Frau liegt krank im Bett
Asthmasprays sollten Asthmatikern vorbehalten bleiben. Lungenärzte kritisieren einen vorschnellen Einsatz bei Covid-19. (Symbolfoto) Bildrechte: imago/photothek

Covid-19 und Asthmaspray Lungenärzte kritisieren Lauterbach: Budesonid-Studie hatte Schwächen

29. April 2021, 14:36 Uhr

Kein Gamechanger: Eine britische Studie hatte Asthmaspray mit dem Wirkstoff Budesonid als vielleicht hoch wirksames Medikament zur Therapie von Covid-19 ins Spiel gebracht. Deutsche Lungenärzte schlagen jetzt Alarm: Die Studie habe methodisch deutliche Schwächen. Der dadurch ausgelöste Hype könnte zur Bedrohung für Asthmatiker werden.

Es war der Epidemiologe und SPD-Gesundheitspolitiker, der mit seinem Tweet einen kleine Hype in Deutschland auslöste. Eine britische Studie hatte zuvor untersucht, ob das Asthmaspray mit Budesonid den Verlauf einer Covid-19 günstig beeinflussen, also schwere Verläufe verhindern, Symptome abmildern und die Infektion verkürzen könne. Das sei gelungen, schrieben die Forscher und Lauterbach twitterte, es gebe nun einen Gamechanger in der Pandemie.

Lungenärzte hatten daraufhin im Gespräch mit MDR-WISSEN bereits deutliche Zweifel an diesen Aussagen angemeldet. Nun hat auch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie in einem Pressegespräch noch einmal deutlich vor dem Hype um das Asthmaspray gewarnt. Der könne dazu führen, dass einerseits genauso viele Covid-Patienten sterben wie ohne den Budesonid-Einsatz, andererseits aber Asthmatiker von der Versorgung mit dem für sie lebenswichtigen Medikament abgeschnitten werden könnten.

Appell an Ärzte: Verschreiben Sie Covid-Patienten kein Budesonid!

Professor Marco Idzko, Leiter der klinischen Lungenmedizin an der Universitätsklinik in Wien, schilderte die Entwicklung kurz nach Veröffentlichung der britischen Studie. Zahlreiche Covid-Patienten hätten von ihren Ärzten im sogenannten Off-Label-Einsatz Budesonid verschrieben bekommen, woraufhin Asthmaspray in Österreichs Apotheken knapp geworden sei. Idzko übt deutliche Kritik an den Aussagen von Karl Lauterbach: "Es war sehr gefährlich, wenn Politiker hier von einem Gamechanger sprechen. Mein dringender Appell geht an alle Covid behandelnden Ärzte, kein Budesonid zu verschreiben, solange keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen."

Was die Schwächen der britischen Studie angeht, herrscht weitgehend Einigkeit unter den deutschsprachigen Lungenärzten. Zwar sei es durchaus logisch gewesen, die Hypothese zu prüfen, dass Budesonid den Verlauf einer Covid-19-Erkrankung verbessern könnte. Denn dafür habe es durchaus Hinweise und Anzeichen geben.

Starker Placeboeffekt sehr wahrscheinlich

So hatten Ärzte überrascht beobachtet, dass Asthmatiker nicht so viele schwere Sars-CoV-2-Infektionen entwickelten, wie die Vorschädigung ihrer Lunge erwarten ließ. Andererseits hatte der Wirkstoff Dexamethason – genau wie Budesonid gehört er zu den sogenannten Kortikosteoriden – gute Therapieeffekte gezeigt bei Patienten, die wegen Covid-19 klinisch behandelt werden mussten.

Doch seien bei der jetzt in England durchgeführten Studie einerseits nur wenige Teilnehmer eingeschlossen worden. Etwa 70 Patienten hatten Budesonid erhalten, 70 weitere Vergleichspersonen nicht. Andererseits hätten die Patienten, die das Asthmaspray bekamen, erfahren, dass sie einen Wirkstoff bekommen, der ihnen möglicherweise hilft. Die deutschen Pneumologie-Professoren Marek Lommatzsch von der Uniklinik in Greifswald und Michael Pfeifer von der Uniklinik in Regensburg sprachen daher von der hohen Wahrscheinlichkeit, dass hier ein Placeboeffekt vorliegt. Dazu trage auch bei, dass die Kriterien für die Messung der Wirksamkeit größtenteils subjektiv waren. Patienten hätten selbst einschätzen sollen, wie schwer ihre Symptome waren.

Im schlimmsten Notfall: Monoklonale Antikörper

"Bei der Studie wurden sehr hohe Dosen des Wirkstoffs verabreicht. Das ist durchaus gefährlich, denn der hat auch Nebenwirkungen", warnte der Wiener Lungenarzt Idzko. Timo Wolf vom Robert Koch-Institut fühlte sich durch die aktuelle Diskussion an die Debatte um Hydroxychloroquin erinnert. Dort habe der anfängliche Hype auch zu zeitweiligen Schwierigkeiten für Rheumatiker geführt, an ihr Medikament zu kommen. Später wurde nachgewiesen, dass die Therapie bei Covid-19-Patienten völlig wirkungslos war.

Lungenforscher Lommatzsch kennt noch einige weitere Hypothesen, warum Asthmatiker wider Erwarten nicht zur Corona-Risikogruppe zählen. Ein Grund könnte etwa sein, dass durch die Krankheit die Schleimhautzellen der Athemwege weniger ACE-2 auf ihrer Zellhülle ausstellen. ACE-2 ist der Rezeptor, über den die Sars-Coronaviren-2 hauptsächlich in menschliche Zellen eindringen.

Mit seinen Kollegen ist er sich einig: Budesonid sollte in weiteren klinischen Studien mit mehr Teilnehmern und mit Placebo-Kontrollgruppe und Verblindung weiter erforscht werden. Christian Taube, Professor für Pneumologie an der Uniklinik Duisburg-Essen, gibt Menschen mit hohem Risiko auf schwere Coronaverläufe den Rat, sich im Fall einer Infektion rasch an eine Uniklinik zu wenden. Wer etwa stark adipös sei, Diabetes oder schwere Herz- und Kreislauferkrankungen habe, der könne zu Beginn einer Coronainfektion mit monoklonalen Antikörpern gegen das Virus behandelt werden. Eine solche Therapie hatte das US-Biotechunternehmen Regeneron entwickelt. Ex-US-Präsident Trump hatte monoklonale Antikörper gegen seine Coronainfektion erhalten.

Ein Problem ist aber, dass die Antikörper als Infusion verabreicht werden, also nicht einfach mit nach Hause genommen werden können. Die Bundesregierung hatte im Januar rund 200.000 Dosen beschafft.

Ramakrishnan et.al: Inhaled budesonide in the treatment of early COVID-19 (STOIC): a phase 2, open-label, randomised controlled trial; The Lancet

Stellungnahme deutscher Lungenärzte: Asthma-Medikamente gegen COVID-19?

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Illustration SARS-CoV-2
Diese Illustration, die in den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erstellt wurde, zeigt die ultrastrukturelle Morphologie, die Koronaviren aufweisen. Man beachte die Stacheln, die die äußere Oberfläche des Virus zieren und die bei elektronenmikroskopischer Betrachtung das Aussehen einer das Virus umgebenden Korona vermitteln. In dieser Ansicht sind die Proteinpartikel E, S und M, die sich ebenfalls auf der äußeren Oberfläche des Partikels befinden, ebenfalls markiert worden. Bildrechte: Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAMS