Erste Bibel auf Hebräisch DNA-Analyse löst Rätsel um die berühmten Qumran-Rollen
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05. Juni 2020, 13:27 Uhr
So versuchte der Autor Dan Brown mit dem Besteller "Da-Vinci-Code / Sakrileg" im Gefolge von "Verschlußsache Jesus" dem Vatikan die größte Verschwörung der Geschichte der Christen unterzujubeln: Die Qumranrollen würden angeblich Geheiminformationen über Jesus Christus enthalten. Jesus sei verheiratet gewesen und habe eine Tochter gehabt.
Neueste Forschungen widerlegen diesen historischen Krimi: Und die Wahrheit ist ganz simpel. Der Wissenschaftspublizist Alexander Schick hat längst mit Büchern wie "Faszination Qumran" oder "Das wahre Sakrileg" für Aufklärung gesorgt, wird aber nicht müde zu betonen:
Der deutsche Qumranforscher Prof. Claus-Hunno Hunzinger, der die Funde in den 1950er-Jahren in Jerusalem mit gesichtet hat, sagt immer: Die Leute sind von einer solchen religiösen Ahnungslosigkeit, dass sie jeden Blödsinn glauben. Die Qumrantexte sind alle veröffentlicht. Jede Behauptung einer angeblichen Vatikanverschwörung ist schlichtweg erlogen.
Ein Puzzle mit 100.000 Teilen
Was ist nun aber so besonders an den Schriftrollen vom Toten Meer? Zunächst einmal die Quantität: Es sind über 1.000 antike Schriftrollen aus der Zeit vor Jesus, elf davon noch komplett erhalten. Der Rest der Schriftrollen ist nur in einem sehr fragmentarischen Zustand. "Manchmal sind die Schnipsel nicht größer als ein Fingernagel. Wenn man Glück hat, ist ein Fragment mal so groß wie eine Hand", erklärt Schick.
Stellen Sie sich ein Puzzle von 100.000 Teilen vor. Sie haben aber nur 20.000 Puzzleteile und sollen nun – ohne zu wissen, wie das Puzzlebild im Original aussah – dieses Puzzle zusammensetzen.
Die meisten der 1.000 Schriftrollen sind nur in einem sehr fragmentarischen Zustand entdeckt worden, erklärt Schick. "Das war die mühsame Arbeit der Forscher in den letzten Jahrzehnten. Nur war es eben ein wissenschaftliches Puzzle mit Leder- oder Papyrusschnipseln, die meist mit hebräischen Buchstaben beschrieben sind."
DNA-Technik besser als Spionage-Methoden
Zur Lösung dieses Wissenschaftspuzzle nutzen die Forscher digitale Kameras, die jedes Fragment aus dutzenden Winkeln von vorn und hinten und in verschiedenen Lichtwellenlängen 56 Mal aufnehmen, so Alexander Schick. Heraus kommt Bild Nr. 57, ein 3-D-Modell aus einem fingernagelgroßen Stück Leder, das 4,5 Gigabyte groß ist.
Dieses Bilder sind eine große Hilfe beim Puzzlen, viel effektiver - so Alexander Schick - ist allerdings die DNA-Analyse. Die wird zwar seit den 1990er-Jahren eingesetzt, bei den Qumran-Rollen jedoch nicht konsequent. Obwohl sie sich hier besonders lohnt, bestehen diese ja aus Tierhäuten: "Fragmente, bei denen man sich nie ganz sicher war, ob sie wirklich zusammengehören, konnten jetzt als zusammengehörig nachgewiesen werden", sagt Schick. "Haben nämlich zwei Fragmente eine identische DNA, so stammen sie von der Haut eines Tieres und man kann annehmen, dass sie somit beide zu einer einzigen Schriftrolle gehören. Haben zwei nahe beieinanderliegende Fragmente allerdings eine unterschiedliche DNA-Struktur, so gehören die Fragmente zu zwei verschiedenen Schriftrollen."
In einem Fall stellte man fest, dass ein Fragment auf Kuhhaut, aber das andere auf Schafhaut geschrieben war. Diese beiden Fragmente können also nicht von ein und derselben Schriftrolle stammen.
Bei diesen beiden Fragmenten handelte es sich um Texte des Buches Jeremiah, so die neue Studie, die außerdem vom heute bekannten biblischen Text abweichende Versionen widergeben. Das bedeutet, dass verschiedene Autoren an verschiedenen Orten daran gearbeitet haben könnten.
Dan Brown wird wohl enttäuscht sein
Die neue Studie zeigt aber auch: Die meisten Qumran-Rollen stammen genau da her, wo sie gefunden wurden, erklärt Schick die Ergebnisse. Interessant dabei war, dass eine Vielzahl der untersuchten Fragmente sich als Häute von Schafen erwiesen. Schick: "Schafzucht wurde in der Siedlung von Qumran am Toten Meer betrieben."
Zusammen mit dem Nachweis einer anderen Studie, dass in einigen Fällen die Tinte, mit denen die Schriftrollen beschrieben sind, mit Wasser aus der Region am Toten Meer angerührt worden war, legt das die Vermutung nahe, dass etliche der Schriftrollen auch in der Siedlung Qumran angefertigt und beschrieben worden sind. Das ist immer wieder bezweifelt worden.
Bei den Ausgrabungen in Qumran wurden auch drei Tintenfässer entdeckt und Tonkrüge, in denen Schriftrollen aufbewahrt wurden. Die Mehrheit der Forscher glaubt daher, dass der Fund quasi einmal eine Bibliothek war, die Bibliothek der jüdischen Religionsgruppe der so genannten Essener, die hier gelebt haben sollen. Doch die Forschung steht in Sachen DNA-Analysen erst am Anfang. Tausende von Fragmenten müssen untersucht und große Datenbanken angelegt werden. Also noch ergebnisoffen, sagt Alexander Schick.
Einer, so meint er, wird allerdings von diesen Forschungen enttäuscht sein - Dan Brown nämlich. Denn kein einziger der Qumran-Texte enthält auch nur den geringsten Hinweis darauf, dass Jesus verheiratet gewesen sei. Und so bleibt die wissenschaftliche Forschung rund um die Qumran-Rollen spannender als jeder Roman.
Link zur Studie
Die Studie wurde unter dem Titel "Illuminating Genetic Mysteries of the Dead Sea Scrolls" im Fachmagazin Cell veröffentlicht.
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