Psychologie Corona und die Ängste: Tipps von Psychologen
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24. März 2020, 16:19 Uhr
"Bleiben Sie zuhause!" Ein Aufruf wie ein Virus, er quillt uns auf allen Kanälen entgegen. Aber was tun wir da Zuhause, wenn wir nicht mehr rausdürfen und keine anderen Menschen treffen sollen? Psychologen wissen, wie man mit der Angst davor umgeht.
Isolation, soziale Distanzierung, Ausgangssperre - egal, wie wir leben, ob in Familie, im Single- oder WG-Haushalt: Die Aussicht auf ein Leben auf Abstand macht etwas mit jedem von uns. Der gesundheitlich nötige Abstand schneidet uns nämlich ab von Dingen, die für uns bisher so selbstverständlich waren wie das Wasser aus dem Duschkopf: Gemeinschaft mit und Nähe zu anderen Menschen, sowie die Freiheit, auszugehen, wann immer, wohin und zu wem wir wollen. Aber was passiert, wenn man uns diesen "Wasserhahn" zudreht und wir daheim bleiben müssen? Psychologe Hannes Zacher von der Uni Leipzig beschreibt im Gespräch mit MDR Wissen mögliche Folgen für die Psyche:
Ich denke, dass die aktuelle Krise nicht nur eine medizinische Krise, sondern auch zu einer psychologischen und sozialen Krise werden kann. Soziale Isolation ist nicht gut, wir müssen Mittel und Wege finden, um unsere Grundbedürfnisse nach Kontakt und nach Nähe wiederherzustellen.
Egal, ob staatlich verordnete oder freiwillige Isolation - es gibt Strategien, wie man diese Phase auch seelisch gut verkraftet, sagt Zacher. Zunächst sei es ganz wichtig, auf die eigene körperliche und psychische Gesundheit zu achten:
Aktiv werden gegen aufsteigende Ängste
Kontakthalten bedeutet aber mehr als nur den Kitt, der die Seele zusammenhält, wenn man zum Beispiel in einem Single-Haushalt lebt und nicht "gemeinsam isoliert" in einer WG oder in Familien. Kontakte pflegen bedeutet auch aktiv zu sein, und das ist aus Sicht der Hallenser Psychologin Dr. Annegret Wolf besonders wichtig, wie sie im Podcast von MDR Sputnik sagt.
Nämlich dann, wenn die Angst in uns hochkriecht. Dabei ist es egal, ob es die Angst vor der Ansteckung mit dem neuen Corona-Virus ist oder existenzielle Ängste, weil man nicht weiß, woher die nächste Miete kommen soll und von welchem Geld man Essen für die Familie kaufen kann. Psychologin Wolf stellt klar:
Angst ist in so einer Situation normal, keiner muss sich dafür schämen.
Tipps gegen die Angst
Nur wie kriegt man die Angst in den Griff? Bei Sorgen um die Gesundheit und vor einer Ansteckung sagt Wolf:
Ich würde einen Faktencheck machen: Gehöre ich zu einer Risikogruppe? Was kann im schlimmsten Fall passieren? Wie sind die Ansteckungsraten? - Informationen durch einen Faktencheck können beruhigen.
Und bei finanziellen Ängsten? Auch hier rät sie:
Bleiben Sie aktiv, suchen Sie Informationen. Es ist wichtig sich nicht passiv zu fühlen, und sich zurückzuziehen und sich hilflos zu fühlen, sondern sich aktiv zu fühlen.
Aber was tun, wenn in der Familie Panik um sich greift? Wolf sagt, es helfe, sich an dem- oder derjenigen zu orientieren, die den Ruhepol in der Familie darstellen. Und bezogen auf Kinder sei es wichtig, ihre Sorgen anzuhören und ernst zu nehmen. Auch der Leipziger Psychologe Hannes Zacher rät dazu, einerseits offen mit den Kindern über die Situation zu reden. Andererseits solle man ihnen genügend Bewegungsräume schaffen. Wer noch darf, könne zum Beispiel regelmäßig eine Runde um den Block laufen, ohne anderen Menschen dabei zu nahe zu kommen.
Tipp gegen die "Überdosis Corona": Plan A wie Ablenkung
Und dann gibt es da noch Plan A wie Ablenkung. Darin sind viele von uns wahre Meister, zum Beispiel, wenn wir uns vor der Steuererklärung drücken, dem Zahnarztbesuch oder dem TüV-Termin für das uralte Auto. Jetzt ist diese Fähigkeit zur Ablenkung nützlich. Wir brauchen mentale Corona-Pausen: "Ablenkung von Corona ist wichtig und tut gut", sagt Annegret Wolf und rät:
Nicht die ganze Zeit über Corona informieren, sondern einen lustigen Film schauen.
Dabei sei es egal, ob man allein ist oder mehr Leute im Haushalt leben. Wohl dem, der ein Haustier hat, egal ob Hund, Kater, Vogel: Hilfreich sind sie alle, besonders für Kinder, sie wirken beruhigend und sie lenken ab. Zum Trost für alle Haustierlosen: Das Internet ist voll mit lustigen Katzenvideos, ganz ohne lästige Tierhaare oder Federn im Haushalt.
Tipp: Wie wir die Sehnsucht nach Gemeinschaft stillen können
Und was machen wir mit unserer Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach sozialem Austausch? Aktionen wie der abendliche Applaus für das medizinische Personal oder die Menschen an der Ladenkasse, der singende Tenor auf einem Balkon in Italien, dem die Nachbarschaft lauscht - das hätten viele vor Monaten noch belächelt. Heute sind das berührende Momente, die man zugleich mit vielen anderen Menschen teilt, entweder durch Anschauen oder selber machen. Auch das kann auf unsere zutiefst menschliche Sehnsucht nach Gemeinschaft einzahlen.
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