Forschung aus Halle Wie Implantate besser einheilen könnten
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05. Juli 2020, 12:31 Uhr
Ob Herzschrittmacher oder Insulinpumpe: Solche Implantationen sind längst kein medizinisches Neuland mehr. Und gegen Störungen bei der Wundheilung ist zwar noch kein Kraut gewachsen, aber eine erfolgversprechende Methode in Halle.
Implantationen von Herzschrittmachern, Insulinpumpen, Ersatzzähne, Brustimplantate gehören zum medizinischen Tagesgeschäft. Wie der Körper reagiert, weiß vorher niemand. Manchmal wehrt das Immunsystem die neuen Fremdkörper so vehement ab, dass sich chronische Entzündungen entwickeln. Schlimmstenfalls müssen dann Implantate sogar wieder entfernt werden, wenn dadurch der umliegende Knochen oder das Gewebe beschädigt oder zerstört werden.
Immunsystem soll Krankheitserreger in Schach halten, aber nicht überreagieren
Solche langwierigen und manchmal auch gefährlichen Komplikationen beim Einheilungsprozess von Implantaten könnten künftig verhindert werden. Professor Thomas Groth lehrt und forscht an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg und hat mit einem Team einen neuen Ansatz dazu entwickelt. Die Idee ist einfach - man drosselt das Immunsystem, damit aus der Wundheilung keine chronische Entzündung wird. Für die Körperabwehr ist das aber eine Art Quadratur des Kreises.
Einerseits sollen die Fresszellen, die Makrophagen also, schädliche Keime finden und unschädlich machen, gleichzeitig sollen sie aber nicht so stark arbeiten, dass der Heilungsprozess in eine chronische Entzündung mündet. Denn die können schlimmstenfalls dazu führen, dass Implantate nicht gut einheilen, nicht funktionieren, das OP-Ergebnis ästhetisch nicht stimmt, oder die Implantierten ständig Schmerzen haben.
Entzündungshemmende Schicht für die Implantate
Des Rätsels Lösung ist den Halleschen Forschungen zufolge eine minimale Beschichtung der Implantate mit entzündungshemmenden Stoffen wie Heparin und Hyaluron-Säure. Im Laborversuch hat das funktioniert. Dabei wurden auf Oberflächen nanomillimeterdicke Schichten von entzündungshemmenden Stoffen aufgetragen. Es zeigte sich, dass die Makrophagen diese Stoffe aufnehmen und sich die Entzündung in den Zellproben verringerte. Unbehandelte Zellen dagegen zeigten deutliche Anzeichen für eine ausgeprägte Entzündungsreaktion. Was bei der Methode wichtig ist, erklärt Forschungsleiter Professor Thomas Groth so:
Die Schicht ist so dünn, dass sie die Funktion des Implantats nicht beeinträchtigt. Sie muss aber so viel Wirkstoff enthalten, dass die Reaktion des Immunsystems so lange kontrolliert wird, bis die Entzündungsreaktion abgeklungen ist.
Wie wirkten die Beschichtungen?
Und wie funktioniert das? Die Wirkstoffe behindern Groth zufolge in den Makrophagen einen bestimmten Signalweg, der maßgeblich für die Immunantwort und den Zelltod ist. Heparin, das sich zum Beispiel frischoperierte Kaiserschnitt-Mütter in den ersten zehn Tagen nach der Operation spritzen müssen, damit sich keine Blutgerinnsel bilden, entpuppte sich in dem Versuch als effektiver als Hyaloron, da es von Makrophagen-Zellen aufgenommen werden kann.
Ob überhaupt, und wenn ja, wie wie schnell diese Beschichtung eingesetzt werden kann, ist noch offen. Dazu braucht es weitere Studien an echten Implantaten und Modellorganismen. "Bis die Methode für Implantatmaterialien beim Menschen eingesetzt werden kann, werden möglicherweise noch zwei bis drei Jahre vergehen," sagt Groth. Anwendungsbereiche jedenfalls für die Beschichtung gibt es aus medizinischer Sicht viele. Nicht nur für Kunststoffmaterialien, sondern auch für Implantate aus Keramik, auf Kabeln von Herzschrittmachern oder Brustimplantaten.
(lfw)
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