TU Dresden Mit virtuosen Avataren Klavier spielen lernen
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18. Juli 2021, 12:00 Uhr
Haben Sie schon einmal versucht, mit einer App oder per Internetkurs ein Instrument zu lernen? In Zukunft könnte ein Avatar, ein virtueller Lehrer, sie dabei begleiten. In Dresden erforscht man das für das Klavierspiel.
Ein paar Fingerübungen am Piano – für Karl-Heinz Simon ist das kein Problem. Er unterrichtet Klaviermethodik und Klavier an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber. Doch wie könnten sein Wissen und seine Fähigkeiten auch in die Hände von Laien gelangen? Wie könnten Anfänger das Klavierspiel gut erlernen? Das erforscht Simon mit Partnern an der Technischen Universität Dresden. Seine Testperson, Pianistin Inhye Park, sieht aus wie kurz vor einem Tauchgang, sie hat Handschuhe übergezogen und einen schwarzen Ganzkörperanzug mit 19 eingebauten Sensoren – vom Halswirbel über Finger bis zu den Füßen. "Und das wäre eigentlich auch etwas, was ich mir als Idee wirklich vorstellen kann für den Unterricht", sagt Simon, "dass Bewegungsempfindungen vermittelt werden." Dann gibt Professor Simon Pianistin Park ein Kommando: "Wir machen erst mal eine Bewegung des ganzen Armes und versuchen eine Art Glockenschlag."
So beginnt sie, die Klavierstunde für den Unterricht von morgen. Denn besser als jeder Lehrer es beobachten könnte, hilft der mit Sensoren gespickte Anzug dabei, mit jeder körperlichen Bewegung auch wichtige Daten für das Dresdner CeTi zu erfassen. "CeTi steht für ‚Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop‘, Zentrum für taktiles Internet für Mensch-Maschine-Interaktion", erklärt Tina Bobbe.
Die Diplomingenieurin ist selbst Forscherin am CeTi, einem Exzellenzcluster an der TU Dresden. Ein Forscherteam aus vielen Bereichen, darunter Maschinenbau, Kommunikationsnetze oder Entwicklungspsychologie, geht hier gemeinsam auf die Suche, was taktiles Internet und künstliche Intelligenz auch in Sachen Klavierspiel ermöglichen kann.
Was wir bei CeTi erforschen, ist, wie man diese Fähigkeiten – und zwar Fähigkeiten von Spezialisten, von Profis, die sehr gut Klavier spielen – aufnehmen, analysieren und dann weitergeben kann.
Und das geschieht mit dem Anzug, der vollgepackt ist mit Sensoren. "Damit nehmen wir diese Fähigkeiten erst einmal auf. Also unsere Expertin am Klavier trägt diesen Anzug, und wir digitalisieren ihre Fähigkeiten. Und das sieht man da an diesem digitalen Avatar dann auch gleich hier." Jeder Tastenschlag der echten Testperson am Klavier wird dabei in Echtzeit auf das digitale Gegenüber auf dem Computer übertragen.
Analysieren, Muster erkennen, Lernprogramme entwerfen
"Eine KI könnte jetzt im nächsten Schritt diese Daten analysieren und Muster erkennen", sagt Tina Bobbe, und das in Lernprogramme überführen. "Und diese Lehrprogramme können wir dann den Lernenden zur Verfügung stellen, aber ganz individuell angepasst, natürlich."
Und auch ganz unabhängig von Sprache oder anderen Barrieren. Neben Lehrbüchern, Youtube-Filmchen, Eins-zu-eins-Unterricht mit Spezialisten, sollen zukünftig auch digitale Hilfsmittel auf Basis von KI, also Künstlicher Intelligenz, den Schwung der Arme, der Handgelenke und Finger durch verschiedenartige Reize anleiten. Tina Bobbe denkt schon weiter in die Zukunft und spricht vom taktilen Vibrationsfeedback, das Lernprogramme bereichern könnte. KI soll nicht ersetzen, aber ergänzen. "Dass durch das Abfedern des Handgelenks ein eher mehr weicher oder härterer Ton entsteht", erklärt Karl-Heinz Simon. Und so könnte jeder diese Kombination aus Fingerbewegung, Handgelenksbewegungen und Armbewegung lernen. Etwas, was natürlich nicht von heute auf morgen geschieht, so Simon, "aber das ist eine wesentliche Basis, um freies Klavierspielen zu lernen".
Der Anzug kann auch Feedback geben
Klaviermethodiker Karl-Heinz Simon und Ingenieurin Tina Bobbe stehen mit dem interdisziplinären Team vom CeTi in Dresden noch ganz am Anfang der Forschung, die das moderne Fachwissen weltweit und barrierefrei zur Verfügung stellen will. Klavierspiel für jedermann, virtuose Avatare in Ganzkörperanzügen helfen dabei. Und irgendwann könnten dann auch die Lernenden am Klavier selbst solche Anzüge tragen, die dem Körper und besonders den Händen ein Feedback geben, was den Lernprozess noch mal beschleunigen könnte.
Klavier lernen mit Aktuatoren, zum Beispiel in die Kleidung integrierte weiche Robotik, das klingt sehr nach Zukunftsmusik. Doch für die nächste Generation kann es schon Alltag sein.
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