Umweltverschmutzung Mikroplastik: weniger Kunstfasern im Meer als bislang angenommen
Hauptinhalt
05. Juni 2020, 20:00 Uhr
Ein Großteil textiler Fasern, der sich am Grund der Meere abgelagert hat, ist offenbar nicht aus Plastik, sondern aus Zellulose und damit vor allem aus Baumwolle. Ob das eine gute Nachricht ist, ist aber unklar.
Die Verseuchung der Meere mit Mikroplastik gilt neben dem Klimawandel als eines der schlimmsten Umweltprobleme der Gegenwart. Eine Quelle dieser winzig kleinen Plastikpartikel sind Textilien, etwa Kleidung aus Polyester, die beim Waschen Fasern verlieren, die dann über das Abwassersystem und die Flüsse schließlich in den Ozeanen landen. Der Anteil solcher Kunstfasern an der Belastung der Meere mit Plastik ist offenbar aber geringer als bislang angenommen. Das schreiben Forscher um Giuseppe Suaria vom nationalen marinen Forschungszentrum in Italien im Fachmagazin Science Advances.
Die meisten Fasern sind aus Zellulose
Die Wissenschaftler sind selbst auf Forschungsfahrt durch den Atlantik, den indischen Ozean und das Südpolarmeer gefahren, um an 617 Stellen insgesamt 916 Proben mit Meerwasser zu entnehmen. Bei der Analyse mit einem FTI-Spektrometer haben sich die Forscher auf Fasern von Textilien konzentriert. 92 Prozent dieser Fasern hatten demnach einen pflanzlichen oder tierischen Ursprung, nur acht Prozent waren aus Erdölprodukten erzeugt worden, also synthetisch.
Der Hauptanteil dieser natürlichen Fasern stammt laut der Studie aus Zellulose, die wiederum vor allem aus Baumwolle hergestellt worden war. Zellulose hatte einen Anteil von 79,5 Prozent an allen gefundenen Fasern. 12,3 Prozent hingegen stammte von Tieren, in den allermeisten Fällen handelte es sich um Wolle. Nur 8,2 Prozent waren synthetisch, vor allem aus Polyester. Die meisten Garne werden in Kleidern verwoben. Sie gelangen durch die Wäsche ins Abwasser oder fallen bei Tragen unbemerkt aus der Kleidung.
Mikroplastikanteil offenbar zu hoch eingeschätzt
Wie hoch die Konzentration von Fasern an den einzelnen Stellen im Meer war, variierte stark. So reichte das Spektrum von 0,02 bis 25,8 Fasern pro Liter, schreiben die Forscher. Die höchsten Konzentrationen fanden sie im abgelegenen Südpolarmeer, wohin sie wohl mit Meeres- und Luftströmungen gelangt sind.
Laut den Wissenschaftlern decken sich die Ergebnisse mit vorangegangenen Studien, dass Zellulose den Hauptanteil an textilen Fasern am Meeresboden ausmacht. Allerdings haben zahlreiche andere Studien vorher möglicherweise die Zellulose für Kunststofffasern gehalten und dadurch den Mikroplastikanteil im Meer zu hoch eingeschätzt. Das Team um Giuseppe Suaria schreibt, viele Forscher hätten versäumt, den Ursprung der entdeckten Fasern wirklich näher zu bestimmen.
Ist Zellulose wirklich biologisch abbaubar?
Ob das aber eine gute Nachricht für die Umwelt ist, bleibt unklar. Fraglos stellt Mikroplastik eine große Gefahr für Ökosysteme dar, denn oftmals dienen die kleinen Teilchen als Träger gefährlicher Giftstoffe. Während Wolle und Baumwolle als biologisch gut abbaubar gelten, ist unbekannt, wie sich Zellulose in den Ozeanen und in anderen Frischwassersystemen verhält. Klar ist, dass der Anteil von textilen Fasern in der Umwelt weiter steigen wird, denn ihre weltweite Produktion verdoppelte sich in den vergangenen 20 Jahren. 2018 wurden rund 107 Millionen Tonnen produziert, seit den 1990ern werden vor allem synthetische Fasern hergestellt.
(ens)
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/25c468ff-0d2e-4fdc-a9e9-0a34c7150b37 was not found on this server.