Klimaerwärmung Globale CO2-Emissionen erreichen 2019 erneut Rekordhoch
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04. Dezember 2019, 01:00 Uhr
In Madrid bei der Weltklimakonferenz wird derzeit darum gerungen, wie die globalen Treibhausgas-Emissionen möglichst bald gesenkt werden können. Klimaforscher warnen eindringlich, dass es eine Trendwende geben muss, wenn die Erderwärmung noch einigermaßen kontrollierbar bleiben soll. Denn die Entwicklung verläuft völlig gegenteilig: Auch 2019 ist der weltweite CO2-Ausstoß weiter angestiegen, zeigt ein aktueller Bericht - zwar viel langsamer, dafür aber auf ein Rekordhoch.
Wie ein außer Kontrolle geratener Zug erreicht der Klimawandel auch dieses Jahr einen erneuten Höhepunkt, heißt es in der Mitteilung der US-Eliteuniversität Stanford. Denn der weltweite Kohlendioxidausstoß durch fossile Brennstoffe werde ein weiteres Rekordhoch erreichen: fast 37 Gigatonnen.
Einem aktuellen Bericht zufolge ist der globale Ausstoß des Treibhausgases CO2 aber im Vergleich zu den Vorjahren deutlich langsamer angestiegen. Mit einem Anstieg der Emissionen um 0,6 Prozent dürfte der Wert deutlich niedriger ausfallen als 2018 mit einem Plus von 2,1 Prozent, schreiben die Wissenschaftler vom "Global Carbon Project" unter der Leitung von Stanford-Professor Rob Jackson.
Wenn die gute Nachricht ist, dass das Emissionswachstum langsamer ist als im letzten Jahr, brauchen wir Hilfe. Wann werden die Emissionen denn sinken?
Der Forschungsverbund besteht aus anerkannten Klimaforschern und berechnet jedes Jahr die globalen Treibhausgas-Emissionen. Die Berechnungen sind in den Fachzeitschriften "Nature Climate Change", "Environmental Research Letters" und "Earth System Science Data" veröffentlicht worden.
Die Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre ist den Forschern zufolge 2019 ebenfalls weiter angestiegen. Sie werde im Jahresmittel voraussichtlich einen Wert von 410 ppm (parts per million) erreichen. Damit läge der Wert 47 Prozent über dem vorindustriellen, heißt es.
Etwas weniger Kohle - mehr Öl und Gas
Ein Grund für die Entwicklung ist dem Bericht zufolge, dass die Wirtschaft weltweit auch langsamer gewachsen sei. Ein gestiegener Verbrauch von Erdgas und Erdöl habe aber dennoch zu einem Plus bei den Emissionen geführt. Außerdem hätten die Emissionen aus Landnutzung den CO2-Ausstoß in die Höhe getrieben, so etwa durch Brandrodungen im Amazonasgebiet.
Der aktuellen Projektion des Forschungsverbunds zufolge ist es den Ländern der Europäischen Union und den USA gelungen, in diesem Jahr weniger Kohle zu verbrennen. In Indien und China habe sich der Anstieg des Kohleverbrauchs immerhin verlangsamt. Insgesamt seien aber die USA, die EU und China für mehr als die Hälfte aller Kohlendioxidemissionen weltweit verantwortlich.
Doch der Hoffnungsschimmer des sinkenden Kohleverbrauchs wird von dem weltweit steigenden Erdöl- und Erdgasverbrauch überschattet, heißt es weiter. Rund 40 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen seien auf den Kohleverbrauch entfallen, 34 Prozent auf Öl, 20 Prozent auf Erdgas und die restlichen 6 Prozent auf die Zementherstellung und andere Quellen.
Die Analyse, die mit der Veröffentlichung des Budgets einhergeht, zeigt sehr deutlich auf, dass derzeitige Rückgänge bei den Emissionen aus Kohle nicht ausreichen, um eine Wende bei den Emissions-Trends zu erzeugen: Der Verbrauch an Erdgas ist steigend und ersetzt die Kohle in den USA und der EU nur teilweise.
Außerdem seien die Pro-Kopf-Emissionen in den reichen Industrieländern unverhältnismäßig hoch geblieben. Liege der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Person weltweit bei etwa 4,8 Tonnen fossiler Kohlendioxidemissionen pro Jahr, verursache ein US-Amerikaner in etwa das Dreieinhalbfache dieses Betrags.
Das sei insbesondere deshalb problematisch, weil die Entwicklungsländer ausgerechnet durch Elektrizität aus Erdgas und benzinbetriebene Fahrzeuge mehr Wohlstand anstrebten. Deshalb müssten die wohlhabenden Länder eigentlich mehr Emissionen einsparen, als in den ärmeren hinzukämen, erklärt Prof. Pierre Friedlingstein vom "Global Carbon Project".
Besorgniserregend ist aber die steigende Nutzung von Erdgas. Es ist ein Irrglaube, Erdgas wäre die Lösung. Auch Erdgas ist nicht mit den Klimazielen vereinbar. Die globalen CO2-Emissionen – also auch die aus der Verbrennung von Erdgas – müssen bis 2050 auf null sinken, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen vorsieht.
Forscher fordern Politik zum Handeln auf
Zahlreiche Klimaforscher drängen auf schnelles Handeln in Sachen CO2-Ausstoß, um die Klimaerwärmung überhaupt noch kontrollieren zu können. Wie das gelingen kann, beraten die Länder der Vereinten Nationen derzeit bei der 25. UN-Klimakonferenz in Madrid. Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hatten sie sich auf eine Begrenzung der Erderwärmung deutlich unter zwei Grad geeinigt. Doch statt zu sinken, sind die CO2-Emissionen seitdem weltweit kräftig angestiegen. Geht es weiter wie bisher, dürfte es im Mittel bis 2100 zwischen 3 und 4 Grad wärmer werden, schätzen Experten.
Auch die Forscher vom "Global Carbon Project" fordern strengere nationale Regeln von der Politik sowie internationale Verpflichtungen, die CO2-Bepreisung zu unterstützen, die Verbesserung der Energieeffizienz zu beschleunigen, den Energieverbrauch zu senken, Elektrofahrzeuge einzusetzen, die Entwicklung von Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung zu beschleunigen und fossile Brennstoffe durch erneuerbare Quellen zu ersetzen. "Wir brauchen jeden Pfeil in unserem Klimaköcher", fasst es Stanford-Professor Jackson zusammen. Und das bedeute eben auch stärkere politische Anreize zu setzen für "erneuerbare Energien, sogar Ernährungsumstellungen sowie Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung."
EAA: Herausforderungen beispiellosen Ausmaßes
Auch die Europäische Umweltagentur (EEA) warnt in ihrem Fünfjahresbericht zur Lage und zu den Aussichten der Umwelt in Europa eindringlich:
Demnach steht Europa beim Kampf für Klimaschutz und Artenvielfalt im Jahr 2020 vor Herausforderungen beispiellosen Ausmaßes und noch nie dagewesener Dringlichkeit. Um den Herausforderungen zu begegnen und den Wohlstand der Zukunft zu sichern, sei ein Kurswechsel dringend nötig. Es handle sich um die "entscheidende Herausforderung dieses Jahrhunderts".
In Hinblick auf die EU-Klimaziele 2030 ist die EEA besonders kritisch. Die gesteckten Zielvorgaben würden nicht erreicht, wenn in den kommenden zehn Jahren nicht mit aller Kraft gegen das alarmierende Maß des Artenverlustes, die zunehmenden Folgen des Klimawandels, sowie den übermäßigen Verbrauch natürlicher Ressourcen vorgegangen werde, hieß es von der in Kopenhagen ansässigen Behörde. Europa mache keine ausreichenden Fortschritte.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 02. Dezember 2019 | 19:30 Uhr
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