Lese-Rechtschreib-Schwäche Mit Therapie gegen das Buchstabenchaos
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02. September 2020, 14:45 Uhr
Schätzungsweise fünf Prozent der Weltbevölkerung leiden unter einer Lese-Rechtschreib-Störung. Mit Schulbeginn werden auch Kinder in Mitteldeutschland wieder mit den Wörtern kämpfen.
Für die meisten Erstklässler ist Lesen und Schreiben lernen eine anstrengende Aufgabe. Umso stolzer sind sie über jeden richtigen Satz. Doch bei manchen Kindern bleiben die Erfolgserlebnisse aus. Während sie in anderen Fächern keine Probleme haben, ist der Deutschunterricht für sie ein Krampf.
Bei L schreibe ich ein T, bei T schreibe ich ein L, bei D schreibe ich ein B, bei B schreibe ich ein D!
Auch den Zwillingen Tobias und Robin machen die Wörter arg zu schaffen. Sie bekamen die Diagnose: Lese-Rechtschreib-Störung (LRS).
Nicht zu unterschätzen
Für die Betroffenen ist die LRS vor allem eine psychische Belastung, sagt die Psychologin Carolin Ligges von der Uniklink Jena. Denn sie sehen in der Schule andere Kinder, die keine Probleme mit den Wörtern haben. Das kann ihre Einstellung zum Deutschunterricht nachhaltig belasten.
Die Folgen können eklatant sein, wenn man Tag für Tag in eine Schule trottet und merkt 'Mist! Ich muss mich da mit Dingen auseinandersetzen, die kann ich einfach nicht'.
Die Expertin warnt, dass eine nicht behandelte LRS "durchaus zu Schulängsten, zu depressiven Verstimmungen, Anpassungsstörungen, zu somatischen Beschwerden, Kopf- und Bauchschmerzen führen kann. Das ist etwas, was wir ganz häufig beobachten."
Deshalb sollte sie auch ab der ersten Klasse behandelt werden - und die Therapie jahrelang erfolgen. Einfache Nachhilfe zu Hause reicht meist nicht aus, zumal die LRS auch für die Familien eine große Belastung sein kann. Sandra Luther, die Mutter von Tobias und Robin, berichtet von der ersten Zeit: "Deutsch, das war eine Katastrophe. Also auch zuhause. Wenn man da allein schon die Deutschsachen herausgeholt hat, war die Laune im Keller. Dann hing der Haussegen schief."
Große Belastung
Tendenziell sind Jungen von der LRS häufiger betroffen. Ein Warnzeichen sollte sein, wenn Eltern selbst mit Lesen und Schreiben auf Kriegsfuß stehen.
Die Lerntherapeutin Susanne Beck stellt in ihrem Institut in Eisenach in Vorgesprächen mit den Eltern oft fest, "dass Mama oder Papa selber Schwierigkeiten in der Schule hatten, was damals aber nicht erkannt wurde. Und solche Eltern haben dann oftmals auch schon sehr frühzeitig so ein Gespür dafür, dass das eben eintreten könnte."
Obwohl die LRS als medizinische Diagnose anerkannt ist, übernehmen Krankenkassen nicht ohne Weiteres die Kosten für die Diagnostik und Therapie. Zur psychischen kommt so noch eine finanzielle Belastung für die Familien. Dennoch hilft die Therapie, auch wenn die Betroffenen meist nie ganz fehlerfrei werden. Aber mit der richtigen Strategie schreiben und lesen sie schneller und sicherer.