Glasfaser Forscher messen Seebeben mit Telefonleitung
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19. Dezember 2019, 07:00 Uhr
Dank des Internets sind heute fast alle Ozeane von großen Glasfaserleitungen durchzogen. Forscher haben jetzt Methoden entwickelt, wie diese Leitungen zugleich als Sensoren für Unterseebeben genutzt werden können.
Erdbeben am Meeresgrund können verheerende Folgen haben. Mitunter lösen sie Tsunamis aus, also tödliche Wellen, die zu Überflutungen mit gewaltigen Schäden führen können, wie 2004 im indischen Ozean. Zugleich sind die Böden der Meere bislang aber nur schwierig zu überwachen, weil installierte Sensoren kompliziert gegen Strömungen geschützt und mit Energie versorgt werden müssen.
Glasfaserkabel können auch als Sensoren verwendet werden
Französische Forscher schlagen jetzt allerdings eine neue, deutlich kostengünstigere Methode vor. Sie zeigen, dass sich die großen Telekommunikationsleitungen als Erdbebensensoren nutzen lassen. Insgesamt verlaufen heute 1,2 Millionen Kilometer dieser Leitungen auf dem Grund der Meere und leiten etwa die Daten des Internets oder Telefonanrufe weiter. Die meisten dieser Leitungen bestehen aus optischen Kabeln, also etwa Glasfaser. Das eröffne neue Einsatzmöglichkeiten, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt "Nature Communications".
So sei es etwa möglich, die Phasenstabilität moderner Lasersignale in den Leitungen zu überwachen. Mit kleinsten Schwankungen lassen sich Erdbeben messen. Eine andere Methode ist, kleine Unreinheiten in den optischen Kabeln zu nutzen, um die davon reflektierten Lichtsignale zu analysieren.
Erdbeben konnte im Kabel mit der Präzision einer Erdbebenwarte gemessen werden
Ihre Ideen testete das Team an einer 41 Kilometer langen Leitung, die bei Tulon an der Côte d'Azur ins Mittelmeer verläuft. Diese 41 Kilometer entsprächen etwa 6.000 seismischen Sensoren. Während des Testlaufs ereignete sich ein kleines Seebeben mit 1,9 auf der Richterskala. Die Wissenschaftler maßen dieses Beben an allen Messpunkten im Kabel mit der fast genau gleichen Genauigkeit, mit der auch eine Erdbebenwarte am Land die Erschütterung feststellte. Dabei war das Epizentrum des Bebens rund 100 Kilometer entfernt von der Leitung.
Das Team schlägt weitere Anwendungen vor. So könnte mit ähnlichen Methoden Schall im Ozean gemessen werden. Das ließe sich nutzen, um etwa Wale zu beobachten oder Schiffslärm zu überwachen. Auch ließen sich kleinste Wellenbewegungen am Meeresgrund messen. So könnten Geophysiker analysieren, wie die Wassermassen der Ozeane mit dem Erdmantel interagieren.
(ens)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Aktuell | 15. Dezember 2019 | 19:00 Uhr
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