Umweltschutz Fünf Missverständnisse über Einweg-Plastik

27. Oktober 2020, 15:15 Uhr

Plastik ist böse, da sind wir uns einig. Jedenfalls, wenn es unsere Umwelt vermüllt. Eine neue US-Studie zeigt jetzt aber, wie wir beim Umwelteinfluss von Einweg-Plastik falschliegen können und was das für unser Konsumverhalten bedeutet.

Plastik ist überall: Im Supermarkt, in unserer Wohnung, in unserem Kleiderschrank, sogar im Essen. Es gibt eigentlich keinen Lebensbereich, in dem wir nicht mit dem Kunststoff konfrontiert werden, und beinahe jeder weiß auch, dass Plastik ein riesiges Problem für die Umwelt ist, denn es braucht ca. 450 Jahre, um sich zu zersetzen. Und die Plastikberge werden immer größer. Jedes Jahr landen fünf bis 13 Millionen Tonnen im Meer.

Ist Plastik wirklich das Problem?

In den vergangenen Jahren hat auch die Politik begonnen, auf das Umweltproblem Plastik zu reagieren. So ist z.B. die Herstellung von Einwegplastik wie etwa To-Go Becher oder Trinkstäbchen EU-weit ab dem 3. Juli 2021 verboten. Für viele Umweltaktivisten ist das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Wissenschaftlerin Shelie Miller von der Universität Michigan stellt dagegen die provokante These auf, dass das Einweg-Plastik gar nicht das Problem ist.

Die Konsumenten neigen dazu, ihr Augenmerk auf die Verpackung zu legen und nicht auf das Produkt selbst.

Shelie Miller, School for Environment and Sustaunability University of Michigan

Die Umweltingenieurin und Professorin an der Schule für Umwelt und Nachhaltigkeit der Uni Michigan will darauf aufmerksam machen, dass die Produktion und die Entsorgung einer Verpackung oft nur einen kleinen Anteil davon ausmachen, welchen Umwelteinfluss ein Produkt hat. Man müsse schon die gesamte Lebensspanne eines Produktes betrachten. Also von der Herstellung, über die Verpackung bis hin zu Transport und Entsorgung. Um das deutlichzumachen, hat sie in einer Studie fünf Fehlwahrnehmungen rund um das Thema Einweg-Plastik identifiziert.

5 Irrtümer über Einweg-Plastik
1. Der größte Umwelteinfluss eines Produktes geht von der Plastikverpackung aus. Falsch Das Produkt im Inneren der Verpackung hat meist einen weitaus größeren Umwelteinfluss.
2. Plastik hat im Vergleich zu anderen Verpackungen den größten Umwelteinfluss. Falsch Tatsächlich hat Einweg-Plastik zum Beispiel einen geringeren Umwelteinfluss als Einweg-Glas.
3. Mehrweg-Produkte sind besser als Einweg-Produkte. Nicht unbedingt Nur wenn die Mehrweg-Produkte wirklich angemessen oft benutzt werden, sind sie auch besser für die Umwelt.
4. Recycling und Kompostieren haben die höchste Priorität. Falsch Den Konsum zu reduzieren hat einen größeren Effekt als Recycling.
5. Einweg-Plastik-Verbote tragen dazu bei, dass Events einen kleineren Umwelteinfluss haben. Nicht unbedingt Große Events haben einen wesentlich kleineren Umwelteinfluss, wenn bewusst darüber entschieden wird, welche und wie viele Produkte konsumiert werden.

Das richtige Ende der Kette

Eine dieser Fehlwahrnehmungen ist, dass Recycling und Kompostierung höchste Priorität haben sollten. Recycling sollte allerdings an letzter Stelle stehen. Viel wichtiger ist es laut Miller, dass den ersten beiden Schritten noch viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es handelt sich dabei ums Reduzieren und Wiederverwenden.

Ein achtsamer Konsum, der die Notwendigkeit bestimmter Produkte verringert und Verschwendung beseitigen würde, hätte einen viel größeren Effekt auf die Umwelt als Recycling.

Dr. Shelie Miller

Für uns Konsumenten erscheint es allerdings viel einfacher, eine Verpackung zu recyceln als tatsächlich zu hinterfragen, ob wir ein Produkt wirklich brauchen, und dann freiwillig darauf zu verzichten. Allerdings hilft das der Umwelt nicht besonders. Es lenkt eher davon ab, dass jede Station im Leben eines Produktes Auswirkungen auf die Umwelt hat. Man muss sich fragen, wie viel Energie aufgewendet wird, wo die Ressourcen herkommen und wie etwas hergestellt wird.

Ökobilanz betrachten

Mit dem Blick auf verschiedene Kategorien wie Wasserverbrauch, CO2-Bilanz, Energieverbrauch und den Verlust von Biodiversität wird deutlich, dass die Ökobilanz verschiedener Produkte sehr unterschiedlich sein kann. So ist zum Beispiel die Ökobilanz von Einweg-Gläsern deutlich schlechter als die von Einweg-Plastik. Doch laut Miller kommt es eben nun darauf an, auch zu schauen, was in der Verpackung drin ist.

Natürlich ist es aufwendiger, auf all diese Aspekte zu achten, als einfach nur eine Verpackung in die gelbe Tonne zu werfen und zu hoffen, dass damit das Problem gelöst ist. Mitunter tut es sogar weh, sich einzugestehen, dass nicht das Plastik der Übeltäter ist, sondern wir und unser Konsumverhalten. Doch wenn wir wirklich ein Interesse daran haben, diesen Planeten zu erhalten, müssen wir in diesen sauren Apfel beißen. Denn auch wenn die Verwendung von Einweg-Plastik einen großen Einfluss auf unsere Umwelt hat, so entstehen ihr laut Miller durch die konsumorientierte Gesellschaft noch viel größere Probleme.

JeS

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