Covid-19 Was am möglichen Corona-Impfstoff aus Dessau besonders ist
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31. Juli 2020, 20:50 Uhr
IDT Biologika aus Dessau will ab Herbst als drittes deutsches Unternehmen einen Coronaimpfstoff klinisch testen. Was den Stoff von Mitbewerbern unterscheidet und welche Forscher dahinterstehen.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) verkündete die gute Nachricht am Mittwoch: Die Dessauer Firma IDT Biologika ist eines von drei Unternehmen in Deutschland, das für die Förderung der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neue Coronavirus empfohlen wurde. Rund 750 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Davon könnten neben BioNTech aus Mainz und CureVac aus Tübingen auch die Sachsen-Anhalter von IDT profitieren. Das Geld der Bundesregierung soll helfen, die Kapazitäten für Entwicklung und Herstellung der potenziellen Impfstoffe auszubauen. Außerdem soll es in die Werbung um freiwillige Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die klinischen Tests fließen.
Vektorimpfstoffe sind lange erprobt
Mit einem solchen klinischen Phase-1-Test wollen IDT Biologika und seine Partner vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) ab Herbst einen sogenannten Vektorimpfstoff gegen Sars-CoV-2 überprüfen. IDT hat die dafür nötigen 1.000 Impfdosen jetzt fertiggestellt und nach Hamburg geschickt.
Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein Modifiziertes Vacciniavirus Ankara (MVA), ein abgeschwächtes Pockenvirus, das als Impfstoffbasis bereits seit mehr als 30 Jahren von Gerd Sutter und seiner Arbeitsgruppe an der Ludwig-Maximilian-Universität in München verwendet wird. Es wurde jetzt mit der Erbinformation für das Spike-Protein von Sars-CoV-2 ausgestattet. Das Spikeprotein ist sozusagen der Schlüssel von Corona, mit dem es in die menschlichen Zellen eindringt und sich dort vermehrt. Reagiert das Immunsystem wie gewünscht auf den Impfstoff, dann bildet es Antikörper gegen das Spike-Eiweiß und blockiert es dadurch.
Wir haben damit eine Plattform-Technologie und können im Prinzip jede fremde genetische Information unter die Kontrolle unseres Impfvirus stellen. Es ist ein bewährtes Vektorsystem, für das eine großtechnische Produktion bereits etabliert ist. Das Basisvirus ist vollständig charakterisiert und zusammen mit gentechnisch veränderten Varianten an mittlerweile mehr als 12.000 Personen klinisch getestet worden. Wir kennen das Nebenwirkungsprofil und die Immunogenität des Basis-Impfstoffs schon sehr gut.
Die anderen beiden Impfstoffkandidaten aus Deutschland sind dagegen sogenannte RNA-Impfstoffe. Bei ihnen wird lediglich ein Stück Erbinformation in den menschlichen Körper eingeschleust, wo dann einzelne Eiweiße des Virus produziert werden sollen, um eine Immunantwort zu erzeugen. Diese gentechnischen Impfverfahren sind allerdings noch neu und bislang nicht in der Praxis erprobt. Vektorviren hingegen werden bereits seit langem für Impfungen eingesetzt.
Gute Erfahrungen aus vorangegangenem Test gegen MERS
Die Studie wird am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt, etwa 30 gesunde Probanden über 18 Jahre sollen daran teilnehmen. In dieser ersten von drei Phasen geht es vor allem darum, die Verträglichkeit des Impfstoffs zu testen, also schwere Nebenwirkungen auszuschließen. Der Ablauf folgt dabei voraussichtlich dem sehr ähnlichen, im April abgeschlossenen Phase-1-Test eines Impfstoffkandidaten gegen das eng verwandte MERS-Virus. Bei diesen Tests wurden außer einer Rötung und leichten Schmerzen an der Einstichstelle keine schweren Nebenwirkungen festgestellt. Bei 87 Prozent der Teilnehmer reagierte das Immunsystem nach zwei Impfungen mit Antikörpern und einer T-Zellen-Antwort.
Die Risiken einer Teilnahme an solchen Tests ist für junge, gesunde Menschen also überschaubar. Dafür sind die Ergebnisse aber auch nur bedingt übertragbar etwa auf die Corona-Risikogruppen, zu denen vor allem ältere Menschen über 65 Jahren gehören. Wie sicher und zuverlässig ein Impfstoff für sie ist, kann erst eine Phase-3-Studie klären. Diese dauert aber mehrere Monate und der Vektorimpfstoff muss zuvor noch in einer Phase-2 erprobt werden, an der rund 180 Probanden teilnehmen sollen. Auch wenn alles gutgeht, wird der IDT-Impfstoff erst später marktreif werden als die der Mitbewerber BioNTech und CureVac, die bereits Phase-3 Studien gestartet haben.
Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung
Zu den beiden Forschungsgruppen in München und Hamburg gehört noch eine dritte an der Universität in Marburg. Dort wird später untersucht, ob die Versuchsteilnehmer die richtige Immunreaktion entwickeln. Die drei Gruppen gehören zum DZIF-Forschungsbereich "Neu auftretende Infektionen". Im DZIF wiederum sind insgesamt 35 universitäre und außeruniversitäre deutsche Forschungsinstitute organisiert.
Update 31.7.: In einer ersten Version dieses Beitrags hieß es, das DZIF werde vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZIF) in Braunschweig koordiniert. Korrekt ist, dass das HZIF einer unter vielen Partnern im Verbund ist, der sich selbst koordiniert. Die Geschäftsstelle des DZIF ist auf dem Gelände des HZIF in Braunschweig angesiedelt.
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