Ein Foto der Erde mit dem afrikanischen Kontinent im Zentrum,. viele detaillierte Wolken
Kaum ein Covid-19-Sonderprogramm erwähnt globale Belastungsgrenzen als mögliches Risiko, deren Überschreitung resiliente Gesellschaften vermeiden sollten. Bildrechte: EUMETSAT/ESA

Resilienz Covid-19-Programme: Afrikanische Länder nach Corona widerstandsfähiger als der Westen

11. Mai 2023, 17:05 Uhr

Fast alle Corona-Sonderprogramme sollen Staaten und Gesellschaften in Zukunft resilienter, also widerstandsfähiger aufstellen. Eine neue Studie zeigt, dass das aber nur relativ armen Ländern des Südens gelingt.

Corona hat gezeigt, wie leicht die globalisierte Gegenwart durch ein neues Virus in eine weltweite Krise geraten kann. Auch die Bankenkrise von 2008 hatte weltweite Dominoeffekte ausgelöst und aktuell ist es der Krieg in der Ukraine, der vielen Ländern die Abhängigkeit von kritischen Importen vor Augen führt, sei es wie im Fall Deutschlands das Erdgas oder seien es Getreidelieferungen wie in vielen Ländern Afrikas.

Viele Covid-19-Sonderprogramme haben sich daher auf die Fahnen geschrieben, Wirtschaften und Gesellschaften widerstandsfähiger, also resilienter machen zu wollen. Haben sie diese Versprechen eingehalten? Eine neue Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung kommt zu einem ernüchternden Ergebnis, birgt aber auch eine Überraschung. Demnach schneiden einige Länder Afrikas wesentlich besser ab als entwickelte Länder des Westens.

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. 55 min
Bildrechte: MDR WISSEN, Panthermedia

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Kaum ein Programm definiert Verständnis von Resilienz

Die Forschenden um PIK-Direktor Johann Rockström haben Sonderprogramme zur Überwindung der Corona-Pandemie von insgesamt 16 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen sowie 66 Ländern untersucht. Alle einbezogenen Pakete waren zwischen Juni 2020 und Juli 2021 beschlossen worden. Zwar habe eine übergroße Mehrheit der Programme die Förderung von Resilienz als Ziel ausgegeben. Aber lediglich ganze vier Pakete hätten überhaupt dargelegt, was darunter verstanden wird.

In der Wissenschaft gibt es seit den 1970ern Diskussionen über die Frage, wie Gesellschaften angesichts ihrer wachsenden Abhängigkeiten von Technologien und Handel widerstandsfähiger werden können. Laut den Autoren der aktuellen Studie umfasst der Resilienz-Begriff dabei deutlich mehr, also nur die Fähigkeit, nach einer Krise so schnell wie möglich in den Ausgangszustand zurückzufedern.

Was bedeutet Resilienz? Resiliente Gesellschaften können Schocks aushalten, gehen gefährlichen Kipppunkten frühzeitig aus dem Weg und können mit Überraschungen umgehen. Widerstandsfähige Organisationen halten sich Optionen offen und sind in der Lage, sich durch Reformen aus Krisen und Sackgassen herauszuarbeiten.

Fünf Attribute sind dafür ausschlaggebend: [1.] Diversifizierung (Vermeidung von einseitigen Abhängigkeiten), [2.] Redundanz (Ersatzmöglichkeiten bereithalten für den Fall von Ausfällen). [4.] Konnektivität und Modularität (bsp. gegenseitige Unterstützung von Systemen und Förderung von regionaler Versorgung, beispielsweise bei Energie und Lebensmitteln), [4.] Inklusion und [5.] Gerechtigkeit (Verwundbare Gruppen schützten und so dafür Sorge tragen, dass Wertschöpfungsketten bei Störungen schneller wiederhergestellt werden können.

Zwischen einzelnen dieser Merkmale kann es dabei durchaus zu Konflikten kommen, weshalb Programme auf das Zusammenspiel achten müssen. Eine zu starke Diversifizierung etwa mache Prozesse zu unübersichtlich. Eine sehr große Redundanz könne Organisationen extrem bürokratisch machen und so weiter. Bei falscher Steuerung können solche Faktoren dann tatsächlich die Anfälligkeit für Risiken sogar vergrößern.

Investitionen in Höhe von 20 Billionen Dollar haben Welt nicht resilienter gemacht

Wurde Resilienz in den Covid-19-Programmen definiert, etwa im Fall der Europäischen Union, dann wurde darunter vor allem eine möglichst rasche Rückkehr zum Status Quo verstanden. Kaum eine der Organisationen – weder die Weltbankgruppe, noch der Internationale Währungsfonds oder das Weltwirtschaftsforum – bezog bekannte globale Belastungsgrenzen in die Betrachtung von Risiken ein. Nur zwölf der insgesamt 66 untersuchten Länder erwähnten Resilienz in ihren Covid-19-Plänen auch in Bezug auf Klimawandel.

Einige Organisationen und Staaten, darunter die Europäische Union, haben Strategien gegen den Klimawandel zwar zum Teil der Investitionspakete gegen Covid-19 gemacht. In den Politikplänen sei das Ziel allerdings nicht erwähnt worden, so die Studienautoren. In Summe lasse sich sagen: Die über 20 Billionen US-Dollar, die weltweit gegen Covid-19 ausgegeben wurden, hätten keine widerstandsfähigere, grünere Zukunft zum Ziel gehabt.

Belastungen in afrikanischen Ländern blieben handhabbar

Doch dabei gibt es aus Sicht der Forscher ein paar wenige Ausnahmen: Während es den meisten Programmen der entwickelten Länder klar an Konzepten fehlt, Gesellschaften resilienter zu machen, habe die Coronakrise eine hohe Resilienz bei viele Strukturen afrikanischer Länder gezeigt. "Arme Gemeinschaften können den wohlhabenderen Teilen der Weltgesellschaft Lektionen in Sachen Widerstandsfähigkeit im Umgang mit Covid-19 erteilen", heißt es in der Studie.

Denn obwohl durch die Pandemie viele Menschen in den einkommensschwachen Ländern gestorben sind, hätten Staaten und Gesellschaften Widerstandsfähigkeit bewiesen. "Die afrikanischen Länder lokale Gesundheitsarbeiter und Bevölkerung effektiv mobilisiert, um die Reichweite, Kapazität und Qualität ihrer Gesundheitssysteme zu erhöhen." Die Belastung für verwundbare Gruppen sei so handhabbar geblieben.

Links/Studien

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 21. April 2021 | 08:00 Uhr

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