Agrarlandschaft Kleine Wälder auf Ackerland wichtiger als bisher angenommen
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04. Dezember 2019, 14:22 Uhr
Klein schlägt groß: Kleine Waldflächen umgeben von Ackerland haben einer neuen Studie zufolge pro Fläche mehr Nutzen für uns Menschen und das Ökosystem als große Wälder. Die kleinen "Waldreste" können demnach unter anderem mehr Kohlenstoff im Oberboden speichern, sind besser für die Jagd geeignet und beherbergen weniger Zecken als ihre großen Verwandten, so die Forscher.
Auch in Mitteldeutschland sind sie ein ganz typisches Bild: Kleine Waldflächen umgeben von Ackerland, manchmal sogar kleiner als ein Fußballfeld. Fast so als hätte man vergessen sie abzuholzen, als das Feld einmal angelegt wurde, sehen sie aus. Und genauso vergessen und vernachlässigt wie sie auf den Betrachter wirken, so hat sich auch die wissenschaftliche Forschung bisher kaum für sie interessiert, sagt Alicia Valdés. Sie ist die Erstautorin der Studie, an der auch das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung beteiligt war, und die im Fachmagazin "Journal of Applied Ecology" erschienen ist.
Der Wert sehr kleiner Wälder wurde bislang nicht untersucht, obwohl das Auftreten kleiner Wälder in Agrarlandschaften durch die Fragmentierung der Wälder zugenommen hat.
Gute Dienste für Mensch und Umwelt
Der Grund, warum diese kleinen Wälder uns ganz gute Dienste leisten können, ist eigentlich ganz simpel, erklärt die Forscherin: Sie hätten einfach längere Waldränder, die dem Einfluss der Umgebung ausgesetzt seien. Dadurch gebe es zum Beispiel mehr Nahrung für Rehwild - wie etwa Heidelbeeren oder junge Birken- und Eichenbäume. Das liege daran, dass die Waldränder mehr Sonnenlicht abbekämen und sich an den Nährstoffen aus der Ackerfläche um sie herum bedienen. Und diese Bedingungen sorgen eben dafür, dass mehr Rehe angezogen werden, die der Mensch jagen kann, erläutert Valdés.
Auch in Sachen Kohlenstoffspeicherung schneiden die kleinen Waldstücke gut ab. Sie können mehr Kohlenstoff pro Fläche im Oberboden speichern als große, alte Wälder. Grund dafür sei eine erhöhte bodenbiologische Aktivität, die die Aufnahme organischer Stoffe beschleunige. Deshalb sind die Wäldchen den Forschern zufolge bessere Kohlenstoffsenken und können dementsprechend dabei mithelfen, die Klimaerwärmung zu begrenzen.
Und dann haben sie noch einen Vorteil, der vor allem uns Menschen direkt zu Gute kommt: Sie sind nämlich auch ein geringeres Risiko für durch Zecken übertragbare Krankheiten, so die Forscher. Im trockenen, heißen Mikroklima des Waldrandes können die Zeckenlarven demnach weniger gut überleben.
Die Erhaltung der großen Wälder ist wegen ihrer höheren Biodiversität wichtig, aber der Erhalt kleinerer Wälder, insbesondere der älteren, wird dazu beitragen, das Wohlbefinden der Menschen in Agrarlandschaften zu steigern. Diese kleinen Wälder brauchen spezifische politische Instrumente, die ihren zukünftigen Erhalt sicherstellen.
Die Studienautoren fordern nun, Konsequenzen aus ihrer Erkenntnis zu ziehen, dass die kleinen Wäldchen einen höheren Wert für Mensch und Umwelt hätten als bisher angenommen. Sie argumentieren deshalb für den Erhalt solcher Mini-Wälder auf Agrarflächen. So soll ihre wichtige Rolle erhalten bleiben - auch im Sinne der Menschen, die in ihrer Nähe leben.
Waldflächen in ganz Europa untersucht
In der Studie haben Forscher insgesamt 224 Waldflächen in Europa - in Frankreich, Belgien, Deutschland und Schweden - untersucht.
Dabei haben sie unter anderem geschaut, in welcher Vielfalt sechs verschiedene Gruppen von Organismen vorkommen: krautige Pflanzen, Pilze, Laufkäfer, Spinnen, Asseln und Tausendfüßler. Außerdem haben sie die Wälder auf ihr Potential untersucht, fünf sogenannte Ökosystemdienstleistungen zu erbringen. Dabei ging es um das Angebot an nutzbaren Pflanzen, das Stammholzvolumen, das Schädlingsbekämpfungspotenzial, die Kohlenstoffspeicher und das Wildproduktionspotenzial
In Deutschland haben die Wissenschaftlerinnen vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung diese Untersuchungen in zwei Gebieten in der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs koordiniert und überwiegend durchgeführt. Dafür haben sie nicht nur geeignete Waldflächen ausgewählt, sondern auch historisches Kartenmaterial bereitgestellt, die Vielfalt der Pflanzen dokumentiert, Laufkäfer und Spinnen eingefangen sowie Proben genommen, schreibt das Team.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 22. September 2019 | 22:30 Uhr
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