Weißwedelhirschkuh steht in der Abendsonne.
Forscher fanden Sars-CoV-2 in einer ganzen Reihe von Proben von Weißwedelhirschen im US-Bundesstaat Iowa (Archivbild). Bildrechte: imago/imagebroker

Sars-CoV-2 Hirsche, Hamster, Katzen, Hunde: Corona bei Wild- und Haustieren

08. Februar 2022, 17:01 Uhr

Menschen und Tiere stecken sich gegenseitig mit Corona an. Das zeigt sich bei tausenden Hamstern in Hong Kong, bei weiteren Haustieren wie Hunden und Katzen und auch bei Wildtieren wie Weißwedelhirschen in den USA.

Kann der Kampf gegen das Sars-Coronavirus-2 allein in der Human-Medizin gewonnen werden? Wahrscheinlich nicht! Das denken inzwischen eine ganze Reihe von Forschenden, die untersucht haben, wie Menschen Tiere ansteckten – und mitunter auch, wie die Tiere dann wieder Menschen infizierten. Den ACE-2 Rezeptor, über den das Virus in menschliche Zellen gelangt, gibt es bei einer Vielzahl von Wirbeltieren, die dadurch potenzielle Wirte von Sars-CoV-2 werden könnten oder es bereits sind. Daher sei ein "One Health" Ansatz notwendig, bei dem die Verbreitung des Virus über Artgrenzen hinweg besser überwacht wird, argumentieren deshalb Forschende wie aktuell Suresh Kuchipudi und seine Kollegen von der Pennsylvania State University in den USA.

Haustiere: In Deutschland bislang nur eine Corona-Ansteckung eines Hundes bekannt

Bereits die meisten Theorien zur Herkunft von Sars-CoV-2 gehen davon aus: Der Vorfahr des Pandemievirus stammt aus dem Tierreich und zwar wahrscheinlich aus Fledermäusen, wo die bislang genetisch am engsten verwandten Viren entdeckt wurden. Im Herbst 2020 zeigte sich dann in Dänemark: das Virus kann auch von den Menschen wieder auf Tiere übertragen werden. Züchter hatten in Farmen gehaltene Nerze mit Sars-CoV-2 angesteckt, woraufhin sich das Virus solange in den Zuchttieren vermehrte, bis die Behörden die Tötung der betroffenen Bestände anordneten.

In seltenen Fällen können sich auch Hunde und Katzen bei ihren Besitzern anstecken, stärker übertragbare Virusvarianten sind laut experimentellen Studien auch ansteckender für Haustiere. Das für Tiergesundheit zuständige staatliche Friedrich-Löffler-Institut hat in Deutschland bislang aber nur 13 solcher Fälle gezählt, davon zwölf bei Katzen und nur eine bei einem Hund.

Und in Hong Kong führten mit Corona infizierte Hamster tatsächlich zu einem Ausbruch der Krankheit bei ihren menschlichen Besitzern, wie eine Arbeitsgruppe um Hui-Ling Yen von der Universität Hong Kong jetzt bestätigt hat. Die Behörden hatten dort die Tötung von fast 2.000 Hamstern angeordnet, was zu Protesten von Tierschützern führte. In Deutschland empfehlen die Behörden mit Corona infizierten Tierbesitzern, dass sie engen Kontakt zu Hunden und Katzen vermeiden sollen, solange sie ansteckend sind.

Zahlreiche Übertragungen von Sars-CoV-2 während der Jagd auf Weißwedelhirsche

Noch folgenreicher könnten die Erkenntnisse des Teams von Suresh Kuchipudi sein, die die Forschenden jetzt im renommierten Journal PNAS veröffentlicht haben. Demnach haben Menschen im Herbst 2020 im ländlichen Bundesstaat Iowa bei mehreren Gelegenheiten Weißwedelhirsche mit dem Virus angesteckt. Und die Tiere wiederum verbreiteten das Virus anschließend in ihrer eigenen Population weiter.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 283 Proben, die sie den Lymphknoten im Hals von 283 Weißwedelhirschen entnommen hatten. 151 davon waren wildlebende Tiere, 132 lebten in Wildgehegen. 94 dieser Proben waren positiv auf das Virus. Hier bestimmten die Forscher anschließend die Virusvarianten durch Genomanalysen. Dabei fanden sie eine Vielzahl von Virustypen bei den Tieren, was für zahlreiche unabhängige Übertragungen spreche, so die Autoren in ihrer Studie.

Weißwedelhirsche zeigten hohe Viruslast

Dafür sprechen auch die Orte der Funde positiver Proben. Der erste Fall sei im September 2020 bei einem in einem Wildgehege gehaltenen Hirsch im Südosten von Iowa bestätigt worden. Kurz darauf sei ein weiteres, rund 300 Meilen entfernt bei einem Verkehrsunfall getötetes Tier positiv auf das Virus getestet worden. Die allermeisten positiven Ergebnisse wurden dann im November (22) und Dezember (61) festgestellt, parallel zum Höhepunkt der jährlichen Jagdsaison auf die Tiere und kurz nach dem Höhepunkt der Herbstinfektionswelle bei den Menschen.

Ein näher untersuchtes Cluster von Hirschen in einem Wildgehege zeige zudem, dass die Tiere das Virus sehr gut untereinander übertragen könnten. Dort habe es den ersten bestätigten Fall im September 2020 gegeben, gefolgt von einer zweiten positiven Probe vom Oktober, gefolgt von 38 positiven Proben im November und zehn weiteren im Dezember. Bei der Analyse der Lymphknoten fanden die Forscher hohe Viruslasten, was für eine starke Übertragbarkeit zwischen den Tieren spreche. Anzeichen für starke Symptome habe es dagegen nicht gegeben, es hätten sich lediglich geschwollene Nasenschleimhäute und mitunter eine leichte Bronchitis gezeigt.

Forscher: Längere und engere Überwachung der Virusausbreitung bei Tieren notwendig

In Deutschland und anderen europäischen Ländern sind laut FLI-Sprecherin noch keine Coronafälle bei Wildtieren bekannt. Forscher des FLI untersuchen derzeit Proben von Wildtieren nach Antikörpern gegen das Virus, die ein Hinweis auf eine durchgemachte Infektion wären. Hier gebe es bislang aber noch keine positiven Befunde.

In ihrer Studie ziehen Kuchipudi und seine Kollegen allerdings das Fazit, dass es proaktivere und robustere "One Health" Ansätze brauche, "um die Ökologie und Evolution von Sars-CoV-2 bei Hirschen und anderen Tierarten besser zu verstehen." Die Tiergesundheit solle aktiver und durch länger andauernde Studien besser überwacht werden. In den USA gibt es rund 25 Millionen Weißwedelhirsche und damit ein großes Tier-Reservoir für das Virus.

Quellen

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