Paläontologie Evolution im Geiseltal: Mini-Pferde und Riesen-Tapire
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27. März 2020, 11:43 Uhr
Der Braunkohlebergbau hat neben Kohle auch andere Dinge ans Tageslicht geholt: Im Geiseltal westlich von Merseburg wurden im vergangenen Jahrhundert außergewöhnlich viele gut erhaltene Tierfossilien geborgen. Millionen Jahre lang lagen sie konserviert in der Erde. Heute geben sie uns einen einzigartigen Einblick in die Säugetier-Evolution vor 47 Millionen Jahren. Ein Forschungsteam aus Halle und Tübingen hat sich zwei Arten genauer angeschaut - mit überraschenden Ergebnissen.
Ausgedehnte Sumpflandschaften wie in den Everglades in Florida, üppiger Wald und eine vielfältige Tierwelt voller Krokodile, Vögel, Eidechsen, Lemuren oder Urpferde: Im mittleren Eozän - vor rund 40 Millionen Jahren - war das Klima im Geiseltal viel wärmer als heute. Das ganze Jahr war es subtropisch mild, erläutert Oliver Wings von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er ist der Kustos der Geiseltalsammlung:
Unsere Gegend hier war so auf der Höhe ungefähr von Rom - also in der geografischen Breite von Rom. (…) Wir waren eigentlich ziemlich nah an der Küste. Nicht weit nördlich von uns ging damals schon das Meer los. Die ganze Gegend hier war bedeckt von Sümpfen.
In dieser Sumpflandschaft standen von Wasser bedeckte Pflanzen. Aus ihnen wurde über Jahrmillionen die Braunkohle. Darin eingeschlossen: Zehntausende gut erhaltene Fossilien, die einen Zeitraum von fünf Millionen Jahren abdecken. Um mehr über die Evolution in dieser langen Zeit zu erfahren, hat das Forschungsteam sich die Urpferdchen ganz genau angeschaut, erläutert Wings. Bei den den Proben aus den Ablagerungen sind einige besonders ergiebig:
Insbesondere Zähne, weil isolierte Zähne bleiben natürlich am allerbesten erhalten.
Die Analyse der Zähne habe auf ein feuchtes Tropenklima hingewiesen. Hinweise darauf, dass sich das im Laufe des untersuchten Zeitraums grundsätzlich geändert hätte, fanden die Forscher nicht. Doch bei der Analyse von mehreren Dutzend Urpferdchen-Zähnen fiel auf, dass die immer kleiner wurden:
Wir haben das durchschnittliche Körpergewicht errechnet und festgestellt, dass die Pferde ihr Körpergewicht innerhalb von einer Million Jahren von 39 Kilogramm auf rund 26 Kilo Körpergewicht verringert haben.
So ein Urpferdchen ist also auf die Maße eines mittelgroßen Hundes geschrumpft. Zum Vergleich untersuchte das Team auch die Evolution früher Tapire.
Das überraschende Ergebnis: Die Tapire haben sich völlig gegensätzlich entwickelt. Sie legten im gleichen Zeitraum von durchschnittlich 124 Kilo Körpergewicht zu, auf 223 Kilo. Das entspricht in etwa der Größe einer Kuh. Eine echte Überraschung für das Forschungsteam:
Wie kann es sein, dass die einen leichter werden und die anderen schwerer? Wahrscheinlich sind das unterschiedliche Strategien gewesen, um genügend Nahrung zu finden.
Die Lebenszyklen seien unterschiedlich gewesen: Kleine Tiere pflanzen sich schneller fort, sterben jünger und müssen nicht so viel Nahrung zu sich nehmen. Sie können mehr Ressourcen in ihre Nachkommen stecken. Größere Tiere dagegen leben länger und haben weniger Nachwuchs, aber auch weniger Fressfeinde. Für den Tapir war die Entwicklung offenbar sinnvoll: Er lebt noch heute in subtropischen Gebieten und wiegt ähnlich viel. Beim Pferd dagegen hat sich in den vergangenen 47 Millionen Jahren evolutionär noch so einiges getan, bis es vom kleinen Urpferdchen zum großen Reitpferd geworden ist.
Link zur Studie
Die Forschungsergebnisse sind unter: "Simon J. Ring, Hervé Bocherens, Oliver Wings & Márton Rabi: Divergent mammalian body size in a stable Eocene greenhouse climate" in Scientific Reports erschienen.
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