Regionaler Strukturwandel Wer kriegt den Zuschlag für die neuen Forschungszentren in Sachsen?

21. Mai 2021, 12:20 Uhr

Wissenschaftler weltweit schauen nach Sachsen. Dort sollen zwei neue Großforschungszentren entstehen – im mitteldeutschen Revier und in der sächsischen Lausitz. Sie sollen nach dem Ende der Kohle die Region zukunftsfit machen. Und dafür sind Bewerbungen aus der ganzen Welt eingegangen. Jetzt beginnt die Auswahlphase: Wer macht das Rennen und darf sein Projekt weiterentwickeln?

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Beworben haben sich rund 100 Personen, Einrichtungen und Forschungsverbände aus Sachsen, Deutschland und der ganzen Welt, unter anderem aus den USA. Die Uni Leipzig hat mit Partnern mehrere Projekte für das mitteldeutsche Revier eingereicht. Die Technischen Universitäten Chemnitz, Freiberg und Dresden sind im Rennen um das Forschungszentrum in der Lausitz. Eine Bewerbung kommt vom ersten deutschen Astronomie-Zentrum Deutschlands. Dafür brennt der Astrophysiker Christian Stegmann als Direktor für den Bereich Astroteilchenphysik von DESY, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron. Hier ist er für die Entwicklung, den Bau und den Betrieb von Teilchenbeschleunigern verantwortlich, also gigantische Maschinen für ganz, ganz kleine Teilchen. Nun will Christian Stegmann in der Lausitz groß rauskommen. Im Gepäck hat er das ehrgeizige Einstein-Teleskop:

Wenn man ein Teleskop unter der Erde baut, braucht man geologische Bedingungen, die wirklich perfekt dafür geeignet sind. Wenn es tatsächlich möglich ist, dass man das Einstein-Teleskop Land in Sachsen aufbauen kann, dann bringen wir damit auch die Sachsen oder auch Lausitz in der internationalen Wissenschaftswelt ganz nach vorn.

Prof. Dr. Christian Stegmann, DESY

Was ist das Einstein-Teleskop?

Das Einstein-Teleskop kann man sich wie ein riesiges Dreieck mit zehn Kilometer langen Schenkeln vorstellen. Auf dieser Fläche misst es Signale aus dem All. Diese verändern sich durch die Verformung des Raumes und das auf einer Fläche von einem Tausendstel eines Protonendurchmessers, also des Durchmessers eines Wasserstoffkerns. Das unterirdische Einstein-Teleskop würde sich durch die Gänge schlängeln, in denen erst Kohle abgebaut wurde und künftig vielleicht Signale aus der Zeit direkt nach dem Urknall auffangen. Zurück in die Zukunft hieße es dann also mit Christian Stegmann in der Lausitz. Doch damit nicht genug.

Wir wollen Daten aus aller Welt nach Sachsen bringen. Die Datenmengen sind so groß und müssen so schnell verarbeitet werden, dass dafür neue Technologien entwickelt werden müssen. Es ist ein Technologie-Impuls, den wir in die Region bringen wollen.

Christian Stegmann

Hundert Bewerbungen, zwei Standorte: Ganz schön wenig?

Doch neben der Bewerbung der Astronomen gibt es noch hundert andere. Sind nur zwei Standorte zu wenig? Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow schüttelt den Kopf und meint: Ganz im Gegenteil:

Es müssen Visionen sein, die weit in die Zukunft reichen und die letzten Endes natürlich auch den Forschungsstandort Sachsen weiter zur Stärke und zum Glänzen verhelfen.

Sebastian Gemkow, Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft

Die meisten Ideen kommen aus den Wissenschaften und werden nun von einer Kommission begutachtet. Unter anderem ist da auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst dabei. Eine erste Vorauswahl gibt es bereits im Juli. Die vielversprechendsten Konzeptskizzen bekommen dann Geld, um begutachtungsfähige Projektideen zur erstellen. Mehr kann Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow derzeit allerdings noch nicht verraten:

Das Wesentliche wird am Ende für den Auswahlprozess mit sein, dass hier eine Idee gefunden wird, die über einen langen Zeitraum trägt, über Jahrzehnte trägt. Das heißt, die Idee muss tragfähig und nachhaltig sein. Im Idealfall von der Grundlagenforschung bis hin zum Produkt, das in der Region hergestellt wird. Das ist der Anspruch dieser Großforschungszentren.

Sebastian Gemkow

Doch nur zwei Großprojekte können mit jährlich rund 170 Millionen Euro gefördert werden. Trotzdem landet keine Idee im Müll, verspricht Politiker Gemkow. Schließlich findet Strukturwandel auch an anderen Orten und Regionen statt. Auch dort braucht man Partner und kreative Köpfe.

(as/lfw/gp)

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