Krebsforschung Erwischt: Wie Krebszellen das Immunsystem austricksen

03. Februar 2020, 18:00 Uhr

In den kommenden zwanzig Jahren wird sich die Zahl der Krebserkrankungen weltweit fast verdoppeln. So die Prognose des Chefs am Deutschen Krebsforschungszentrum, Michael Baumann. Für Deutschland seien pro Jahr statt 500.000 sogar 600.000 Neuerkrankungen absehbar. Doch wir selbst können etwas dagegen unternehmen. Und auch die Wissenschaft macht fast täglich Fortschritte. Jetzt haben Forschende den "Tarnkappenmechanismus" der Krebszellen entdeckt.

Nicht Rauchen, kein Übergewicht, Bewegung, gesunde Ernährung, wenig oder kein Alkohol - wer etwas gegen Krebs tun will, hat es auch selbst in der Hand, sagt Prof. Michael Baumann anlässlich des Weltkrebstages (4. Februar): "Nach heutigem Wissensstand könnte man, wenn man alles das einhält, was wir derzeit wissen, tatsächlich 40 Prozent der Krebserkrankungen durch primäre Prävention verhindern."

Immerhin 65 Prozent der Erkrankten in Deutschland leben nach der Prognose noch mehr als fünf Jahre, so Baumann. Damit sei Deutschland international sehr weit vorn. Mit Prävention, Früherkennung und Therapien könnte diese Zahl noch erhöht werden. Und natürlich mit neuesten Erkenntnissen aus der Forschung. Die dringt immer weiter selbst in die finstersten Winkel der Tumorzellen vor und arbeitet an neuen, immer exakteren Diagnose- und Behandlungsmethoden.

Forschung auf den Fersen der Tumorzellen

Forscherinnen und Forscher der Universität Freiburg und der Leibniz Universität Hannover (LUH) haben sich nun das Verhältnis Tumorzelle - Fresszelle ganz genau angeschaut und herausgefunden, wie sich Tumorzellen für das Immunsystem unsichtbar machen: Oberflächenproteine der Krebszellen beenden im gesunden Körper Immunantworten, das heißt, sie sorgen dafür, dass die Fresszellen nicht mehr auf sie reagieren.

Dem wollen die Forscher einen Riegel vorschieben und bisherige Krebstherapien um so genannte "Immun-Checkpoint-Inhibitoren" erweitern. Das sind therapeutische Antikörper, die an Rezeptoren von T-Zellen andocken, damit denen auch veränderte, "getarnte", Krebszellen nicht mehr durch die Lappen gehen.*

Grafische Darstellung: Krebszelle Immunsystem
Wenn Fresszellen und B-Zellen Veränderungen entdecken, aktivieren sie die T-Zellen. Diese starten dann ein Vernichtungsprogramm, aber nur so lange, bis Krebszellen sich "tarnen" und so nicht mehr vom Immunsystem erwischt werden. Bildrechte: CIBSS/Universität Freiburg, Michal Rössler

Warum eigentlich so viel mehr Krebs?

Michael Baumann vom Deutschen Krebsforschungszentrum beschreibt, was alles hinter der zunehmenden Zahl der Krebserkrankungen steckt: Zum einen die wachsende Bevölkerungsrate auf der Erde, zum anderen die steigende Lebenserwartung, sowie unser Lebensstil. Die WHO hatte in ihrem letzten Krebsreport von 2018 einen klaren Zusammenhang zwischen sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung eines Landes und dem Anstieg von Krebserkrankungen, die typisch sind für Industrienationen, beobachtet. Weltweit sind demnach Lungenkrebs bei Männern und Brustkrebs bei Frauen die am häufigsten diagnostizierten Krebsarten.

*Link zur Studie

Die Studie unter dem Titel "Molecular mechanism of SHP2 activation by PD-1 stimulation" ist in "Science Advances". Hier können sie sie nachlesen.

dpa/lfw

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