Hirnforschung Wie gelingt richtiges Timing?
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05. November 2022, 10:00 Uhr
Im Sport brauchen wir es, im Straßenverkehr, auf der Arbeit und im täglichen Miteinander: Das richtige Timing. Aber wie schafft es unser Gehirn, das wir im entscheidenden Moment das Richtige tun? Forschende des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig haben es herausgefunden.
Abzuschätzen, ob wir es vor dem vorbeifahrenden Auto noch über die Straße schaffen oder wann wir die Hand nach einem Ball ausstrecken müssen, um ihn zu fangen, sind für uns scheinbar selbstverständliche Prozesse. Erst wenn es schiefgeht, fragen wir: Warum ist das jetzt passiert? Warum habe ich das jetzt nicht geschafft? Wissenschaftler des MPI CBS in Leipzig und des Kavli Instituts der University of Science and Technologie in Trondheim haben das untersucht und fanden zwei Gründe: Entweder waren wir nicht aufmerksam genug oder unser Gehirn hat dafür noch nicht genug Erfahrungen gesammelt.
Erfahrungen und neue Eindrücke kombinieren
Wenn wir uns in einer neuen Ballsportart wie im Tischtennis ausprobieren, spielen wir anfangs nur wenige Bälle zurück. Im Laufe der Zeit werden es mehr, wir treffen immer häufiger. Wir sammeln also Erfahrungen, erklärt Studienleiter Ignacio Polti. Dann beziehen wir zeitbezogene Informationen mit ein: Wie schnell reagiert mein Gegenüber? Wieviel Zeit braucht der Ball je nach Geschwindigkeit, um bei mir anzukommen? "Während des Spiels lernt das Gehirn die Verteilung der Ankunftszeiten des Balls und bildet dadurch Erwartungen für künftige Schläge. Es kombiniert die Erfahrungen mit dem aktuellen Geschehen", erklärt der Doktorand.
Speichern und aktualisieren
Was dabei in unserem Gehirn geschieht, haben die Forschenden an 34 Testpersonen im Magnetressonanztomographen (MRT) untersucht. Dort spielten sie ein Computerspiel, bei dem sie immer dann eine Taste drücken mussten, wenn ein bewegliches Objekt eine feste Grenze erreicht hatte. (Siehe Gif unter diesem Absatz). Das Objekt bewegte sich unterschiedlich schnell und war nur für kurze Zeit sichtbar. So mussten die Probanden schätzen, wann es am Rand angekommen war. Nach jeder Runde erhielten sie ein Feedback darauf, ob sie richtig lagen. Das Ergebnis: Insgesamt waren die Teilnehmer nah an der Realität, neigten jedoch durchweg dazu, kurze Zeitdauern zu überschätzen und lange Zeitdauern zu unterschätzen. Studienleiter Polti vermutet dahinter eine Strategie, um mit der eigenen Entscheidungsunsicherheit umzugehen: "Der Spieler ermittelt den Durchschnitt der vorangegangenen Versuche und verwendet ihn als Schätzwert."
Bestätigung ist wichtig
Wie dieser Lernprozess sich in unserem Gehirn abspielt, konnte das Team aus den Aufnahmen des MRT-Scanners ableiten: Im gesamten Denkorgan waren lernbezogene Veränderungen zu sehen, ganz besonders in Regionen, die im Zusammenhang mit Belohnungsverarbeitung und Gedächtnis bereits untersucht wurden. Der Hippocampus, in dem unter anderem das Gedächtnis für Orte und Ereignisse zu Hause ist, war besonders aktiv. Sowohl das Feedback auf die Aktion der Teilnehmer als auch die Verbesserung der Trefferquote und die Neigung, kurze Dauern zu überschätzen und lange Dauern zu unterschätzen konnten die Forschenden aus den Aufnahmen ablesen. Ihr Fazit: Das Feedback hilft, aus den Erfahrungen zu lernen und der Hippocampus spielt dabei eine entscheidende Rolle.
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Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit MPI CBS-Direktor Prof. Dr. Christian Doeller und Gastwissenschaftler Dr. Matthias Nau. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift eLife veröffentlicht.
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