Wissen, was wir lesen Was ist die Welt und wenn ja, wie viele. Wie die Quantenmechanik unser Weltbild verändert
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19. Oktober 2021, 08:38 Uhr
Entstehen in jedem einzelnen Augenblick beinahe unendlich viele Kopien von allem? Auch von uns? Eine zwar schon ältere, aber nach wie vor befremdliche und zugleich faszinierende Vorstellung, die sich aus der Quantenphysik entwickelt hat. Peggy Grunwald hat eine Neuerscheinung zum Thema gelesen. Und ist gefesselt von der Idee, die das Buch überzeugend darlegt.
Die abenteuerlichste Deutung der Quantenphysik
Die Quantenphysik ist schon über 100 Jahre alt und ihre Einflüsse reichen bis ins tägliche Leben hinein. Richtig verstanden hat sie aber bislang offenbar noch niemand. Die wohl abenteuerlichste Deutung ist als "Viele-Welten-Theorie" bekannt. Sie sagt nichts Geringeres aus, als dass sich die Welt mit jeder Messung in weitere Welten aufspaltet. Nach dieser Theorie existiert also alles, was wir kennen, unendlich oft.
In seinem Buch "Was ist die Welt und wenn ja, wie viele" widmet sich Sean Carroll ausgerechnet dieser Deutung - und stellt sie gekonnt als die nachvollziehbarste dar. Er zeigt, dass "Viele Welten" kein Hirngespinst aus Science-Fiction-Romanen sind, sondern das durchaus nachvollziehbare Ergebnis konsequenter mathematischer Überlegungen.
Unendliche Kopien
Allein die Idee fesselt mich: Sollte es tatsächlich so sein, dass in jedem einzelnen Augenblick beinahe unendlich viele Kopien entstehen? Auch von mir selbst? Von Kapitel zu Kapitel führt Carroll durch die theoretischen Grundlagen und frischt diese ausgesprochen unterhaltsam mit historischen Entwicklungen, Anekdoten und Vergleichen zu anderen Deutungen auf. Das ist greifbare Quantenphysik und trotzdem ein wenig Science-Fiction.
Der Autor Sean Carroll
Geschrieben hat das Buch der amerikanische Physiker Sean Carroll, der in Harvard Physik studiert hat und neben Büchern auch Podcasts veröffentlicht, in denen er andere Wissenschaftler interviewt. Zwei Beispiele für seine Arbeit:
Ein Vortrag über die "Ferne Zeit und den Hinweis auf ein Multiversum"
Eine Übersicht über Podcasts von Sean Carroll
Ein fiktives Streitgespräch als Höhepunkt
Keine Frage: Ein wenig Interesse an Quantenphysik sollte vorhanden sein, um dieses Buch zu mögen. Carroll nimmt uns jedoch an die Hand und veranschaulicht das Thema interessierten Laien auf beeindruckende Weise. Er führt mit einfachen Worten durch die Gedanken der Deutung des amerikanischen Physikers Hugh Everett III. Dass er dabei so gut wie keine mathematischen Formeln und nur ein gutes Dutzend Fußnoten verwendet, heißt nicht, dass die Ausführungen oberflächlich wären. Vielmehr erklärt er die Grundlagen der Everett’schen Deutung eingängig und nachvollziehbar.
Etwa in der Mitte des Buches stellt ein fiktives Streitgespräch den absolut lesenswerten Höhepunkt dar: Eine junge Physikerin erklärt ihrem konservativen Vater (ebenfalls Physiker) die Everett’sche Deutung. Dieser Dialog fasst die vorhergehenden Kapitel gekonnt zusammen, erklärt das Wichtigste noch einmal im Zusammenhang und bereitet zugleich die nachfolgenden Kapitel vor. Die haben es erneut in sich; schließlich schlägt Carroll hier die Brücken zu Entropie, Relativitätstheorie und Stringtheorie, zu den Gedanken von Albert Einstein bis Stephen Hawking. Auch hier sind die Erläuterungen klar und einfach, aber alles andere als banal.
Konsequenter Ansatz
Carroll folgt dem Ansatz von Hugh Everett III, Theorien und Ansätze, die sich als erfolgreich erwiesen haben, konsequent weiter zu verfolgen und lieber die ungewöhnlich scheinenden Folgen zu akzeptieren. Für mich ist das absolut schlüssig, schließlich spüren wir auch nicht die Rotation der Erde um die Sonne, die einst von Kopernikus als kühne Idee formuliert wurde und zunächst ebenso wenig augenscheinlich ist wie eine sich stetig verzweigende Welt. Eine hundertprozentige Antwort gibt es natürlich nicht, zumindest nicht in dieser Welt ...
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