Aerosole und das Wetter Antarktis: Nieselregen trotz eisiger Temperaturen
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26. November 2019, 10:53 Uhr
US-Wissenschaftler haben erstaunt in der Antarktis stundenlangen Nieselregen beobachtet, obwohl die Luft -25 Grad kalt war. Eine Forscherin vom Leipziger TROPOS findet das Phänomen aber gar nicht überraschend.
Es widerspricht der Intuition: Wie kann Regen in flüssiger Form zu Boden fallen, wenn die Luft sprichwörtlich eiskalt ist, minus 25 Grad Celsius? Genau das aber hat der Geowissenschaftler Israel Silber von der Pennsylvania State University beobachtet. Silber und sein Team waren auf der McMurdo-Forschungsstation in der Westantarktis, als es zu nieseln begann. Trotz der eisigen Luft hörte es über sieben Stunden lang nicht auf. Messungen mit Satelliten und Lasern zeigen, dass der Regen großflächig fiel, und zwar etwa 1.000 Kilometer entlang der Rossmeerbucht.
Die Forscher maßen auch die Konzentrationen feiner Partikel in der Wolke und stellten fest: Es gab praktisch keine. Die Luft war einfach zu sauber. Schneekristalle entstehen nur, wenn es Partikel gibt, an denen die Feuchtigkeit kondensieren und gefrieren kann. Die Wissenschaftler sprechen hier von Kondensationskeimen.
Wolken und Regen brauchen Feinstaub
Heike Wex, Forscherin am Leibniz-Institut für Toposhärenforschung (TROPOS) in Leipzig, findet die Beobachtung der US-Forscher wenig überraschend. Vielleicht habe zuvor noch kein Mensch das Phänomen mit eigenen Augen gesehen. Vergangene Satelliten und Fernbeobachtungen hätten aber bereits gezeigt, dass es flüssigen Regen in der Antarktis gibt, trotz Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. "In einem reinen, flüssigen Wassertröpfchen muss zunächst eine Energiebarriere überwunden werden. Es wird erst bei -38 Grad Celsius gefrieren", sagt Wex.
Schon die Entstehung von Regen setzt Feinstaubpartikel in der Atmosphäre voraus. Wolkentropfen wachsen auf diesen Aerosolen. Erst wenn sie gefrieren, können sie genug weiteres Wasser anziehen, um schwer genug zu werden und herunterzufallen. Im Fall tauen sie wieder auf und kommen als Regen bei uns am Boden an. Ohne Staub wäre das nicht möglich. "Man beobachtet in der Arktis, wenn die Luft richtig, richtig sauber ist, bildet sich nicht mal eine Wolke", sagt Wex.
Klare Antarktis-Luft liegt am Mangel von Pflanzen und Sand
Bei dem jetzt beschriebenen Phänomen seien offenbar die richtigen Partikel vorhanden gewesen, dass sich eine Wolke bilden konnte. Um Eiskeime zu bilden, brauche es aber wiederum andere Sorten von Aerosolen und die hätten gefehlt. "Da gab es also nur flüssiges Wasser - und wenn das lange genug da ist, werden die Tropfen groß genug, um als Nieselregen herunterzufallen."
Dass die Luft über dem südlichen Eiskontinent so klar ist, liegt vor allem an der fehlenden Vegetation an Land. Viele Aerosole seien pflanzlichen Ursprungs, kämen über Meer und Eis kaum vor. Andere stammen vom Wüstensand oder anderen Mineralien, die es in der Antarktis aber auch nicht gibt. Außerdem reisen Feinstaubpartikel nicht besonders weit durch die Luft, da sie durch Regenprozesse wieder zu Boden fallen, sagt Heike Wex. "Solche Staubpartikel haben in der Luft eine Halbwertszeit von etwa einer Woche."
Dass TROPOS-Messungen in Puntas Arenas an der Südspitze Südamerikas aktuell Partikel aus den Amazonas-Waldbränden feststellen können, zeigt, welche Mengen dieser Aerosole bei den Feuern in die Luft geschleudert werden.
Wirkungen von Feinstaub noch zu wenig erforscht
Einig sind sich Wex und die US-Wissenschaftler darin, dass die Prozesse rund um Feinstaub und Wolkenbildung in der Atmosphäre noch zu wenig erforscht sind. "Im jüngsten Klimabericht können sie sehen, dass es bei der Prognose die größten Unsicherheiten gibt in Bezug auf die Aerosole und ihre Wechselwirkungen in der Luft", sagt die Leipziger Forscherin.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. September 2019 | 12:00 Uhr
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