Altersforschung Bei Mäusen: Junger Darm macht altes Hirn wieder fit
Hauptinhalt
11. August 2021, 09:38 Uhr
Im hohen Alter auf dem geistigen Niveau der jungen Generation mitspielen? Eine Transplantation aus dem Darm könnte helfen, das Gehirn fit zu halten. Zumindest zeigt dies eine Studie, die an Mäusen durchgeführt wurde.
Sich fremden Stuhl in den Darm einpflanzen lassen, das ist einen Art von Transplantion, über die eher selten gesprochen wird. Dabei scheint es gut fürs Gehirn zu sein – zumindest zeigt dies eine Studie zur Stuhltransplantation bei Mäusen.
Für die Studie mit dem Titel "Mikrobiota aus jungen Mäusen wirkt selektiven altersbedingten Verhaltensdefiziten entgegen" hatten die Forscher des University College Cork in Irland zwei Probanden-Gruppen zur Verfügung. Die eine Gruppe bestand aus jungen Spendermäusen im Alter von drei bis vier Monaten, die Empfängermäuse waren dagegen bereits 19 bis 20 Monate alt. Eine durchschnittliche Labormaus wird ungefähr zwei Jahre alt.
Es gab schon Studien, die es anders herum gemacht haben: Von alten Mäusen in junge Mäuse, die keimfrei geboren und aufgezogen wurden. Unser Ansatz ist neu.
Den jungen Mäusen wurden fäkale Mikroben aus dem Darm entnommen und diese den alten Empfängermäusen in den Darm implantiert. Die andere war eine Kontrollgruppe von alten Mäusen, die keine Transplantation von Darmmikrobiota erhalten hatten. Mikrobiota beschreibt die Gesamtheit aller Mikroorganismen in einem Bereich – in diesem Fall im Darm.
Innerhalb der ersten drei Tage wurden drei Transplantationen durchgeführt, anschließend zwei pro Woche. Nach vier Wochen haben die Forscher geschaut, was und ob sich was bei den alten Mäusen geändert hat.
Ergebnis: Junge Darmmikrobiota machen alte Mäuse fit
Das Ergebnis: Durch die Übertragung von Darmmikrobiota wurden die altersbedingten Veränderungen im Immunsystem der alten Mäuse nicht nur verlangsamt – sie wurden rückgängig gemacht. Außerdem wurden die Gehirne der alten Mäuse dadurch verjüngt. Die Stoffwechselprodukte und Muster der Genregulation ähnelten anschließend denen der jüngeren Mäuse.
Die Mäusegehirne der Empfängergruppe wurde damit quasi aufgepäppelt, wodurch sich auch ihre kognitiven Fähigkeiten verbesserten. Bei verschiedenen Tests in den Bereichen Lernen, Gedächtnis und Angst veränderte sich ihr Verhalten ins Positive.
Von "freundlichen" und "bösen" Bakterien Mikroorganismen, die auf und im menschlichen Körper leben, haben einen Einfluss auf die Gesundheit und variieren mit dem Alter. "Freundliche Bakterien", die sich positiv auf den Stoffwechsel und das Immunsystem auswirken, können allmählich durch Bakterien ersetzt werden, die chronische Entzündungen, Stoffwechselstörungen und Krankheiten verursachen. Im Alter gewinnen die "bösen" Bakterien gegenüber den "freundlichen" sozusagen die Oberhand.
Wie profitiert der Mensch von dieser Studie?
Was bedeutet die Forschung für den Menschen? Mäuse eignen sich sehr gut für Tests, die auch auf den Menschen angewandt werden können. Das liegt am Erbgut, das zu 99 Prozent übereinstimmt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass solche Transplantationen ein therapeutisches Potenzial für die Behandlung des altersbedingten kognitiven Verfalls haben könnten.
Jedoch benötigt es weitere Tests, denn die Forscher wissen noch nicht, was genau den Verjüngerungsprozess auslöst. Sind es spezielle Bakterien? Oder sind Stoffwechselprodukte innerhalb des Mikrobioms der Schlüssel zum geistigen Jungbrunnen?
Reicht bereits ein Shot und würde dieser schon zu den positiven Effekten führen? Das kann man mit der Studie nicht beantworten. Das wäre der nächste Schritt.
Irgendwann könnte eine ähnliche Behandlung auch beim Menschen erfolgen. Zumindest das Potential der Darmmikroben für ein gesundes Altern habe die Studie aufgezeigt, so die Forscher.
Zur Studie
Die Studie „Aging: Young microbiota rejuvenates aging-associated brain changes in mice“ können Sie im Original bei Nature nachlesen.