Zwei Personen untersuchen den Boden.
Forscher auf einer Untersuchungsfläche in Colorado, USA Bildrechte: Manuel Delgado Baquerizo

Ökologie-Studie Wertvollen Böden fehlt Schutzstatus

13. Oktober 2022, 14:31 Uhr

Böden, die ökologisch besonders wertvoll sind, müssten wir theoretisch gut behüten. Tun wir aber nicht, sagen Forscher aus Leipzig, Halle und Sevilla, die Böden auf ihre ökologischen Werte hin untersucht haben.

Was macht einen Boden wertvoll und wie vergleicht man das? Eine deutsch-spanische Forschungsgruppe hat für ihre Arbeit drei Kriterien zur Beurteilung analysiert: Zum einen den lokalen Artenreichtum, die Einzigartigkeit der Artengemeinschaft und die Ökosystemleistungen des Bodens, wie zum Beispiel Kohlenstoff-Speicherung, Wasserhaltevermögen, Fruchtbarkeit. In der Feldstudie wurden mehr als 10.000 Beobachtungen der biologischen Artenvielfalt analysiert, wie viele Arten von Lebewesen jeweils im Boden gefunden wurden: Das reichte von Wirbellosen wie Schwämmen, Nesseltieren, Würmern, über Pilze, hin zu Protisten, also Einzeller und Mikroorganismen wie Amöben oder Geißeltierchen, sowie Bakterien und Archaeen, einzellige Mikroorganismen. Insgesamt wurden Böden von allen Kontinenten, an 151 Orten in 23 Ländern untersucht; ein Teil der Bodenproben wurde bei minus 20 Grad für molekulare Analysen eingefroren, ein anderer Teil luftgetrocknet, um dann die Bodeneigenschaften zu bestimmen.

Kontinental haben Böden verschiedene Hauptaufgaben

Ergebnis der Analyse: Je nach Erdteil dominiert eines der drei Kriterien. Ganz konkret: Böden in gemäßigten Ökosystemen haben den höchsten lokalen Artenreichtum, in ariden, also trockenen Ökosystemen und in den Tropen ist dagegen die Einzigartigkeit der Artengemeinschaft besonders hoch.

Studien-Erstautor Dr. Carlos Guerra verdeutlicht das: "Wenn man in einem europäischen Boden gräbt, zum Beispiel in einem Wald, findet man viele verschiedene Arten an einem Ort." Auch ein paar Kilometer weiter gebe es noch ähnliche Arten. Anders dagegen sei es in den Tropen, weiß der Wissenschaftler, denn dort treffe man nur ein paar Kilometer entfernt völlig andere Artengemeinschaften. In Sachen Ökosystemdienstleistung haben dagegen Böden in kälteren Erdteilen die Nase vorn. Und wo finden wir nun die Böden, die Schutz brauchen? Der Studie zufolge sind die Tropen, Nordamerika, Nordeuropa und Asien die Regionen, in denen dringend Boden-Naturschutz betrieben werden sollte.

Schutzgebiete für Vögel gibt es, Schutzzonen für Böden nicht

Böden also, die auf völlig verschiedene Art wertvoll sind für die Erde, deren Schutz sich also nicht gleichzeitig über einen Kamm scheren lässt, wie zum Beispiel bei Pflanzen oder Tieren. Aber es gibt doch schon Schutzgebiete? "Schutzgebiete wurden vor allem zum Schutz von Pflanzen, Vögeln oder Säugetieren ausgewählt", erläutert Dr. Manuel Delgado-Baquerizo vom Instituto de Recursos Naturales y Agrobiología de Sevilla, nicht aber für Böden. "Wir müssen die Böden, ihre biologische Vielfalt und ihre Leistungen in unsere Betrachtung einbeziehen." Denn genau das zeigte der Abgleich der Regionen, die die Forscher als Hotspots wertvoller Böden identifizierten, mit den bereits vorhandenen Schutzgebieten: Es werden Lebensräume von Tieren und Pflanzen geschützt, aber diese entsprechen nicht den Regionen mit besonders wertvollen Böden. Erstaunlich eigentlich, wenn man bedenkt, dass nicht nur Lebewesen wie Tiere und Pflanzen auf intakten Boden als Lebensraum angewiesen sind. Schließlich sind auch wir Menschen auf ihn angewiesen, wenn wir wollen, dass Nahrungsmittel auch noch natürlich gedeihen und nicht ausschließlich in Hydrokulturen und künstlich geschaffenen Lebensräumen.

Kiefernwald
Die Böden dieses Kiefernwaldes in Sevilla wurden im Rahmen der Studie untersucht. Bildrechte: Manuel Delgado Baquerizo

lfw

Links/Studien

Die Arbeit des deutsch-spanischen Forschungsteams wurde in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Beteiligt waren Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, der Universität Leipzig, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) sowie des Instituto de Recursos Naturales y Agrobiología in Sevilla.

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