Psychologiestudie aus Dänemark Wie die Scheidung Körper und Seele krank macht - und was dagegen hilft
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30. November 2020, 15:54 Uhr
Dass eine Scheidung Körper und Seele schaden kann, weil sie Stress verursacht, das haben in den vergangenen Jahren verschiedene Studien gezeigt. Wann sie unserer Gesundheit besonders gefährlich wird, das haben Forscher der Universität Kopenhagen jetzt herausgefunden. Außerdem konnten Sie erstmals ausschließlich frisch Geschiedene befragen, die kein Trennungsjahr hinter sich hatten.
Dass eine Scheidung Körper und Seele schaden kann, weil sie Stress verursacht, ist inzwischen durch viele Studien belegt. So wertete der Psychologe David Sbarra von der University of Arizona mit seinem Team im Jahr 2011 Daten von 6,5 Millionen Teilnehmern aus 32 verschiedenen Studien dazu aus. Das Ergebnis: unmittelbar nach einer Trennung oder Scheidung haben Menschen ein um 23 Prozent höheres Risiko, vorzeitig zu sterben, als Menschen, die in einer Partnerschaft leben. Besonders junge Männer seien so gefährdet, da sie auf den Trennungsstress extrem und geschlechtsspezifisch reagierten, so Sbarra. Sie umgingen das Problem oder ignorierten es, anstatt es zu bewältigen oder sich gar Hilfe zu holen. Dysfunktionale Coping-Strategien nennen Psychologen diese Reaktion auf Krisen. Im Alltag können dann neben der Vereinsamung Bewegungsarmut, ungesunde Ernährung und verstärkt Alkohol, Nikotin und andere Drogen einziehen, ebenso wie Glücks- und Computerspiele und übermäßiges Fernsehen zur Ablenkung. All das kann die Lebenserwartung deutlich verkürzen, so das Ergebnis der Meta-Studie.
Dänische Studie bestätigt Gesundheitsrisiken
Die Voraussetzungen für eine Scheidung sind von Land zu Land unterschiedlich. Mancherorts geht dem juristischen Urteil ein Trennungszeitraum voraus, in Deutschland ist das zum Beispiel mindestens ein Jahr. Insofern sind die Umstände, unter denen die Geschiedenen für die Studien befragt und untersucht werden, je nach Nationalität unterschiedlich und somit nicht immer eindeutig vergleichbar.
Einige Probanden haben bereits Monate der Trennung hinter sich, andere sind gerade erst in ihrer neuen Lebenssituation angekommen. Insofern können sich auch die Auswirkungen auf Körper und Seele recht unterschiedlich zeigen. Forscher der Universität Kopenhagen haben jetzt Ergebnisse veröffentlicht, bei denen Sie auf einen einheitlichen Zeitpunkt zurückgreifen konnten. Denn in Dänemark gibt es kein Trennungsjahr, die Scheidung kann sofort eingereicht werden. Prof. Gert Hald und seine Kolleginnen von der Universität von Kopenhagen führten also eine Querschnittsstudie an 1.856 kürzlich geschiedenen Dänen durch, die auf einem Fragebogen Angaben zu ihrer aktuellen Situation und zu ihrem Befinden machten. Das Ergebnis: die Lebensqualität der Probanden war im Hinblick auf ihre Gesundheit deutlich schlechter, als bei Menschen, die nicht frisch geschieden sind.
Je mehr Konflikte, desto größer das Risiko
Der Studie zufolge macht ein höheres Maß an Scheidungskonflikten besonders den Frauen zu schaffen - körperlich und psychisch. Es gibt offenbar aber auch Faktoren, die den frisch geschiedenen gut tun: Bei Männern und Frauen hilft es, wenn sie sich wieder in einer neuen Partnerschaft befinden und wenig Stress mit dem Ex-Partner haben. Je höher das Konfliktniveau, desto größer die Gefahr für die Gesundheit. Männer überstehen eine Scheidung psychisch besser, je jünger sie sind (ein anderes Ergebnis als in oben erwähnter Metastudie). Für Frauen spielt es hingegen eine wichtige Rolle, dass sie über ein höheres Einkommen verfügen, also wirtschaftlich unabhängig sind. Auch die "Scheidungserfahrung" spielt eine Rolle: während Männer weniger leiden, wenn sie bereits eine oder mehrere Scheidungen hinter sich haben, geht es Frauen besser, wenn sie möglichst noch nie geschieden wurden.
Was kann helfen?
In den Ergebnissen der in "frontiers in Psychologie" veröffentlichten Studie sieht Prof. Gert Hald die Grundlage für Interventionsmethoden, die nun entwickelt werden müssten, um Menschen nach ihrer Scheidung zu helfen. Das könne im persönlichen Gespräch, in einer Therapie erfolgen, aber genauso online. So entwickelten die Forscher mit "Cooperation After Divorce" eine Online-Plattform, die Geschiedenen hilft, den empfundenen Stress und dessen nachteilige Auswirkungen auf die geistige und körperliche Gesundheit zu reduzieren. Deren Wirksamkeit konnten sie in einer Studie an insgesamt 1.856 Teilnehmern nachweisen.
Das hilft nicht nur den Betroffenen, sondern hat auch wirtschaftliche Vorteile: die Produktivität am Arbeitsplatz wird weniger beeinträchtigt, sie haben weniger Krankheitstage, müssen seltener eine Arztpraxis oder andere Gesundheitseinrichtungen aufsuchen.
Es gibt jedoch nicht nur Forschungen, die Scheidungsfolgen untersuchen, sondern auch solche, die nach Wegen suchen, wie es gar nicht erst zur Trennung kommen muss. Psychologe Ronald Rogge von der Universität Rochester fand einen einfachen und zugleich genialen: Er ließ Paare gemeinsam Filme über Beziehungen anschauen und anschließen miteinander darüber reden - mit einem erstaunlichen Ergebnis.
Kinoabend statt Paartherapie
Die Rate der Jungvermählten, die sich bereits innerhalb von drei Jahren nach ihrer Hochzeit wieder scheiden ließen, könnte sich mit dieser Methode halbieren, ergab die Langzeitsstudie an 174 Paaren. Autor Rogge erklärt den Effekt so:
Ehemänner und Ehefrauen haben offenbar ein Gespür dafür, was sie in ihren Beziehungen richtig und falsch machen. Möglicherweise müssen Sie sie nur dazu bringen, darüber nachzudenken und darüber zu sprechen, wie sie sich derzeit verhalten. Diese Filme können ein Impuls dazu sein.
Rogge sieht in den Studienergebnissen neue Möglichkeiten, die Ehe in großem Umfang zu pflegen – ohne ausgebildete Therapeuten, ohne Termine, in vertrauter Umgebung. Kostengünstiger, unterhaltsamer und einfacher gehe es nicht, so der Psychologe.
(krm)
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