Pollen, Partikel, Probleme Notfall: Wenn ein Gewitter den Atem raubt
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13. August 2020, 20:16 Uhr
Für viele Menschen bringen Gewitter die Erlösung von einer Hitzewelle – aber nicht für alle. Untersuchungen zeigen, dass vor, während und nach einem Gewitter mehr Atemwegsnotfälle gemeldet werden.
Es war ein heißer, windiger Novembertag in Melbourne 2016. Frühlingszeit auf dem australischen Kontinent. Das Thermometer zeigte 35 Grad. Doch am Nachmittag fiel die Temperatur plötzlich stark ab. Und gegen 17 Uhr entlud sich ein starkes Gewitter. Eine Stunde später geriet das australische Gesundheitssystem an seine Grenzen, erzählt Michele Goldman, Chefin der der Hilfsorganisation "Asthma Australia", auf der Youtube-Seite der Organisation: "Wir haben einen riesigen Anstieg in den Notaufnahmen gesehen."
Mehrere Tausend Personen mussten wegen Asthma-Symptomen und allergischen Beschwerden in Krankenhäusern behandelt werden. Zehn Menschen starben. Für Michele Goldman liegt der Zusammenhang mit dem Wetter auf der Hand: "Das liegt an den Gewittern, die Pollen aufgewühlt haben. Und Pollen sind ein bekannter Trigger für Asthma und Allergien."
Gesammelte Gräserpollen fallen geballt zu Boden
US-Wissenschaftler der Universität Georgia glauben, dass Starkwinde vor dem Gewitter große Mengen an Gräserpollen und andere Allergene in die oberen Luftschichten wirbelten. Durch die anschließenden Fallwinde und den Regen kamen diese mit Allergenen beladenen Luftmassen wieder in Bodennähe und in die Atemluft. Das Unwetter könnte zudem die Pollen zerkleinert haben, wodurch besonders feine Allergene freigesetzt wurden. So fein, dass sie besonders weit in die Bronchien vordringen können. Die Australierin Jackie Faiszon erlebte, wie es ihr den Atem verschlug: "Es blockierte meine Atmung. Bis ich nicht mehr wirklich atmen konnte."
Eine neue Untersuchung aus den USA wollte nun wissen, ob auch an den Tagen vor einem Gewitter mehr Menschen mit Atemwegsbeschwerden in die Notaufnahme kommen. Die Forscher haben die Daten von 46 Millionen Patienten ab dem Alter von 65 Jahren ausgewertet. Dabei lag ihr Fokus auf Anmeldungen in Notaufnahmen von 1999 bis 2012. In dieser Zeit waren insgesamt 820.000 Gewitter über die USA hinweggezogen.
Klimawandel könnte mehr Gewitter und damit mehr Atemprobleme bringen
Tatsächlich bemerkten die Forscher immer an den Tagen vor und während eines Gewitters einen leichten Anstieg an Patienten mit Atemwegsbeschwerden. Besonders stark traf es Menschen mit Asthma und der Lungenkrankheit COPD. Doch die Wissenschaftler schlossen aus, dass es sich bei diesem Anstieg um Gewitter-Asthma handelte. Denn die Werte für Pollen und andere Klimagase hatten sich vor den Gewittern nicht erhöht. Dafür war ein Anstieg der Lufttemperatur und der Feinstaubkonzentration gemessen wurden.
Die Forscher schlussfolgerten daraus, dass ein vorzeitiger Anstieg der Partikelkonzentration und -temperatur der dominierende Mechanismus für Gewitter-assoziierte akute Atemwegserkrankungen bei älteren Amerikanern sein kann. Was zu einer Belastung des Gesundheitssystems führen kann, wenn die Sturmaktivität mit steigenden globalen Temperaturen zunimmt. Mit dem Klimawandel könnte als auch die Zahl der Gewitter zunehmen. Und das kann besonders für Asthmatiker und Allergiker quälende Folgen haben. Ob und wie häufig Atembeschwerden bei Gewittern in Deutschland auftreten lässt sich noch nicht sagen. Noch ist die Datenlage dazu einfach zu schwach.
Links zu den Studien
Die aktuelle Untersuchung ist unter dem Titel "Emergency Visits for Thunderstorm-Related Respiratory Illnesses Among Older Adults" im Fachmagazin JAMA Internal Medicine erschienen.
Die Untersuchung der University of Georgia (USA) über den Einfluss der Starkwinde erschien fünf Monate nach dem Ereignis. Hier können Sie sie nachlesen.
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