Australien Buschbrände: Feuersturm und Artensterben

08. Januar 2020, 09:22 Uhr

Seit Oktober dauern die Waldbrände in Australien bereits an und sind ein Teufelskreis: Tiere sterben oder flüchten und bringen Ökosysteme ins Schwanken. Und Feuerwolken schüren die Brände von selbst.

Mann in leuchtend-organgefarbener Arbeitskleidung rettet Koala mit angebranntem Fell in einem durch Waldbrand geschädigtem Waldgebiet. Hält das Tier in den Armen, blickt angestrengt nach unten.
Bildrechte: imago images/AAP

Man muss aufpassen, dass das alles nicht zu harmlos wirkt: Denn auf der Feuerkarte von Global Forest Watch sind Brände nur mit einem roten Pünktchen dargestellt. In Deutschland mal hi und da eins. Bei einem Blick in den fernen Südosten des Globus' werden es ein paar mehr. Verteilt über Australien schweben sie da. Beim Vergrößern der Karte werden es immer mehr. Vor allem um Sydney herum formen die Pünktchen eine rote Fläche. Es sind jetzt nur noch Pixel in einem roten Meer einer veheerenden Naturkatastrophe.

Milliarden Tiere betroffen

Was die Karte nicht zeigt, ist die Zahl an Tieren, die bereits jetzt durch die Buschfeuer verendet sind. Die Universität Sydney geht derzeit von einer halben Milliarde aus. Wenn auch jedes tote Tier ein Pixel wäre, würde es sehr lange dauern, so eine Karte im Browser darzustellen.

Tatsächlich sind diese Schätzungen sehr vorsichtig. Die Zahl an Tieren, die tatsächlich – direkt oder indirekt – durch die Australischen Waldbrände ums Leben gekommen sind, könnte also noch einmal deutlich höher liegen: "Die Zahlen basieren ja auf einem Report, der schon relativ alt ist, wo es um Abholzung ging, also die Effekte, die Abholzung auf Säugetiere, Vögel und Reptilien hat, hier auch nur in dem Bundesstaat Neusüdwales, und daraufhin wurden halt Schätzungen berechnet", erklärt die Wissenschaftlerin Anke Frank im Deutschlandfunk. Sie ist Ökologin an der Universität Sydney und sagt, diese Schätzungen waren auch damals schon relativ konservativ. "Das Problem ist natürlich, dass Feuer sehr viel schlimmer sind als nur eine reine Abholzung." Auch Auswirkungen auf Tiere und Pflanzensamen, die sich im Boden verstecken, kenne man nicht. Der WWF Australien hat die geschätzte Zahl der getöteten Tiere inzwischen deutlich nach oben korrigiert und geht von 1,25 Milliarden Tieren aus, die direkt oder indirekt durch die Buschfeuer ums Leben gekommen sind.

Ökosysteme direkt und indirekt in Gefahr

Die zerstörte Umgebung löse vermutlich auch eine große Wanderungswelle von Tieren aus dem Krisengebiet in intakte Regionen aus. Was das für die dortigen Ökosystem bedeute sei nicht abzuschätzen. Die Systeme würden aber auf jeden Fall unter Stress geraten. Ebenso wenig wisse man, was es generell für die Umwelt bedeutet, wenn Arten plötzlich fehlen, z.B. weil sie durch die Brände ausgestorben sind.

Als prominentester Vertreter dieser Sorgen gilt der geschützte Koala. Die Hälfte der Tiere auf der Känguru-Insel im Bundesstaat Südaustralien ist bereits durch die Flammen verendet. Zehntausende Tiere sind das. Eigentlich sind Koalas, von denen es laut Roter Liste auf der Welt noch bis zu einer halben Million Exemplaren geben soll, extra auf der Känguru-Insel angesiedelt worden und haben sich dort stark vermehrt. Insgesamt ist aber auch ohne Waldbrände ein deutlicher Rückgang der Koala-Population in Australien zu verzeichnen.

Kleines Känguru schon ausgestorben?

Weniger im Fokus der Öffentlichkeit steht das Schicksal des Langfußpotoroo, einer kleinen Känguru-Art. Für das Ökosystem im Südosten Australiens sind die Tiere extrem wichtig und sorgen dafür, dass bestimmte Pflanzen überhaupt keimen können. Die Rote Liste führt sie mit 3.000 verbliebenen Exemplaren, anderen Schätzungen sprechen nur von ein paar hundert. Wie Anke Frank im Deutschlandfunk vermutet, ist diese Tierart durch die Feuer jetzt verschwunden.

Visualisierung der Brände Anfang Dezember bis Anfang Januar:

Feuersturm und Feuerwolken

Aber nicht nur das Artensterben macht die Buschfeuer so verheerend: "Bei solchen großen Feuern wird ja enorme Hitze erzeugt und mit dieser Hitze natürlich auch Rauch, Rußpartikel. Und die werden dann durch diese Wärme sehr hoch in die Atmosphäre nach oben transportiert, man kann sogar sagen, richtig hochgerissen, wie ein Aufzug", erklärt der Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst bei Deutschlandfunk Nova.

Pyrocumulus heißt das Resultat. Das klingt niedlich und nach irgendeinem hübschen Feuerwerkseffekt. Niedlich ist es aber ganz und gar nicht, mit Feuer hat es trotzdem zu tun: Pyrocumulus sind quasi das Sinnbild eines Teufelskreises bei einem großen Waldbrand. Diese gefährlichen Wolken entstehen durch einen Feuersturm, sind stark rußhaltig und können starke Stürme nach sich ziehen. Die Stürme schüren das Feuer am Boden, wodurch es noch stärker wird. Auch Blitze sind möglich – eine weitere Brandgefahr. Der Sog, bei dem sich solche Wolken entwickeln, ist ebenfalls gefährlich. In der vergangenen Woche ist dabei ein australischer Feuerwehrmann in seinem Fahrzeug ums Leben gekommen.

Feuerstürme sind die Ursache für Pyrocumulus-Wolken. Voraussetzung ist ein Flächenbrand, der durch zusammengewachsene, einzelne Brandherde entsteht. Wie bei einem Kamin steigt die heiße Luft sogartig nach oben und frische Luft wird nach sich gezogen. Was so ein Feuersturm anrichten kann, zeigt der Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945, aber auch andere Bombardements im Zweiten Weltkrieg, z.B. in Halberstadt und Leipzig.

Das Problem: Solche heißen Brände können von der Feuerwehr nicht mehr bekämpft werden. Ein Grund, warum die Waldbrände in Australien sich noch Monate hinziehen werden. Je nachdem, wie viel Regen fallen wird.

flo

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Brisant | 07. Januar 2020 | 17:15 Uhr

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