Sterne an einem schwarzen Loch
Bildrechte: ESO/L. Calçada/spaceengine.org

Einstein würde applaudieren Sternentanz um Schwarzes Loch bestätigt Allgemeine Relativitätstheorie

16. April 2020, 11:31 Uhr

Fast 30 Jahre lang haben Forscher einen Stern im Zentrum unserer Galaxie nicht aus den Augen gelassen und können sich nun über einen Durchbruch in ihrer Arbeit freuen. Einsteins Thesen konnten nachgewiesen werden.

Im Sternbild des Schützen – wie passend – befindet sich der wohl mutigste Stern unserer Galaxie. Wissenschaftler haben ihm den etwas unscheinbaren Namen S2 gegeben. Seine besondere Eigenschaft: Wir kennen momentan keinen anderen Stern, der sich näher an Sagittarius A* befindet, dem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße.

Umlaufbahn
Das Supermassereiche Schwarze Loch ist im Sternbild Sagittarius (Der Schütze) mit einem roten Kreis markiert. Bildrechte: ESO/L. Calçada

Und dieses Zentrum der Milchstraße ist nicht gerade ein gemütlicher Ort. Forscher kalkulieren die Masse von Sagittarius A* auf vier Millionen Sonnen. Und der kleine S2? Der saust in einer elliptischen Umlaufbahn um dieses Monstrum herum, 20 Milliarden Kilometer ist sein weitester Abstand. 16 Jahre braucht S2 für eine Umrundung des Schwarzen Loches und erreicht bei seiner dichtesten Annäherung an den Giganten fast drei Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

Durchbruch – Einstein hatte Recht

Genau diese Umlaufbahn hat ein internationales Team aus Forschern des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik und der ESO (European Southern Observatory) nun 27 Jahre lang beobachtet. Dieser lange Beobachtungszeitraum ermöglicht den Forschern jetzt, nachzuweisen, dass sich S2 genauso um das Supermassereiche Schwarze Loch bewegt, wie es Albert Einstein vorhergesagt hatte.

Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass gravitativ gebundene Bahnen von Himmelskörpern nicht wie in der Newtonschen Gravitation geschlossen sind. Vielmehr erfährt die Bahnellipse selbst eine Rotation in Bewegungsrichtung um den anziehenden Körper herum.

Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching und Initiator des 30 Jahre dauernden Programms

Die Umlaufbahn von S2 bildet den Beobachtungen zufolge eine Rosette. Sie rotiert also selbst. Man kann sich das so vorstellen, dass der Stern nicht auf der gleichen Bahn um sein Zentrum kreist, sondern immer dann seine Umdrehungsbahn ändert, wenn er sich am nächstgelegenen Punkt zum Schwarzen Loch befindet.

Durch die Allgemeine Relativitätstheorie können die Forscher nun präzise voraussagen, wie stark sich jeweils die Bahn des Sterns verändert. Dieser Effekt, der auch Schwarzschild-Präzession genannt wird, wurde nun zum ersten Mal für einen Stern, der um ein supermassereiches Schwarzes Loch kreist, gemessen und nachgewiesen.

Zentrum Milchstraße
Umlaufbahn von S2 um das Supermassereiche Schwarze Loch in Form einer Rosette Bildrechte: ESO and Digitized Sky Survey 2. Acknowledgment: Davide De Martin and S. Guisard (www.eso.org/~sguisard)

Super-Teleskop macht’s möglich

Möglich waren diese Messungen für die Forscher durch ein Super-Teleskop. Sie entwickelten ein Instrument namens Gravity, das es ihnen ermöglichte, das Licht von vier großen Teleskopen auf der ESO-Anlage des Very Large Teleskopes in der Atacama-Wüste in Chile zu kombinieren. Das Forscherteam hat sich daraufhin selbst den Teamnamen Gravity verpasst.

Das Very Large Telescope könnte dank Gravity zwei nebeneinanderliegende Zwei-Euro-Münzen auf dem Mond sichtbar machen. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass Gravity im optischen Bereich in Sachen Interferometrie einen Durchbruch bedeutet.

Reinhard Genzel

Dank dieser Technologie konnten Einsteins Annahmen darüber, wie sich Sterne in der Nähe von Schwarzen Löchern verhalten, bestätigt werden. Ein Meilenstein für das internationale Forscherteam.

Zukunftsmusik

Nach diesem Forschungserfolg wollen sich die Wissenschaftler keinesfalls auf ihren Lorbeeren ausruhen. Besonders interessiert die Forscher, was ganz nah am Schwarzen Loch passiert. Mit dem noch größeren Teleskop der ESO, dem "Extremly Large Telescope", das voraussichtlich 2025 in Betrieb gehen wird, erhofft sich das internationale Team Erkenntnisse über weitere Sterne, die um das Zentrum unserer Milchstraße rotieren, vielleicht noch näher als S2. 

Und dann, so Reinhard Genzel, lohnt sich auch der Blick über unsere Milchstraße hinaus. Dort gibt es tausende sogenannter Quasare, andere supermassereiche Schwarze Löcher, die von Gas umwirbelt werden. Deren Masse möchten die Forscher ermitteln. Wir können also davon ausgehen, dass das Team Gravity auch in den nächsten 30 Jahren beschäftigt sein wird. 

Schwarzes Loch 1 min
Bildrechte: NASA/ESA and G. Bacon (STScI)
1 min

Diese Animation der ESA ziegt, wie ein schwarzes Loch in einem fernen Sternehaufen aussehen könnte.

Mi 01.04.2020 12:12Uhr 00:28 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/schwarzes-loch-animation-100.html

Rechte: NASA, ESA, and M. Kornmesser

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