitiative "MOSES –Elbe 2020", die vor allem das Zusammenspiel ihrer Mess- und Sensorsysteme testen soll, untersuchen sie im großen Stil das Wasser in Flüssen, an Mündungen und beim Einfluss in das Meer. Das Forschungsgebiet erstreckt sich dabei nicht nur über den Flusslauf der Elbe, sondern umfasst auch die Flusseinzugsgebiete der Müglitz im Erzgebirge sowie der Bode im Harz.
Neun Tage flussabwärts
Das UFZ aus Leipzig erforscht den ersten Abschnitt zwischen Schmilka an der tschechischen Grenze und dem Wehr Geestacht kurz vor Hamburg. In einer sogenannten fließzeitkonformen Probennahme verfolgen die Wissenschaftler den gleichen Wasserkörper über neun Tage flussabwärts in seiner Entwicklung. Dabei messen sie nicht nur die Wassertemperatur sondern auch die Konzentration von Sauerstoff, Nährstoffen und Schwermetallen sowie die Biomasse im Wasser schwebender Mikroalgen (Phytoplankton).
Algen kommen normalerweise nur kurz an die Oberfläche
"Die im Wasser zirkulierenden Algen kommen bei normalem Wasserstand (zum Beispiel in Magdeburg mit einem Pegel von 1,89 Meter an der Strombrücke) nur für kurze Zeit in die oberen, durchlichteten Wasserschichten, um dort Photosynthese zu betreiben", erklärt Norbert Kamjunke, Leiter der UFZ Elbe-Messfahrt. "Sinkt der Pegel jedoch auf Werte von 50 bis 80 cm, bekommen die Algen viel mehr Licht, was zu stärkerem Wachstum und höherer Algenbiomasse führt." Bei abnehmender Wasserbewegung im Mündungsbereich des Flusses könne sich die Algenbiomasse auf dem Gewässergrund ablagern und dort von Bakterien abgebaut werden. Dadurch sinke der Sauerstoffgehalt im Wasser. Die Folge: Kritische Bedingungen für die Tiere im Gewässer, die auch zu Fischsterben führen können.
Deutschlandweite Zusammenarbeit
Um die Auswirkungen von Nähr- und Schadstoffen auf die Wasserqualität und die Ökosysteme der Elbe und der angrenzenden Nordseeküste gut zu beurteilen, nutzen die Forscher für "MOSES" ein Zusammenspiel verschiedener Mess- und Sensorsysteme. "Testkampagnen wie 'Elbe 2020' sind wichtig, um den gemeinsamen Einsatz zu trainieren", sagt "MOSES"-Projektleiterin Ute Weber. "Dafür brauchen wir speziell aufeinander abgestimmte Sensor- und Messsysteme und eine bis ins Detail ausgeklügelte Logistik."
Corona-Verzögerungen
Ursprünglich sollte die Messkampagne "Elbe 2020" im Mai dieses Jahres beginnen. Doch die Corona-Pandemie machte den Wissenschaftlern einen Strich durch die Rechnung. "Die Einsatzpläne mussten mit Beginn des Lockdowns immer wieder an die aktuelle Lage angepasst werden", hieß es. So seien die Atmosphärenmessungen im Müglitztal gestrichen worden, weil die Sicherheitsabstände in den Messcontainern nicht einzuhalten waren. Die Messungen des Grundwassers, der Bodenfeuchte sowie der Abflussbildung, die im vorigen Jahr im Einzugsgebiet der Müglitz begonnen wurden, konnten aber dank automatisierter Messgeräte kontinuierlich weitergeführt werden, erklärten die Forscher. Die Forschungsschiffe auf der Elbe und der Nordsee starteten jetzt mit reduzierten Personals.
Fortsetzung auf der Tide-Elbe
Ist das Forschungsschiff "Albis" im Norden angekommen, setzt das Schiff "Ludwig Prandtl" die Exkursion auf der Tide-Elbe fort. Von Cuxhaven bis Geesthacht wird es gegen ablaufendes Wasser fahren und dabei alle 20 Minuten Wasserproben nehmen. "Die Tide-Elbe ist nicht nur vom Wechselspiel zwischen Süßwasser aus dem Oberlauf und dem vom Meer aus eindringenden Salzwasser geprägt, sondern auch vom Hamburger Hafen", erklären die Forscher. Den zweiten Teil der Forschungsfahrt verantworten ansässige Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG).
Neben den 20-Minuten-Wasserprobem würden den Angaben zufolge über einen Tidenzyklus in Glücksstadt nördlich von Hamburg durchgängig Messungen vorgenommen, um den Einfluss des Nordseewassers vom Elbewasser unterscheiden zu können. Automatisierte Messsysteme erheben zudem kontinuierlich während der Fahrt Daten über das Wasser.
Dritter Abschnitt: Nordsee-Küstenbereich
Den dritten Abschnitt der Messkampagne übernehmen Anfang September drei Küstenforschungsschiffe vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), dem "Geomar" Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht. "Sie beproben den Nordsee-Küstenbereich, beproben und verfolgen den Verbleib der Elbe-Ausstromfahne zwischen den ostfriesischen Inseln über Helgoland bis nach Sylt und Föhr. Ziel hierbei ist, den Anteil von organischem Kohlenstoff (DOC), Algenbiomasse sowie des Treibhausgases Methan abschätzen zu können.
Wie wirken sich Binnen- auf die Nordsee-Algen aus?
"Die Komplexität unserer Messungen entlang der fließenden Welle ist das Besondere der Kampagne", erklärt Ute Weber. Die Aktivitäten seien inhaltlich viel intensiver abgestimmt als bei vorigen Messungen. So werde nicht nur die Nährstoffaufnahme der Algen in der Binnenelbe gemessen, sondern auch untersucht, wie sich dies auf das Wachstum mariner Algen in der Nordsee auswirkt.
Forschungsinitiative "MOSES" MOSES steht für "Modular Observation Solutions for Earth Systems". In dieser vom UFZ koordinierten Initiative bauen neun Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft zwischen 2017 und 2022 gemeinsam mobile und modular einsatzfähige Beobachtungssysteme auf, um die Auswirkungen zeitlich und räumlich begrenzter dynamischer Ereignisse, wie extremer Niederschlags- und Abflussereignisse auf die langfristige Entwicklung von Erd- und Umweltsystemen zu untersuchen.
(kt)
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