Crew statt Cargo Atlas-V-Rakete bringt erstmals Menschen ins All
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01. Dezember 2019, 05:00 Uhr
Das neue Raumschiff Starliner soll bald Menschen ins All bringen. Als Antriebsrakete dient die Atlas V. Diese transportiert seit 17 Jahre zuverlässig Material in den Weltraum. Nun soll sie erstmals auch Menschen transportieren. Da darf beim Start nichts schiefgehen. Entsprechend aufwändig wird an Sicherheits- und Notfallsystemen gearbeitet.
Die Atlas V ist das Arbeitstier der amerikanischen United Launch Alliance. Mit der Rakete verdient dieses Joint Venture der Luft- und Raumfahrtkonzerne Boeing und Lockheed Martin ihr Geld. Und der Programm-Manager für das Commercial Crew Programm der United Launch Alliance, Caleb Weiss, ist entsprechend selbstbewusst: "Die Atlas V hat sich als extrem zuverlässig erwiesen. Nun wollen wir mit ihr die Brücke zu bemannten Missionen schlagen. Denn derzeit sind wir nicht in der Lage, Menschen von US-amerikanischem Boden aus ins All zu schicken."
US-Raumfahrt auf Sojus-Kapseln angewiesen
Seit dem Ende der Space Shuttles 2011 sind die Vereinigten Staaten auf russische Sojus-Kapseln angewiesen, wenn sie ins All und zur Internationalen Raumstation wollen. Es gibt derzeit keine Alternative. Schlägt ein Sojus-Start fehl, wie zuletzt Ende 2018, ist für ein paar Monate der bemannte Zugang zur ISS unterbrochen. Da kommen künftig die privaten amerikanischen Anbieter ins Spiel: SpaceX mit ihrer Falcon-9-Rakete und der Dragon-Kapsel ist der eine, Boeing mit ihrer Kapsel Starliner auf der Spitze einer Atlas V ist der andere. Es wird jedoch nicht die gleiche Atlas V sein, die schon 80 mal Nutzlasten in den Weltraum transportiert hat. Künftig werden Menschen an Bord sein. Und damit wird es ernst.
Hohe Sicherheitsanforderungen
"Der größte Unterschied besteht in den Sicherheitsmaßnahmen", sagt Programm-Manager Weiss. "Sie sollen die Crew schützen, falls mit der Rakete irgendetwas schiefläuft. Wenn es für die Astronauten unmittelbar vor dem Start brenzlig wird, können sie die Rakete durch eine Luke verlassen, auf der Startplattform in eine Art Skilift springen und die Halterungen kappen. Dann rasen sie mit mehr als zwanzig Kilometern pro Stunde Richtung Boden. Nach weniger als zwei Minuten befinden sie sich fast einen halben Kilometer von der Startrampe entfernt."
Auch zu Zeiten des Space-Shuttle-Programms gab es ein ähnliches Notfallszenario, damals noch mit Rettungskörben. Die US-Raumfahrtbehörde NASA hatte sie nach der Explosion der Raumfähre Challenger kurz nach ihrem Start installiert - wissend, dass dies der letzte mögliche Fluchtweg für die Mannschaft sein würde. Denn nach dem Lift Off eines Shuttles gab es für die Astronauten keine Rettungsmöglichkeit mehr.
Tests mit neuen Notfallsystemen
Das wird künftig anders sein, verspricht Weiss: "Wenn das Notfallsystem der Rakete einen Fehler feststellt, leitet es automatisch einen Startabbruch ein. Dann löst sich der Starliner - also die Mannschaftskapsel ganz oben - blitzartig von der Rakete. Vier kleinere Raketentriebwerke tragen die Kapsel mit den Astronauten an Bord dann mehrere hundert Meter weit von der Rakete weg. Wenn sie aus dem Gefahrenbereich ist, landet sie an Fallschirmen im Atlantik."
Genauso soll die Starliner-Kapsel auch nach einem regulären Flug zur Internationalen Raumstation zurückkehren auf die Erde: Also Start in Cape Canaveral auf der Spitze einer Atlas V und Landung an Fallschirmen vor der Küste des Kennedy Space Centers in Florida. Diesen Missionsablauf will die United Launch Alliance nun erst einmal ohne Menschen an Bord durchspielen.
2022 erste Flüge zur ISS geplant
Gelingt der unbemannte Jungfernflug des Starliners und der erste Einsatz der verbesserten Atlas V, sollen 2022 erstmals drei Astronauten mit der Kapsel Richtung ISS starten. Commander wird dann Chris Ferguson sein - ein alter Bekannter des deutschen Raumfahrers Thomas Reiter.
Der Deutsche erinnert sich: "Klar, wir waren auch zusammen im Orbit. Und zwar haben die, während ich an Bord der ISS war, angedockt. Der Chris war da mit dabei, und da haben wir sogar ein paar Tage im Orbit miteinander verbracht." Reiter weiter: "Ich kenne ja meine Kollegen sehr gut. Die sind sehr, sehr stark orientiert an Sicherheit. Keiner will dort oben leichtfertig sein Leben auf's Spiel setzen - und definitiv nicht der Chris. Viele von denen kommen ja eben auch aus der Testfliegerei. Und gerade da lernt man ja, solche Sicherheitsaspekte in der Fliegerei mit zu erwägen."
Und auch die NASA würde ihre Astronauten nicht in Kapseln oder auf Raketen privater Anbieter mitfliegen lassen, wenn sie nicht die hohen Sicherheitsanforderungen der amerikanischen Raumfahrtbehörde erfüllen würden. Und so hoffen die USA, mit Hilfe dieser neuen, sicheren Transportfahrzeuge ab 2022 endlich wieder eigenständig Menschen ins All fliegen zu können.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 01. Dezember 2019 | 09:25 Uhr
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