Frauen im Gespräch
Wie heißt sie nur? Manchmal kommt man einfach nicht auf den Namen. Bildrechte: imago/Danita Delimont

Schlafforschung Schlechtes Namensgedächtnis? Der Tiefschlaf kann's richten

14. Januar 2022, 16:17 Uhr

Wie heißt sie nur? Nicht alle können sich Namen und Gesichter gut merken. Dabei helfen ungestörte Tiefschlafphasen dem Gedächtnis auf die Sprünge. Jedenfalls im Schlafstudio, hat ein Forschungsteam herausgefunden.

Kennen Sie diese Situation auch? Im Supermarkt an der Käsetheke, dreht sich ein Mann oder eine Frau zu Ihnen um, strahlt und sagt: "Mensch, wir haben uns lange nicht gesehen! Wie geht es Dir?" Und Sie denken nur: "Na toll, wer ist das und woher kennen wir uns bloß?" Gesicht, Name, alles weg. In dem Moment ärgerlich, aber jetzt mit einer Lösung – aus der Wissenschaft. Ein Forschungsteam des Weinberg-Colleges an der Northwestern University hat das Phänomen untersucht und festgestellt: Tiefschlaf ohne Unterbrechungen hilft, neu gelernte Namen und Gesichter im Kopf zu behalten, wenn man im Schlaf die Namen erneut hört.

Im Tiefschlaf werden die Namen vorgespielt

Getestet wurde das mit Menschen im Alter von 18 bis 31 Jahren. Sie sollten sich die Gesichter und Namen von 40 Schülern einer hypothetischen lateinamerikanischen Geschichtsklasse und weiteren 40 aus einer japanischen Geschichtsklasse einprägen. Danach sollten sie zu jedem Gesicht den Namen sagen. Anschließend schliefen die Probanden, wobei die Gehirnaktivität mithilfe von EEG-Messungen überprüft wurde. Sobald die Teilnehmer den sogenannten N3-Tiefschlaf erreichten, wurde die Hälfte der Namen aus den fiktiven Klassen leise über einen Lautsprecher mit Musik abgespielt. Nach dem Aufwachen sollten die Probanden dann erneut Gesichter und Namen zusammensetzen. Dabei zeigte sich, dass sie mehr Namen behalten hatten, wenn ihr Schlaf ungestört verlaufen war. Ein spannendes Ergebnis sagt, Studien-Hauptautor Nathan Whitmore: "Das zeigt uns, dass qualitativ hochwertiger Schlaf mit unserer Gedächtnisleistung zusammenhängt, nämlich wie effektiv Informationen verarbeitet werden."

Der Schlaf und seine Phasen

Schlaf setzt sich aus dem Non-REM-Schlaf (non rapid eye movement-Schlaf), also einer Schlafphase ohne schnelle Augenbewegungen und dem REM-Schlaf (schnelle Augenbewegungen/rapid eye movement) zusammen. Träume finden hauptsächlich im REM-Schlaf statt, aber auch nach Aufwecken aus dem Non-REM-Schlaf werden manchmal Trauminhalte geschildert. Der Non-REM-Schlaf wird weiterhin in die Stadien N1, N2 und N3 unterteilt, die sich in Bezug auf die Amplitude und Geschwindigkeit der vom Schlafenden erzeugten Gehirnwellen unterscheiden. Das Stadium N 3 des Non-REM-Schlafes ist durch die größten und langsamsten Gehirnwellen gekennzeichnet und wird deshalb in dem Ausdruck "slow wave-Schlaf" (Schlaf mit langsamen Wellen) zusammengefasst.
Quelle: Max-Planck-Institut

Die US-Forscher sind nicht die Ersten, die sich mit der Fähigkeit des Gedächtnisses im Schlaf beschäftigen. In Bern beispielsweise hatte eine Forschungsgruppe Schlafenden im Tiefschlaf Vokabeln einer frei erfundenen Sprache vorgespielt. Die Probanden konnten danach diese Worte und ihre Übersetzungen im Wachzustand wieder abrufen.

Beide Studien lassen aber die gleiche Frage offen: Wie kann man dieses Wissen über das Lernen im Tiefschlaf praktisch nutzen? Normalerweise misst ja niemand mit, in welcher Schlafphase wir uns gerade befinden, und flüstert uns im rechten Moment, musikalisch untermalt, Namen oder Vokabeln ins Ohr. Vielleicht checken wir irgendwann nach Klassen-Elternabenden eine Nacht im "Gedächtnisschlafhotel" ein, büffeln vor dem zu Bett gehen fleißig Namen und Bilder von Eltern und Kindern. Und mitten im Tiefschlaf säuselt uns ein Lautsprecher dann nochmal die Namen der Eltern und ihrer Kinder vor.

Lernen im Schlafen: Geht. Es weiß nur keiner, wieviel

Ken Paller
Schlafforscher Ken Paller Bildrechte: Nothwestern University

Ken Paller, Mitautor der Studie zufolge arbeiten die Forscher tatsächlich bereits an Methoden zur Anwendung für Zuhause. Er weist aber auch darauf hin, dass Geräusche, die laut genug sind, um den Schlaf zu stören, auch schädlich sein könnten. Guter Schlaf ist aus vielen Gründen wertvoll, meint der Forscher, zum Beispiel für die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr. Und: Erholsamer Schlaf sorgt dafür, unsere Erinnerungen verfügbar sind, wenn wir sie brauchen, so dass wir sie zur Unterstützung von Entscheidungsfindung, Kreativität und Problemlösung nutzen können. Der Anscatz scheintzwar für verschiedenste Arten von Informationen geeignet, allerdings fehlt noch Wissen darüber, wieviel Informationen so tatsächlich im Schlaf aufgenommen werdenkönen.

Gedächtnisschlaf – klingt anderseits nach einer Idee für eine App. Aber bis das so weit ist, hilft es generell schon, abends vor dem Schlafengehen die Weichen für einen ungestörten Schlaf zu stellen. Oder uns an der Käsetheke im Supermarkt einfach blitzschnell als Namens-Kasper zu outen und nach dem Namen des Gegenübers zu fragen. Danach vergisst man ihn vermutlich auch nicht mehr.

Die Studie lesen Sie hier im Original.

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