Thema Zeit Hat die Zeit einen Anfang?
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03. Januar 2020, 09:03 Uhr
Die Zeit vergeht mit den Jahren: Jedes Jahr beginnt bei uns am 1. Januar und endet am 31. Dezember. Doch hat die Zeit auch selbst einen Anfang? Begann sie mit dem Urknall oder gab es bereits eine Zeit vor der Zeit?
Es gibt Dinge, die kann man sich nicht vorstellen, weil es sie auf unserer Welt nicht gibt: die Unendlichkeit beispielsweise. Denn alles um uns herum hat einen Anfang und ein Ende. Kurios ist nur: Das Einzige, von dem wir uns keinen Anfang vorstellen können, ist die Zeit. Die Frage, was war vorher, falls die Zeit tatsächlich mit dem Urknall begonnen hat, lässt uns ratlos zurück. Allein die Formulierung "die Zeit vor der Zeit" ist verrückt.
Alles begann vor 13,8 Milliarden Jahren
Und trotzdem gilt unter Astrophysikern die Standard-Lehrmeinung, dass alles vor 13,8 Milliarden Jahren begann, sagt Prof. Martin Ammon von der Uni Jena: "Die Vorstellung, die man immer hat ist: Es gab schon Raum und Zeit und dort gab es eine große Explosion. So war es definitiv nicht. Denn mit dem Urknall sind nach heutigem Verständnis erst Raum und Zeit entstanden."
Das ist für Kernphysiker Kai Zuber von der TU Dresden so selbstverständlich wie das Amen in der Kirche: "Der Raum war genauso nicht da, wie die Zeit nicht da war. Das ist völlig analog." Diese Idee vom Anfang von Allem - also auch von der Zeit - sollte man gar nicht versuchen zu begreifen oder sich vorzustellen. Man kann es nur akzeptieren und sich vielleicht daran gewöhnen.
Theorie der Quantengravitation fehlt
Das geht sogar Prof. Ammon so: "... was ich mir als Wissenschaftler auch nur schwer vorstellen kann. Aber ich kann's eben berechnen - mathematisch modellieren."
Naja, nur fast. Astrophysiker können fast an den Urknall heran rechnen. Mit ihren Gleichungen kommen sie 10 hoch minus 43 Sekunden an den Urknall heran. Das ist so nahe am Nullpunkt wie nur irgendwas. Aber eben nicht der Urknall selbst. Um das zu können, fehlt eine Theorie, die es noch nicht gibt: die Theorie der Quantengravitation. Mit der könnte man vielleicht den Zustand des Urknalls verstehen.
Was vor dem Urknall war, weiß keiner
Bis dahin gilt: Die Zeit ist mit dem Urknall entstanden. Weil wir es nicht besser wissen und es uns nicht anders erklären können, sagt Bruno Leibundgut, Astrophysiker von der Europäischen Südsternwarte ESO: "Die Frage, die oft gestellt wird - Was war vor dem Urknall? - ist wissenschaftlich nicht zu beantworten, weil wir einfach nicht die Möglichkeit haben, Rückschlüsse zu ziehen, was vorher war."
Philosophie kennt keinen Anfang der Zeit
Die Philosophie gibt sich damit aber nicht zufrieden. Sie eilt uns beim Thema Urknall und dem Anfang der Zeit mit ihrem gesunden Menschenverstand zu Hilfe. Unser Retter ist der Philosophie-Professor Johannes Hübner von der Uni Halle: "Es gibt so ein Argument, das sagt: Die Zeit kann keinen Anfang haben. Denn der Anfang der Zeit, das müsste ein Zeitpunkt sein. Und jeder Zeitpunkt zeichnet sich dadurch aus, dass er in Früher- und Später-Relationen zu anderen steht. Es muss also zu jedem Zeitpunkt ein früherer Zeitpunkt gedacht werden können."
Frage ohne Antwort
Damit legt sich Hübner mit dem berühmten Steven Hawking an. Der hat einmal gesagt: Zu fragen, was vor dem Urknall war, ist, als ob man fragt, was nördlicher vom Nordpol ist. Also eine völlig sinnlose Frage.
Hübner hält dem entgegen, dass man das schon fragen dürfe: "Wir können uns durchaus überlegen, dass es schon etwas gab, was da explodiert ist in dem Urknall - oder ob eben das Nichts explodiert ist. Das können wir durchaus sinnvoll fragen, denke ich." Allerdings, so sagt Hübner auch: Wenn man eine Antwort haben wolle, dann müsse man doch schon die Astrophysiker fragen.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR RADIO | 31. Dezember 2019 | 07:10 Uhr
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