Atomausstieg Auslaufmodell Kernenergie – billiger wird’s nicht
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17. April 2023, 15:17 Uhr
Kaum sind die letzten AKW in Deutschland abgeschaltet, da startet die Diskussion von vorn. Ministerpräsident Markus Söder möchte in Bayern Isar 2 weiter betreiben. Dabei ist eigentlich schon alles gesagt. Nur noch nicht von allen.
Der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland ist durch. Von wegen, sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er möchte Isar 2 gern weiter betreiben und dafür notfalls die Gesetze ändern lassen. Dafür bekommt er jede Menge Kritik. Es sei bedrückend, wie Söder genehmigungs- und verfassungsrechtliche Fragen der nuklearen Sicherheit leichtfertig ignoriere, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Und auch die Fakten würden Söder nicht weiter helfen. Wir machen es wirklich kurz, versprochen (denn eigentlich ist ja alles gesagt).
Fassen wir noch einmal zusammen
Atomenergie bedeutet unkalkulierbare Risiken. Sellafield, Three Mile Island, Tschernobyl, Fukushima. Wir haben immer noch keinen Plan, was wir mit dem Atommüll machen können, der eine Million Jahre sicher gelagert werden muss (geschweige denn eine Idee, was das kostet – uns alle).
Die versprochenen sicheren kleinen AKW existieren nur auf dem Papier.
Die durch Kernkraft erzeugt Energie macht nur fünf Prozent der Primärenergieversorgung aus, als End- oder Nutzenergie beim Verbraucher kommt davon nur noch die Hälfte an.
Die größte Menge an weltweit produziertem Atomstrom? Wurde im Jahr 2006 erreicht. Die größte Anzahl betriebener Atomkraftwerke? Gab es 2002. Die größte Anzahl von Reaktoren, die neu ans Netz gehen? Wurde Mitte der Achtziger registriert. Und die größte Anzahl von Atomkraftwerken im Bau? Gab es 1979 – vor mehr als 40 Jahren. Dazu kommt: Das Durchschnittsalter der aktuell betriebenen Anlagen liegt bei mehr als 30 Jahren. (Mehr dazu in unserem Podcast.)
Und wem das nicht reicht, dem helfen vielleicht die Zahlen aus dem aktuellen Gutachten der TU Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin.
Reden wir über Geld
Das lässt die Umwelt- und Risikoaspekte außen vor und konzentriert sich nur auf die ökomischen Aspekte. Kernaussage: "Atomkraft war seit Beginn des Atomzeitalters eine der teuersten Energieformen und zu keiner Zeit wettbewerbsfähig mit kostengünstigeren Technologien, wie historisch zum Beispiel Kohle oder Erdgas und heute erneuerbaren Energien." In Zahlen heißt das laut der Untersuchung, dass die Gestehungskosten von Strom aus Kernkraftwerken im Bereich von 160 Dollar pro Megawattstunde (USD/MWh) liegen, Erneuerbare wie Wind und Sonne dagegen bei unter 50 USD/MWh. Wichtig dabei: Die Preise für Atomstrom steigen seit Jahren, die für Strom aus erneuerbaren Energien sinken hingegen. Laufzeitverlängerungen älterer AKW machen diese nicht wirtschaftlicher, so die Untersuchung, sondern sind nur mit Subventionen möglich, für die letztlich der Steuerzahler aufkommen müsste.
Und zum Schluss noch ein Blick auf das Argument, dass AKW wichtig für die Grundlast sind, weil sie sicher beständig Strom liefern. Der sogenannte Lastfaktor der französischen AKW lag 2022 laut dem Worldnuclearreport bei 52 Prozent. Mit anderen Worten: Im Schnitt haben die 56 AKW an 152 Tagen 0 Kilowattstunden produziert. Deutsche Offshore-Windkraftanlagen erreichen je nach Standort einen Lastfaktor von 30 bis über 50 Prozent, liefern also pro Jahr an 3.200 bis 4.500 Stunden sicher Strom. Die Offshore- Anlage Hywind Scotland erreichte über die letzten fünf Jahre einen durchschnittlichen Lastfaktor von 54 Prozent.
Links/Studien
Das Kurzgutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen können Sie hier als pdf nachlesen.
gp
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. April 2023 | 15:00 Uhr