Leipziger Max-Planck-Institut Homo sapiens kam früher nach Europa als gedacht
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11. Mai 2020, 17:00 Uhr
Müssen jetzt die Geschichtsbücher umgeschrieben werden? Ein internationales Forscherteam mit Leipziger Beteiligung hat in einer Höhle in Bulgarien einen spektakulären Fund gemacht: Rund 45.000 Jahre alte Überreste vom Homo sapiens.
Die Wissenschaftler um Helen Fewlass und Jean-Jacques Hublin vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig (MPI EVA) untersuchten dafür seit 2015 die Bacho-Kiro-Höhle in Zentralbulgarien und veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie nun in den Fachmagazinen "Nature" und "Nature Ecology & Evolution".
Und die Funde, die darin vorgestellt werden, haben es durchaus in sich: Tausende Stein- und Knochenwerkzeuge, Überreste gejagter Tiere, sowie Schmuck und Fossilienreste, die vom Homo sapiens stammen, wurden auf ein Alter von etwa 45.000 Jahren datiert. Wie Hublin erklärt, zeigen die Ausgrabungen, wie die Frühmenschen sich in Europa ansiedelten und mit den lokalen Neandertalern interagierten. "Diese frühe Einwanderungswelle ging der Welle voraus, die 8.000 Jahre später in Westeuropa zum endgültigen Aussterben der Neandertaler führte", sagt der Institutsdirektor.
Größter einzelner steinzeitlicher Datensatz
Ein Knackpunkt war dabei die Bestimmung der Knochenreste. Mithilfe der sogenannten Protein-Massenspektrometrie konnten die Fossilien schließlich klar als menschlich identifiziert werden. Auch für die Datierung des Alters der Überreste wurde auf Hightech gesetzt und ein Beschleuniger-Massenspektrometer von der ETH Zürich genutzt.
Die meisten Tierknochen [...] zeigen Anzeichen menschlicher Einwirkungen auf den Knochenoberflächen, wie zum Beispiel Schnittspuren, was uns zusammen mit der direkten Datierung menschlicher Knochen ein wirklich klares chronologisches Bild davon liefert, wann der Homo sapiens diese Höhle zum ersten Mal bewohnte, im Zeitraum von vor 45.820 bis 43.650 Jahren und möglicherweise sogar bereits vor 46.940 Jahren.
Dabei sei laut Sahra Talamo von der Universität Bologna und Bernd Kromer vom Leipziger Max-Planck-Institut nicht nur der bisher größte Datensatz aus einer einzelnen steinzeitlichen Fundstätte, sondern auch der präziseste herausgekommen - dank der genutzten Radiokarbonmethode.
Homo Sapiens verdrängte Neandertaler nach und nach
Schließlich musste noch festgestellt werden, ob die Überreste vom Homo sapiens oder von Neandertalern stammen. Ein Team unter der Leitung von Svante Pääbo von der Abteilung für Evolutionäre Genetik des MPI EVA sequenzierte dafür die DNA aus den Knochenfragmenten und kam zum Ergebnis: eindeutig dem modernen Menschen zugehörig.
Darum muss nun in Teilen die Geschichte der Steinzeit neu geschrieben werden, denn das Jungpaläolithikum, das mit dem Auftreten des Homo sapiens eingeläutet wurde, begann in Europa offenbar weitaus früher, als bisher angenommen. Langsam wurde so der Neandertaler verdrängt, was Archäologen als "Initial Upper Palaeolithic" (IUP) bezeichnen.
"Das IUP in der Bacho-Kiro-Höhle ist das früheste bekannte Jungpaläolithikum in Europa", erklärt Tsenka Tsanova vom MPI EVA. Seinen Ursprung habe es wohl in Südwestasien, von wo sich der moderne Mensch rasch über Eurasien ausbreitete, erst mit den Neandertalern interagierte und sie am Ende vollständig ersetzte.
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