Auffrischungsimpfung Antworten auf die häufigsten Fragen zum Corona-Booster

16. November 2021, 17:14 Uhr

Die vierte Corona-Welle ist in vollem Gange und die Infektionszahlen schießen in nie gekannte neue Höhen. Und die Impfung ist bei vielen Menschen nun auch schon ein paar Monate her. Muss jetzt also die Booster-Impfung her? Rund um die Auffrischungsimpfung gibt es noch immer viele Fragen. MDR WISSEN beantwortet die zehn häufigsten:

Für wen ist eine Auffrischungsimpfung besonders sinnvoll?

Grundsätzlich können sich alle Geimpften sechs Monate nach der zweiten Impfung eine dritte Auffrischungsimpfung geben lassen – auch Booster-Impfung genannt. Darauf haben sich die Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern in der ersten Novemberwoche verständigt.

Für einige Personengruppen ist die Auffrischungsimpfung aber besonders sinnvoll. Besonders immunsupprimierte Menschen sollten sich "boostern" lassen. Denn sie bilden nach Impfungen ohnehin deutlich weniger Antikörper. Aber auch für vulnerable Gruppen ist die dritte Impfung besonders wichtig. Dazu gehören vor allem ältere Menschen über 70 Jahren. Studien haben gezeigt, dass sich bei ihnen der Schutz nach circa 180 Tagen stark verringert hat. Außerdem gehören Menschen in Pflegeeinrichtungen zu den vulnerablen Gruppen und vorerkrankte Risikopatientinnen und -patienten. Und auch medizinisches Personal, das regelmäßig in Kontakt mit infektiösen Menschen steht und deren Impfung oft schon länger als sechs Monate zurückliegt, sollten sich einen "Booster" impfen lassen.

Die Ständige Impfkommission STIKO empfiehlt die Auffrischungsimpfungen für Personen ab 70 Jahren. In Sachsen empfiehlt die Sächsische Impfkommission SIKO den Booster für alle Geimpften ab 12 Jahren.

Auch den Personen, die ursprünglich mit einem Vektorimpfstoff geimpft wurden, wird eine Booster-Impfung empfohlen. Die Stiko empfiehlt bei Astrazeneca sechs Monate nach der Grundimmunisierung, bei Johnson & Johnson ab vier Wochen danach. In Sachsen können sich mit Astrazeneca Geimpfte ebenfalls nach mindestens vier Wochen mit einem mRNA-Impfstoff boostern lassen.

Wo kann man die Auffrischungsimpfung bekommen?

Die Booster-Impfungen werden von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, den mobilen Impfteams oder durch Betriebsärztinnen und Betriebsärzte durchgeführt. In den Ländern, in denen die Impfzentren noch offen sind, können sich Berechtigte auch dort impfen lassen. Generell gilt schon wie bei den ersten beiden Impfungen: Die Organisation und Durchführung liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer.

Hier finden Sie eine Übersicht über die Impfpraxen in Sachsen-Anhalt.

Warum wird die Auffrischungsimpfung nach sechs Monaten notwendig?

Verschiedene Untersuchungen legen nahe, dass der Schutz durch die Impfung nach etwa sechs Monaten nachlässt. In Israel zeigte eine Studie mit einer großen Kohorte von fast 34.000 vollständig mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpften Personen sogar, dass es deutlich häufiger Durchbruchsinfektionen gab, wenn die letzte Impfung mindestens 146 Tage zurücklag. Eine Auswertung von fast dreieinhalb Millionen Krankenakten in den USA zeigte, dass der Schutz gegen die Infektion innerhalb von fünf Monaten von 93 auf 53 Prozent zurückgeht – im Fall von Biontech/Pfizer. Der Schutz gegen COVID-19-bedingte Hospitalisierung blieb dagegen hoch bei 97 Prozent.

Der Leipziger Virologe Prof. Uwe Gerd Liebert erläuterte in einem Interview mit dem MDR, dass etwa 40 Prozent der vollständig geimpften Personen nach sechs Monaten keinen nachweisbaren ausreichenden Impfschutz durch virusneutralisierende Antikörper mehr aufwiesen.

Dies scheint bei allen Altersgruppen vergleichbar zu sein, wobei mit steigendem Lebensalter, also ab 65 oder 70 Jahren der Impfschutz eher schneller nachlässt. Deshalb ist es sinnvoll und ratsam, die angebotenen Boosterimpfungen wahrzunehmen und sich gegebenenfalls umgehend um einen Impftermin zu kümmern.

Prof. em. Uwe Gerd Liebert

Warum werden nur mRNA-Impfstoffe für die Auffrischungsimpfung verwendet?

Die Booster-Impfungen werden ausschließlich mit den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna durchgeführt. Ein Hauptgrund dafür: Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat die Vektorimpfstoffe nicht für die Auffrischungsimpfung zugelassen. Außerdem verweist das Bundesgesunheitsministerium darauf, dass sogenannte Kreuzimpfungen – also der Wechsel zu einem anderen Impfstoff für die dritte Impfdosis – zu einer besseren Immunantwort führten. Wer aber bereits mit einem mRNA-Impfstoff grundimmunisiert wurde, soll möglichst auch mit diesem Impfstoff "geboostert" werden, so das Bundesgesundheitsministerium.

Dass es keine Booster-Impfung mit Astrazeneca gibt, hat noch ein sehr überzeugenden Grund, schreibt Marcel Roth im Corona-Daten-Newsletter: Deutschland spendet demnach seine gesamten Astrazeneca-Lieferungen seit der letzten Juliwoche vollständig an die COVAX-Initiative, die den Impfstoff an Drittstaaten vergibt.

Wie sinnvoll ist eine sogenannte Kreuzimpfung?

Die Untersuchungen der vergangenen Monate haben gezeigt, dass eine Kreuzimpfung sehr sinnvoll sein kann, weil sie häufig eine stärkere Immunantwort anregt. Insbesondere bei den Menschen, die mit einem der Vektorimpfstoffe geimpft wurden, hat sich bei der Kreuzimpfung ein deutlich besserer Schutz ausgebildet. Der Biochemiker und RNA-Spezialist Rob Swanda berichtet in seinem Blog von mehreren aktuellen Publikationen, die höhere Antikörperspiegel nach Kreuzimpfungen belegten. Demnach könnte es sogar sinnvoll sein, auch die beiden mRNA-Impfstoffe miteinander zu kombinieren.

Eine Tabelle zeigt die Wirksamkeit von sogenannten Kreuzimpfungen gegen das Corona-Virus.
Bildrechte: Rob Swanda, PhD

Muss vor der Auffrischungsimpfung ein Antikörpertest gemacht werden?

Vor der Auffrischungsimpfung muss kein Antikörpertest gemacht werden. Ohnehin sind die verfügbaren Tests nicht standardisiert. Je nachdem auf welche Antikörper sie testen, können sie also unterschiedlich ausfallen oder trotz vorhandener Antikörper negativ sein.

Zwar geht eine höhere Antikörperkonzentration mit einem besseren Schutz einher, aber wie hoch der Spiegel für einen effektiven Immunschutz gegen das Coronavirus genau sein muss, ist immer noch nicht geklärt, einen belastbaren Grenzwert gibt es nicht. Deshalb ist das Wissen, ob und wie viele Antikörper man gegen Corona hat, für die Entscheidung über eine Auffrischungsimpfung nicht nötig. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Durchführung einer Impfung bei hoher Antikörperkonzentration gefährlich wäre, so das Bundesgesundheitsministerium.

Und nicht zu vergessen: Das Immunsystem besteht nicht nur aus Antikörpern, sondern auch aus B- und T-Zellen. Die sind gerade für den längerfristigen Schutz vor Krankheitserregern wichtig, werden durch Antikörpertests aber nicht erfasst.

Ist genügend Impfstoff für die Auffrischungsimpfung für alle vorhanden?

Es ist dem Bundesgesundheitsministerium zufolge genügend Impfstoff für die Auffrischungsimpfungen in Deutschland vorhanden. Demnach soll jeder impfwilligen Person eine Dosis kostenfrei zur Verfügung stehen.

Die Frage, die sich eher stellt ist, ob außerhalb Deutschlands oder Europas genügend Impfstoff für alle da ist, um die globale Pandemie zu bekämpfen.

Global betrachtet wäre es zudem vermutlich schlauer, die Impfungen, die hierzulande als Drittimpfungen eingesetzt werden, im globalen Süden als Erstimpfung einzusetzen. So würde man die Pandemie weltweit noch schneller in den Griff bekommen.

Dr. Till Koch, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

In vielen, insbesondere ärmeren Ländern sind die Impfquoten noch sehr gering. Besonders wenige Impfungen gab es bisher auf dem afrikanischen Kontinent. Vor diesem Hintergrund regen Fachleute an, die vorhandenen Impfdosen lieber für Erstimpfungen statt für Auffrischungsimpfungen von noch relativ gut geschützten jungen, gesunden Menschen zu nutzen. Auch ein Gremium der US-Arzneimittelbehörde FDA kam jüngst zu einer ähnlichen Einschätzung.

Lässt sich mithilfe der Auffrischungsimpfung die aktuelle Corona-Welle brechen?

Ob die Booster-Impfung die aktuelle Corona-Welle noch stoppen kann, ist fraglich. Sie kann aber dazu beitragen die aktuelle Infektionswelle einzudämmen. Als Positivbeispiel für diese Idee wird wiederholt auf Israel verwiesen. Dort hat es bereits im Spätsommer die vierte Corona-Welle gegeben und eine intensive Impfkampagne hat dazu geführt, dass die Infektionszahlen relativ schnell gesenkt werden konnten. Zu dem Zeitpunkt, als der Höhepunkt erreicht wurde, hatte in Israel etwa die Hälfte der doppelt Geimpften eine Auffrischungsimpfung bekommen. Das war die ältere Hälfte der Bevölkerung, da das Land bei den Booster-Impfungen wieder nach Altersgruppen priorisiert hatte.

Geht das also auch in Deutschland? Hier ist die Situation eine andere: Zum einen sind die Altersstrukturen in den beiden Ländern unterschiedlich. Israel hat eine jüngere Bevölkerung als Deutschland. Hierzulande würde eine Booster-Impfkampagne deshalb nicht so kurzfristig zum Erfolg führen, schätzen Experten. Insbesondere in Hinblick auf die Auslastung der Intensivstationen kommt die Impfkampagne zu langsam in Gang. Dort werde man erst mittelfristig einen Erfolg sehen, heißt es im Corona-Bericht des Science Media Center.

Der Infektiologe Dr. Till Koch vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sieht trotzdem auch einen kurzfristigen Nutzen in den Booster-Impfungen:

Die Booster können (...) das Infektionsgeschehen positiv beeinflussen und weitere Ansteckungen verhindern, was gerade jetzt im Herbst und Winter wichtig ist. Grundsätzlich kann man sagen, dass es bei Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften 70 Prozent weniger wahrscheinlich ist, dass sie das Virus bei einer Infektion weitergeben.

Dr. Till Koch, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Doch so wichtig die Auffrischungsimpfungen auch seien, sollte man ihre Bedeutung "nicht allzu hoch hängen", sagt Koch. "Mindestens genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, ist die Einhaltung der Kontaktmaßnahmen und das Tragen der Masken, gerade für Ältere, selbst wenn sie geimpft sind." Das Risiko müsse also wieder durch weniger Kontakte gesenkt werden. Es müsse nicht gleich die selbstgewählte Quarantäne vor den Feiertagen sein, aber man sollte sich schon fragen, mit wem man ein Familienfest plant, so der Infektiologe.

Was ist der bessere Booster: die Infektion oder die Auffrischungsimpfung?

Manche Menschen glauben, dass es als doppelt geimpfte Person der bessere Booster wäre, eine natürlich Corona-Infektion durchzumachen. Das ist insofern ein plausibler Gedanke, als dass die eigenen Schleimhäute tatsächlich die effektivste Immunantwort auslösen. Wer also einen Impfdurchbruch hat, ist sozusagen "geboostert".

Trotzdem ist es eine ganz schlechte Idee, sich absichtlich mit dem Corona-Virus infizieren zu wollen – zum Beispiel, indem ein infektiöser Mensch eine Person anhustet. Denn Studien haben gezeigt, dass die Schwere einer möglichen Covid-Erkrankung vor allem auch von der Größe der Virendosis abhängt. Wer sich also bewusst einer hohen Dosis aussetzt, geht das Risiko ein, trotz Impfung stärker zu erkranken. Kleinere Mengen Virus unterhalb der Erkrankungs-Schwelle, die wir uns künftig zufällig im Alltag einfangen, könnten den Fachleuten zufolge aber dazu führen, dass die Immunantwort von Geimpften immer wieder "aufgefrischt" wird.

Wie oft wird man in Zukunft noch Auffrischungsimpfungen brauchen?

Insgesamt gelten Coronaviren als genetisch stabiler als zum Beispiel Grippeviren. Schon deshalb muss wahrscheinlich nicht jedes Jahr neu gegen Corona geimpft werden. Und die Erfahrungen mit anderen Impfstoffen zeigen ebenfalls, dass die Abstände nach einer ersten Booster-Impfung nicht in demselben Rhythmus stattfinden müssen, sondern etwas mehr Zeit bis zur nächsten Auffrischungsimpfung bleibt. Fachleute gehen davon aus, dass das bei der Corona-Impfung ähnlich sein wird, sicher kann das aber noch niemand sagen. Wenn das Virus jedoch endemisch ist, "boostern" sich alle ohnehin regelmäßig, wenn sie mit geringen Mengen des Virus in Kontakt kommen, aber nicht erkranken.

Einige Menschen argumentieren, dass jetzt in regelmäßigen Abständen Impfungen gemacht würden, damit die Pharma-Industrie daran verdiene. Das wäre eine recht wenig einträgliche Taktik der Konzerne, denn eine Impfung kostet weit weniger als ein Covid-Patient auf der Intensivstation.

Würde man der Pharmaindustrie also unterstellen, sie sei ausschließlich auf Profit durch Medikamenten- bzw. Impfstoffverkauf aus, dann wären schwer erkrankte Patientinnen und Patienten "einträglicher". Doch diese schweren Verläufe soll die Impfung ja gerade verhindern.

Zum Vergleich: Dem Statistischen Bundesamt zufolge kostet eine Dosis mRNA-Impfstoff zwischen 20 und 37 US-Dollar – also zwischen rund 17 und 32 Euro. Ein intensivpflichtiger Covid-Patient kostet die Krankenkassen dagegen mehr als 30.000 Euro, wie Kassen-Daten zeigen. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Kosten fließt in die zahlreichen Medikamente, die schwer erkrankten Covid-Patientinnen und -Patienten verabreicht werden müssen: Vom Thrombosemittel über das Narkotikum bis hin zu monoklonalen Antikörpern.

(kie)

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