Ein saftiges Steak
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Studie Acht Stellschrauben für nachhaltige Ernährung

26. März 2024, 13:41 Uhr

So viel essen, dass es für alle reicht: Wie wir uns jetzt ernähren, funktioniert das langfristig nicht. Nur - wie kann ein Wandel zu nachhaltigen Ernährungssystemen glücken und wer ist dafür verantwortlich? Eine neue Studie versucht, Antworten zu geben.

Mit dem Fleischkonsum ist es wie mit dem Unverpacktladen: Theoretisch mögen wir die Idee, nur so viel einzukaufen, wie wir auch essen und dabei auch noch weniger Verpackungsmüll zu verursachen. Genauso mit Fleisch und Wurst: Theoretisch wissen wir, dass wir zu viel davon essen. Praktisch packen die meisten dann doch wieder im Supermarkt den Wagen voll und knabbern regelmäßig am Hühnerbein oder zerfleischen genüsslich ein Steak. Auch wenn "die große Fleischportion anrüchig geworden ist und einen ranzigen Beigeschmack hat", wie Buchautor Manfred Kriener pointiert sagt, der unter anderem über den Wandel der Esskultur ein Buch geschrieben hat. Aber wie genau kommen wir da hin, zu einer Ernährungsweise, die nur so viel an Ressourcen auf der Erde verbraucht, dass alle satt werden und zwar auf lange Sicht?

Es fängt im Kopf an

Genau darüber hat sich ein internationales Forschungsteam anhand von Innovationen von früher und heute Gedanken gemacht, und abschließend acht Stellschrauben dafür benannt, wie unser Nahrungsmittelsystem langfristig funktionieren kann. Es werden nicht allein neue Technologien sein, die das Ernährungssystem komplett umkrempeln werden, sagen die Forschenden in ihrer Studie. Vieles fängt im Kopf an, bei Verbrauchern, Entscheidern in Politik, Wirtschaft und Herstellern und Unternehmen - ein langfristiger Prozess, an dessen Anfang wir erst stehen.

Ein Beispiel dafür sind Forschungen und Versuche mit Fleischersatzprodukten auf Insekten- oder Pflanzenbasis. Es wird sozialen Wertverschiebungen geben, sagen die Forscher, weg vom "ich-kann-mir-jeden-Tag-ein-Steak-in-die-Pfanne-hauen" hin zum Blick auf die Fleischproduktion und dem Wunsch zu nachhaltigerer Produktion oder verändertem Konsumverhalten. Das liegt nicht allein am Privathaushalt, es braucht die nachhaltige Ausrichtung des Nahrungsmittelsystems auf Entscheider-Ebene, sagen die Forscher. Neben soliden und transparenten wissenschaftlichen Zielen braucht man aber auch eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung dafür. Und die fällt nicht vom Himmel, sondern hängt von vielen Faktoren ab.

3 Burger stehen in Zürich (Schweiz) zur Verkostung bereit. Verkostet werden Burger und Meatballs mit Mehlwürmern als Zutaten.
Gewohnheitssache? Burger mit Mehlwurm-Klopsen Bildrechte: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland. | Walter Bieri

Studien-Mitautor Benjamin Bodirsky vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sagt, Innovationen gedeihen unter den richtigen politischen Bedingungen und gesellschaftlicher Akzeptanz. Pflanzliche Fleisch- und Milchersatzprodukte seien ein gutes Beispiel dafür: "Rezepte für Seitan, Sojamilch oder Tofu gibt es schon lange. Aber erst in den letzten Jahren, mit dem steigenden Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für Fragen der Umwelt, der Gesundheit und des Tierschutzes, ist ein Klima für Verhaltensänderungen entstanden - und die Unternehmen sehen die Geschäftschancen." Inzwischen werden die Technologien verfeinert, damit die Produkte besser schmecken und weniger kosten. Fleisch auf pflanzlicher Basis werde unser Ernährungssystem grundlegend verändern, sagt Bodirsky - und diese Transformation laufe gerade an.

Acht Stellschrauben, an denen wir drehen können

Frittierte Heuschrecken und andere Insekten werden auf einem Markt angeboten
Andernorts gängige Snacks: Frittierte Heuschrecken und andere Insekten. Bildrechte: Colourbox.de

Aber an welchen Schrauben muss nun gedreht werden, damit das Nahrungsmittelsystem zu unseren Ressourcen passt? Die erste der acht Stellschrauben sitzt quasi im Kopf der Menschen: "Transforming Mindsets", nennen die Forschenden das. Was nützen die schönsten Innovationen für die Agrarwirtschaft, wenn Entscheidungsträger und Akteure auf diesem Feld weder Vorteile noch Nachteile gegeneinander abwägen können. Und das funktioniere nur, wenn beide bereit seien, sich auf Innovationen einzulassen. Als zweiten Punkt nennt die Studie die Sensibilisierung und Akzeptanz der Menschen für Innovationen. Problematisch wird es allerdings dann, wenn zwar theoretisch Technik da ist, aber vor Ort das Know-How darüber fehlt. Dritte Stellschraube ist die Stabilität von Politik: Lassen sich Unternehmen auf Innovationen ein und entwickeln zum Beispiel kohlenstoffarme Technologien, ist es entscheidend, dass die Politik den technologischen Wandel verlässlich begleitet.

Was befeuert Mut zu Forschung und Entwicklung?

Und dafür braucht es 4. entsprechende Anreize, damit die Firmen, die in die Entwicklung Geld stecken, auch langfristig davon profitieren. Geschichtlich betrachtet waren solche Versuche die Einführung von Patentschutz oder Subventionen in Entwicklungsphasen. Aktuelle Beispiele dafür gibt es in vielen Branchen, zum Beispiel Drohnen, Algen als Futtermittel, Fleischersatzprodukte. Als 5. wichtigen Punkt nennt die Studie den Schutz vor "unerwünschten Begleiterscheinungen" durch eine entsprechende Politik. Wenn in Nahrungsmittel-Kreislaufwirtschaften je nach Land zum Beispiel unterschiedliche Vorschriften greifen, ist die schönste Innovation für die Katz, wenn sie hier gesetzeskonform ist, woanders dagegen nicht.

Stabile Rahmenbedingungen

Als Stellschraube 6 nennt die Studie die Finanzierung - sie muss so langfristig sein, dass Technologie auch langfristig getestet und eingeführt werden kann. Ein weiterer wichtiger Faktor - Punkt 7 - ist das Vertrauen, das in neue Techologien geschaffen werden muss. Wichtig dabei sei, dass die sozial akzeptiert würden und nicht mit dem kulturellen Gewissen kollidieren. Als 8. Stellschraube beschreiben die Forscher, das auch Übergangswege bedacht werden müssten: Der Transitionsprozess von einem Ernährungssystem zu einem anderen.

Der Erfolg all dieser Maßnahmen wird nach Auffassung der Forschungsgruppe langfristig zu einem besseren Wohlstand und gesünderen Umwelt führen; ein Scheitern dagegen birgt viel mehr als die Gefahr, dass wir zu wenig Nahrung haben.

Wie heißt die Studie, die bei "Nature food" veröffentlicht wurde?

"Innovation can accelerate the transition towards a sustainable food system"

(lfw)

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