Spieler mit Karten in der Hand schaut lachend zur Kamera.
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Kartenspiele - eine Wissenschaft Sind Poker und Skat wirklich Glücksspiele?

24. August 2020, 15:39 Uhr

Beim Schach entscheidet Geschicklichkeit über Sieg und Niederlage. Wissenschaftler der Universität Heidelberg sind der Frage nachgegangen, wie es bei Skat und Poker ist. Glücksspiel oder Verstand?

Rechtlich gesehen, handelt es sich beim Poker um ein Glücksspiel. Ein reichsgerichtliches Urteil aus dem Jahre 1906 bildet bis heute die Begründung dafür. Umgekehrt wurde Skat 1951 als Geschicklichkeitsspiel eingestuft. So entschieden "körperliche oder geistige Fähigkeiten, der Grad ihrer Aufmerksamkeit, ihre Geschicklichkeit und Anstrengungen" bei den Spielerinnen und Spielern über Sieg und Niederlage. Prof. Dr. Jörg Oechssler hat mit seinem Team an der Universität Heidelberg untersucht, ob die rechtlichen Entscheidungen auch spieltheoretisch richtig sind. Dabei ging es darum, die Frage zu beantworten: Liegt der Glücksanteil bei Skat und Poker unter oder über 50 Prozent?

Millionen Onlinepartien ausgewertet

Oechssler und seine beiden Mitautoren griffen hierbei auf Daten aus mehr als vier Millionen Online-Partien Schach, Poker und Skat zurück. Schach diente als Vergleichsspiel, denn hier entscheidet ausschließlich das Geschick, wie die sogenannte Elo-Zahl zeigt. Diese gibt an, wie stark Spielerinnen und Spieler sind, so Studienautor Peter Dürsch. Die Werte reichen von 1.000 bei Anfängerinnen und Anfängern bis zu 2.845 beim aktuellen Schachweltmeister Magnus Carlsen.

Es gilt: Je breiter die Verteilung der Spielerbewertungen, desto wichtiger ist die Rolle der Geschicklichkeit.

Peter Dürsch, Universität Heidelberg

So liegt die Standardabweichung, also die durchschnittliche Abweichung vom Mittelwert, beim Schach bei 170. Bei Poker und Skat hingegen lediglich bei 30. Mit anderen Worten: Gegenüber Schach sind Skat und Poker wirklich Glücksspiele, so Marco Lambrecht, der dritte Autor der Studie.

Beide Spiele liegen unterhalb der Schwelle von 50 Prozent Geschicklichkeit, hängen also überwiegend vom Zufall ab.

Marco Lambrecht, Universität Heidelberg

Ein Skatspieler hält Spielkarten in der Hand.
Mit diesem Blatt beim Skat gewinnen. Ist das Glück oder Geschicklichkeit? Bildrechte: imago/Winfried Rothermel

Zur Bestätigung ging das Team in Heidelberg noch einen Schritt weiter. Sie bezogen in den Vergleich ein Spiel ein, das zu mehr als der Hälfte vom Zufall abhängt: Münzen werfen. Beim Münzwurf, so fanden die Forscher heraus, ist die Standardabweichung mit 45 aber sogar noch größer als bei Skat und Poker. Und damit wäre eigentlich alles klar. Hier geht es nur um Glück.

Wenn es nicht auch Erfahrung gäbe.

Alle Spiele so berechenbar

Langfristig nähmlich könne sich Geschicklichkeit durchsetzen, so Marco Lamprecht: "Nach ungefähr 100 Partien würde ein Pokerspieler, der um eine Standardabweichung besser ist als sein Gegenspieler, mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit mehr Partien gewonnen haben als sein Gegenspieler." Und so siegt dann doch Geschicklichkeit über Glück.

Auf diese Weise lassen sich auch alle anderen Spiele untersuchen, so die drei Wirtschaftswissenschaftler der Universität Heidelberg. Bei Mau-Mau etwa ist fast alles Glückssache, denn da liegt der Geschicklichkeisanteil noch deutlich niedriger als bei Poker. Beim chinesischen Brettspiel Go liegt er dagegen sogar noch über dem vom Schach.

Link zur Studie und den Gesetzen

Die Studie ist unter dem Titel "Measuring skill and chance in games" in European Economic Review erschienen. Die Entscheidung von 1961 zum Skat finden Sie hier. Und hier finden Sie einen Hintergrund zur rechtlichen Diskussion um Poker als Glücksspiel.

tg

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