Medizingeschichte Frühe Schlafforschung kam aus Thüringen
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20. November 2019, 10:50 Uhr
Wer schnarcht, gibt es nicht gerne zu. Dabei schnarcht mit zunehmendem Alter fast jeder zweite Erwachsene. In manchen Fällen kann Schnarchen der Gesundheit schaden, denn dann steckt dahinter die sogenannte "Schlafapnoe". Die Forschung rund ums Schlafen und Schnarchen ist noch relativ jung - umso erstaunlicher ist es, dass sich schon im 17. Jahrhundert jemand Gedanken darüber gemacht hat, und zwar ein Arzt aus Jena.
Im Schlaflabor der Uniklinik Jena behandeln Sven Rupprecht und sein Team Patienten mit Schlafstörungen. In der Forschung ist die Schlafmedizin ein noch relativ junges Feld - sie gibt es erst seit den 1960er-Jahren. Zumindest hat man das bisher gedacht, denn schon im 17. Jahrhundert beschäftigt sich ein Thüringer Mediziner mit dem Schlaf: Georg Grau, Stadt- und Land-Medicus. 1688 veröffentlicht er eine Schrift mit dem Titel "Hypnologia". Darin beschreibt er in 30 Fragen Aspekte des gesunden, aber auch des gestörten Schlafs.
Im Buch die Fragen 14 bis 16 beschäftigen sich ganz explizit mit dem Schnarchen und den Folgen des Schnarchens, wie das Schnarchen entsteht, Atemaussetzer. Aber auch medizinische Konsequenzen, die diese haben können.
Schlafapnoe - was ist das?
Mittlerweile hat das Schlafen mit Atemaussetzern einen Namen: "Schlafapnoe". Sie gehört zu den häufigsten Schlafstörungen und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie entsteht, wenn die Muskulatur der oberen Atemwege erschlafft - dadurch verengen sie sich so, dass die Atmung zeitweise vollständig aussetzt. Betroffene wachen kurz auf, meist, ohne es zu merken. Das hat zur Folge, dass sie nicht in den erholsamen Tiefschlaf fallen können - und am Tag unter extremer Müdigkeit leiden.
Vieles davon hat Georg Grau schon damals an seinen Patienten beobachtet. In seiner Schrift liest sich das so:
Schnarchen und Schnauffen machet / denn der Rückgrad einwarts / und die Brust obwarts zusammendringen / auch dem Athem seinen Raum benehmen / daß die Brust in athemen gar sehr über sich heben muß / dahero denn allerhand Zufäll aus solchem Liegen entstehen / als der Alp oder Nachtdrücken / schwere Noth / Gicht / Krampff / Schlag.
Medizinische Beobachtungen und Zitate von Luther
Georg Graus Gedanken spiegeln die Lehren und Glaubenssätze des 17. Jahrhunderts wider. So zitiert er beispielsweise die Bibel und Martin Luther in seiner Schrift. Dennoch beruhen seine Ausführungen auf genauen medizinischen Beobachtungen. Doch was bedeuten die Beobachtungen eines Kollegen aus so fernen Zeiten für heutige Mediziner? Rupprecht ist voller Respekt und Bewunderung für Grau:
Georg Grau ist definitiv ein früher Pionier der Schlafmedizin, der sich erstens auch mit anderen Aspekten des Schlafs sehr ausführlich beschäftigt hat - und vor dieser exakten Beschreibung der Schlafapnoe müssen wir auch als heutige Mediziner den Hut vor ziehen.
Schlafforschung heute
Im Schlaflabor der Uniklinik Jena diagnostizieren und erforschen Sven Rupprecht und sein Team Schlafstörungen mithilfe modernster Technik. Patienten mit Verdacht auf Schlafapnoe kommen über Nacht ins Labor - ihr Schlaf wird sekundengenau überwacht. Dabei werden Hirnströme gemessen, sowie der Atemfluss, Augen- und Muskelaktivitäten.
Aus Sicht von Sven Rupprecht war es faszinierend zu sehen, dass sich schon im 17. Jahrhundert ein Arzt Gedanken zu Schlafstörungen machte und vor allem, dass dass Grau sein Buch nicht für damalige Wissenschaftler, sondern seine Patienten schrieb.
Er hat in Jena Medizin studiert, er hat sich 1650 immatrikuliert, stammte gebürtig aus Coburg, hat dann auch in Jena promoviert und sich als praktizierender Arzt in Römhild niedergelassen.
Erforschung der Schlafapnoe heute
Auch heute ist die Forschung rund um Schlafapnoe längst nicht abgeschlossen. Sven Rupprecht hat beispielsweise das Vorkommen der Apnoe bei Risikopatienten untersucht, unter anderem bei Menschen, die an fortgeschrittenen Gefäßerkrankungen wie Ateriosklerose leiden.
Da haben wir zum Beispiel gesehen, dass die Schlafapnoe bei diesen Menschen noch deutlich häufiger ist als in der Normalbevölkerung und dass bis zu 75 Prozent der Menschen, die ein fortgeschrittenes Gefäßleiden haben, an einer Schlafapnoe leiden.
Die gute Nachricht: Schlafapnoe ist eine Krankheit, die man erfolgreich behandeln kann. Zur Therapie kommen meist Atemmasken zum Einsatz. Sie sorgen für einen Überdruck auf die Atemwege und verhindern so, dass es zu kurzen Atemstillständen kommt. Mittel, die Georg Grau damals nicht hatte - und die den Schlaf Betroffener heute deutlich erholsamer machen.
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