Weltraumteleskop ESA schaltet Gaia ab: "Das wird emotional"
Hauptinhalt
28. März 2025, 10:48 Uhr
Die ESA-Sonde Gaia hat Daten für ein dreidimensionales Modell der Milchstraße geliefert. Die enthalten viele bislang unbekannte Details unserer Galaxie. Missionsmanager Uwe Lammers spricht über das Ende der Mission.
Seit 2013 hat das ESA Weltraumteleskop Gaia zahlreiche Sterne der Milchstraße genauer als je zuvor vermessen. Durch Gaia kennt die Astronomie nun von mehreren Milliarden Objekten die genaue Position im dreidimensionalen Raum, die Geschwindigkeit und die Richtung, mit der die Sterne sich bewegen. MDR AKTUELL hat zum Abschluss mit dem ESA Missionsmanager Uwe Lammers gesprochen.
Was passiert, wenn eine Sonde in den Ruhestand geschickt wird?
Wir schalten alle elektrischen Systeme ab. Das ist nicht ganz so einfach, wie einen Lichtschalter umzulegen. Sondern wir schicken eine Sequenz von Kommandos, die die einzelnen Systeme an Bord abschalten. Das sind zum Beispiel die Computer, die Kameras und dann am Ende auch der Transponder, also das System, mit dem wir mit Gaia kommunizieren. Und dann sehen wir, wie das Spektrum auf null geht. Das ist vielleicht ein bisschen wie bei einem Herzpatienten in einer Klinik, dessen Herzrhythmus stoppt, der dann so eine Flatline zeigt. Ungefähr so wird es wohl ablaufen.
Gaia war ja richtig lange unterwegs. Welchen Beitrag hat sie zur Forschung geleistet, was waren die Highlights?
Darüber könnten wir einen ganzen Tag sprechen. Die Wissenschaftsgemeinde, die Astronomen der Welt, sind sich im Grunde einig, dass die Daten von Gaia die Astronomie revolutioniert haben. Ein Beispiel vielleicht: Gaias hauptsächliche Beobachtung galt den Sternen der Milchstraße. Und da haben wir herausgefunden, dass die Struktur der Milchstraße ganz anders ist, als wir uns immer vorgestellt haben. Die Milchstraße ist eine Spiralgalaxie, bei der aber nicht klar war, wie viele Spiralarme hat sie eigentlich. Da hatte man gedacht, es sind vielleicht zwei. In den Gaia-Daten sehen wir jetzt aber, es sind wahrscheinlich vier oder sogar fünf. Ein anderes Beispiel: Wir haben immer gedacht, dass die Milchstraße eine flache Scheibe ist. Das stimmt aber auch nicht. Sie ist am Rand gewölbt. Das sind nur zwei von wirklich vielen Erkenntnissen, die Gaia geliefert hat. Und bislang sind nur ein Drittel der Daten publiziert worden. Das heißt, es gibt noch viele weitere Dinge, die die Astronomen überraschen werden.
Was hat Sie persönlich besonders überrascht, was war Ihr Highlight der Gaia-Mission?
Mich hat sehr überrascht, welches Echo die Gaia-Daten in der astronomischen Gemeinschaft ausgelöst haben. Wir wussten alle, dass Gaia für die Astronomie ein Gamechanger wird. Aber die Resonanz, die wir dann bekommen haben, die war überwältigend. Wir messen den Erfolg einer Mission an der Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen, die auf den Daten der Sonde basieren. Und da ist Gaia der absolute Rekordhalter. Jeden Tag erscheinen etwas mehr als fünf Publikationen. Pro Tag! Gaia hat in dieser Hinsicht Hubble überholt, das NASA-Weltraumteleskop, das schon mehr als 20 Jahre fliegt. Darauf sind wir alle sehr stolz.
Wenn das heute endet, was machen Sie da als Missionsmanager? Werden Sie Tränen weinen? Trinken Sie einen Sekt?
Sie können sich vielleicht vorstellen, meine Kollegen und ich haben viele Jahre an der Mission gearbeitet. Wir sind alle emotional betroffen. Das ist schon ein etwas trauriger Tag. Allerdings hat Gaia die Erwartungen in vielerlei Hinsicht weit übertroffen. Das rückt die Gefühle wieder ein wenig gerade. Und dann haben wir ja auch noch die zwei finalen Datareleases, die noch einmal Gamechanger für die Astronomie sein werden. Wir glauben, dass Highlights wirklich noch kommen. Die Mission ist also noch nicht zu Ende. Heute stellen wir nur den operativen Betrieb ein. Das entschädigt ein wenig für die Traurigkeit. Aber natürlich werden wir uns auch gratulieren und in die Arme fallen. Das wird emotional, klar.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 27. März 2025 | 06:47 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/ee62cb89-46dc-4a02-bc7d-622263a0b6cf was not found on this server.