Ehrenamt Macht freiwillig helfen glücklich und gesund?
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01. Januar 2022, 12:00 Uhr
Sich in einem Ehrenamt zu engagieren, etwas für andere tun, könnte ein guter Vorsatz fürs neue Jahr sein. Auch wenn die freiwillige Arbeit nicht unbedingt glücklich macht, wie zwei aktuelle Studien belegen, sorgt sie doch zumindest für ein längeres Leben.
Bisher galt: Wer anderen hilft, sich zum Beispiel in der Gesellschaft engagiert, wird glücklicher. Dieser Zusammenhang steht jetzt aber durch neue Studien in Frage. Allerdings ist das kein Grund, es nicht zu tun.
Zehntausende Datensätze ausgewertet
Die beiden Studien stehen durch ihre großen Stichproben auf soliden wissenschaftlichen Füßen: Daten von insgesamt 36.270 Personen haben die Forschenden der Universitäten Vechta und Bochum dazu ausgewertet. Sie stammen zum einen aus der repräsentativen Wiederholungsbefragung SOEP (Sozioökonomisches Panel) in Deutschland, zum anderen aus deren britischem Pendant, der British Household Panel Survey (BHPS). Die Autoren Matthias Lühr, Prof. Maria K. Pavlova und Prof. Maike Luhmann wählten Datensätze der Menschen aus, die sich ehrenamtlich engagierten. Um herauszufinden, wie sich diese freiwillige Arbeit auf ihr Wohlbefinden auswirkte, betrachteten sie die Angaben zur Lebenszufriedenheit, zum emotionalen Wohlbefinden, zur Einsamkeit und zur Kontrollüberzeugung, also der Annahme, wie selbstbestimmt man ist.
Zeit mit Freunden macht glücklicher
Das Ergebnis: Ältere Erwachsene waren in den Jahren, in denen sie sich ehrenamtlich engagierten, zwar zufriedener als vorher. Der Unterschied zu der Zeit davor war jedoch nur geringfügig und zeigte sich auch nicht in den anderen Anzeichen für Wohlbefinden. Andere Freizeitaktivitäten wie gemeinsame Zeit mit Freunden und Unternehmungen wirkten sich hingegen stärker und vielseitiger darauf aus.
Die Forschenden schließen nicht grundsätzlich aus, dass ehrenamtliche Arbeit abhängig von den Bedürfnissen des Einzelnen, vom Umfeld, von der jeweiligen Tätigkeit und dem gesellschaftlichen und kulturellen Kontext tatsächlich positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden zeigt. Im Großen und Ganzen jedoch sehen sie diese Annahme durch ihre Studien widerlegt. Die Ergebnisse dazu wurden in den Fachzeitschriften "Journal of Happiness Studies" und "Social Indicators Research" veröffentlicht.
Warum wir uns trotzdem engagieren sollten
Lühr, Pavlova und Luhmann leiteten aus ihren Ergebnissen ab, dass die Erwartung, sich durch ehrenamtliche Arbeit besser zu fühlen, häufig nicht erfüllt würde und daher auch nicht als Hauptanreiz für die Werbung ehrenamtlicher eingesetzt werden solle. Im Mittelpunkt solle der persönliche Beitrag zum Gemeinwohl stehen und nicht der Eigennutz.
Helfen ist immer auch egoistisch
Maria Förster berät als Psychologin Menschen in Helferberufen, gibt Seminare unter anderem für Krankenschwestern und Pfleger. Für sie steht für andere da zu sein, die Bedürfnisse anderer zu befriedigen auch immer im Zusammenhang mit unseren eigenen Bedürfnissen: Dem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Anerkennung, Liebe, Zuneigung und Selbstwerterhöhung, das bei jedem Menschen je nach Persönlichkeit unterschiedlich stark ausgeprägt ist und möglicherweise bereits durch andere Lebensbereiche wie Familie oder Freunde befriedigt wird.
Der Irrglaube ist, wenn ich anderen Gutes tue, tut mir das auch immer gut.
Nicht immer werden die Erwartungen des Helfenden erfüllt. Darin sieht Maria Förster Ursachen für viele Probleme, für Unzufriedenheit und Enttäuschung. Auf die Frage, wie man in einem Helferberuf oder eben im Ehrenamt damit gut umgehen könne, hat Maria Förster zwei klare Antworten: Zum einen helfe es, sich diesen Mechanismus bewusst zu machen und dazu zu stehen. Zum anderen sei es wichtig, vor allem sich selbst zu helfen. Sich um sich selbst zu kümmern, um für andere verlässlich da sein zu können. Dann könne man in gesundem Maße für andere da sein und Erfüllung darin finden, ob im Ehrenamt oder in einem Helferberuf. Darüber hinaus kann Helfen sogar für ein längeres Leben sorgen, zumindest im Hinblick auf die Freiwilligentätigkeit.
krm