Psychologie Auch Schimpansen haben nur wenige Freunde im Alter

19. März 2024, 13:57 Uhr

Warum werden Freundschaften mit der Zeit weniger, aber häufig tiefgründiger? Die Psychologie hat dafür eine Erklärung parat. Der widersprechen jetzt aber Beobachtungen an wildlebenden Schimpansen.

Zwei Schimpansen – einer sitzt auf der Wiese, ein anderer steht auf vier Beinen daneben
Abhängen mit Freunden Bildrechte: imago images / Imaginechina-Tuchong

So um die dreißig herum – bei den einen früher, bei den anderen später – fängt die Spreu langsam an, sich vom Weizen zu trennen. Mit Arbeits- und Familienleben werden die Freundschaften weniger. Während man mit Anfang zwanzig am liebsten seine 95 besten Freundinnen und Freunde zum Geburtstag einladen wollen würde, trifft man sich zehn Jahre später nur noch mit einer handvoll immergleicher Leute zum Balkonbier. Und bis zum Alter werden es noch weniger. Zwar trinken Schimpansen für gewöhnlich kein Feierabendbier, im Grunde ist ihr Verhalten aber ganz ähnlich wie das der Menschen. Und das liefert neue Rückschlüsse auf unsere Spezies.

Lebenszeit sinnvoll nutzen

Die Erklärung, warum unsere Freundschaften weniger, aber dafür enger werden, war bisher die SST – die Theorie der sozioemotionalen Selektivität. Die legt nahe, dass Menschen mit fortschreitendem Alter die eigene Sterblichkeit bewusster wird. Es bestehe deshalb der Wunsch, die nach und nach weniger werdende Lebenszeit möglichst sinnvoll zu nutzen. Daraus resultiere das Verhalten, möglichst viel Zeit mit den engsten und wichtigsten Freunden zu verbringen, statt neue zu finden.

Gar kein so einfaches Konstrukt. Schließlich setzt es voraus, dass eine Spezies in der Lage ist, komplexe Zusammenhänge in Bezug auf die eigene Zukunft zu begreifen. Und wie steht's da um unsere nächsten Verwandten im Tierreich? Ein Team um Alexandra Rosati von der University of Michigan hat dazu über zwei Jahrzehnte Schimpansen im Kibal-Nationalpark in Uganda begleitet und dabei 21 männliche Tiere zwischen 15 und 58 Jahren beobachtet. Ergebnis: Alternde Schimpansen haben mehr gegenseitige und positive Freundschaften als jüngere, deren Freundschaften eher einseitig seien. Zudem knüpfen sie mehr Kontakte mit wichtigen Sozialpartnern als jüngere.

Also: Auch bei Schimpansen verbessert sich die Qualität der Freundschaften mit dem Alter, Freundschaften konzentrieren sich auf wirklich wichtige Kontakte. Für die Forschenden ist das bisherige SST-Konzept damit nicht ohne Weiteres gültig. Die Verbesserung und Verdichtung der Freundschaften und die soziale Selektivität könne demnach nicht einfach nur mit dem Gefühl für die eigene Lebenszeit zusammenhängen. Der Grund könnte auch in einer Änderung sozioemotionaler Ziele liegen.

flo

Link zur Studie

Die Studie Social selectivity in aging wild chimpanzee erschien am 22. Oktober im Fachjournal Science.

DOI: 10.1126/science.aaz9129

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