Astrophysik Warum ist die Milchstraße krumm?
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03. März 2020, 16:33 Uhr
Wir kennen die Bilder von Galaxien, flachen Scheiben, die durchs All treiben. Nur bei der Milchstraße ist das anders. Obwohl wir gar nicht von außen auf unsere Heimatgalaxie schauen können, wissen wir, dass sie krumm ist – und jetzt auch, warum.
Wenn wir – zum Beispiel mit dem Hubble-Teleskop – Bilder von fernen Galaxien aufnehmen, dann sehen wir oft flache Scheiben, meist als Spiralen. Auch unsere Milchstraße ist so eine Spirale – aber sie ist im Gegensatz zu vielen anderen nicht flach. Aber warum ist die Milchstraße krumm?
Seit den 1950er-Jahren, als das Phänomen bekannt wurde, gibt es verschiedene Theorien dazu. Sie reichen von intergalaktischen Magnetfeldern bis zu unsichtbarer oder dunkler Materie, deren Gravitationskräfte für die Krümmung verantwortlich sein könnten. Neue Daten zeigen jedoch, dass es vermutlich einen anderen Grund gibt: Unsere Milchstraße kollidiert mit einer anderen, kleineren Galaxie.
Woher stammen die neuen Daten?
Um solche Aussagen treffen zu können, braucht man jede Menge Daten. Und die lieferte der ESA-Sternkartierungssatellit Gaia. Nicht ohne Stolz sprechen die ESA-Verantwortlichen daher von einer "Revolution". "Mit Gaia haben wir zum ersten Mal eine große Datenmenge über eine große Anzahl von Sternen, deren Bewegung so genau gemessen wird, dass wir versuchen können, die Bewegungen der Galaxie im großen Maßstab zu verstehen und ihre Entstehungsgeschichte zu modellieren", so der stellvertretende Gaia-Projektwissenschaftler der ESA, Jos de Bruijne.
Was hat der Satellit gemessen?
Gaia erlaubt es seit 2014, die Milchstraße in 3D abzubilden. Dazu werden die Positionen von mehr als einer Milliarde Sternen am Himmel genau bestimmt und ihre Entfernung geschätzt. Das Teleskop misst auch die Geschwindigkeiten, mit denen sich einzelne Sterne am Himmel bewegen. Das ermöglicht es, die Positionen in der Zukunft und der Vergangenheit darzustellen, so die ESA.
Es ist, als hätte man ein Auto und versucht, die Geschwindigkeit und Fahrtrichtung dieses Autos über einen sehr kurzen Zeitraum zu messen und dann anhand dieser Werte die vergangene und zukünftige Bahn des Autos zu modellieren.
Und diese Gaia-Daten zeigen, dass die Verzerrung der Milchstraße nicht statisch ist, sondern sich verändert – allerdings in sehr langen Zeiträumen. 600 bis 700 Millionen Jahre dauert diese Änderung. Physikalisch gesehen eine Präzession. Das ist die Richtungsänderung der Rotationsachse eines rotierenden Körpers – wie das Wackeln eines Kreisels, nur in kosmischen Dimensionen. Wenn unsere Milchstraße für eine Umdrehung rund 220 Millionen Jahre braucht, wäre der Wackler also alle drei Umdrehungen spürbar. Klingt langsam, ist es aber nicht.
Das ist viel schneller als erwartet, basierend auf Vorhersagen anderer Modelle.
Für Eloisa Poggio vom Astrophysical Observatory in Turin, Italien, Hauptautorin der in "Nature" veröffentlichten Studie ist es daher der Beweis, dass hier etwas noch Mächtigeres am Werk ist – und das könnte eine Kollision mit einer anderen Galaxie sein.
Mit wem kollidiert die Milchstraße?
Welche Galaxie mit unserer Milchstraße kollidiert, wissen die Forscher allerdings noch nicht. Ein Kandidat ist die Sagittarius-Zwerggalaxie, nur 70.000 Lichtjahre von unserer Galaxie entfernt, also kosmisch gesehen ein direkter Nachbar. Die Astronomen nehmen an, dass Sagittarius in der Vergangenheit bereits mehrmals durch die galaktische Scheibe der Milchstraße geflogen ist und irgendwann von der Milchstraße absorbiert wird.
Link zur Studie
Die Untersuchung der Forscher ist unter dem Titel "Evidence of a dynamically evolving Galactic warp" in nature astronomy veröffentlicht worden.
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