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Wissen, was wir lesen Wenn die Dinge mit uns reden
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06. Januar 2021, 07:57 Uhr
"Vielen von uns ist nicht klar, wie außerordentlich faszinierend und vielfältig die menschliche Fähigkeit des Sprechens ist", sagt MDR WISSEN-Autor Clemens Haug nach der Lektüre eines neuen Buchs über Computerlinguistik. Unsere Empfehlung der Woche fasst "50 Jahre Computerlinguistik zusammen", die, so sein Resümee, "durch zahlreiche alltägliche Beispiele auch für unvorbereitete Leser lebendig und unterhaltsam wird."
Worum geht es?
Siri, Alexa, Deep L und Co: Wie Computer, Smartphones und Co. echte menschliche Sprache lernen, Fachbegriff Computerlinguistik, auf Englisch: Natural language processing (NLP). Dazu müssen sie einerseits unsere oft genuschelten, undeutlichen und, vor allem, immer wieder anders formulierten Eingaben verstehen. Andererseits sollen sie uns spontan antworten, möglichst ohne vorformulierte Sätze parat zu haben. Christoph Drösser beschreibt die Anfänge dieser Entwicklung in den 1950er Jahren und zeigt, wie es zu den aktuellen Durchbrüchen kam, die unseren Umgang mit Maschinen grundlegend verändern werden.
Wie schafft es das Buch, mich zu fesseln?
Wer versucht, den Computern echte Sprache beizubringen, muss verstehen, wie Menschen sprechen.
Und hier ist das Buch besonders unterhaltsam, denn vielen von uns ist nicht klar, wie außerordentlich faszinierend und vielfältig die menschliche Fähigkeit des Sprechens ist. Oder war Ihnen klar, dass bereits Babys in der Sprache ihrer Eltern brüllen, dass also französische Neugeborene in einer anderen Tonhöhe schreien als deutsche? Dass Kinder Sprache nicht über abstrakte Regeln aus dem Schulunterricht lernen, sondern über unterbewusst ablaufende statistische Prozesse, die nach dem Trial-and-Error-Prinzip aus wenigen Beispielen Regeln ableiten? Und dass Computer mit Hilfe solcher statistischer Verfahren heute viel besser sprechen können als früher, dass sie aber beim Lernen noch viel, viel schlechter sind als Kleinkinder?
Wer hat's geschrieben?
Christoph Drösser war Redakteur der ZEIT und gründete dort das Magazin „ZEIT-Wissen“. Als Wissenschaftsjournalist wurde er mehrfach ausgezeichnet und lebt heute als freier Autor in San Francisco, wo er die rasanten technologischen Entwicklungen im Silicon Valley verfolgt.
Wie ist es geschrieben?
Auf journalistisch höchstem Niveau: Drösser versteht es, sich angenehm kurz zu fassen. Auf gerade einmal 146 Seiten fasst er 50 Jahre Computerlinguistik zusammen, die durch zahlreiche alltägliche Beispiele auch für unvorbereitete Leser lebendig und unterhaltsam wird. Dabei geht er auch auf die häufig übertriebene Euphorie angesichts neuer Technologien ein und zeigt, wie diese immer wieder die Kurve vom Gipfel der Erwartungen durch das Tal der Enttäuschungen bis zum finalen Plateau der Produktivität durchlaufen.
Was bleibt hängen?
Dass hinter künstlicher Intelligenz vor allem komplexe Mathematik steckt, die zwar kein fühlendes Wesen besitzt, die menschlichen Ausdrucksweisen aber erstaunlich gut nachbilden kann. Dass Apple mit Siri zwar am Anfang technologisch weit vorne lag, inzwischen aber Google und Amazon mit ihren Technologien die Marktführerschaft übernommen haben. Dass eine Sackgasse droht, wenn die beiden Techkonzerne mit ihrem Duopol Konkurrenten aus dem Markt halten, dass aber Open-Source-Lösungen hier möglicherweise für eine vielfältige Entwicklung sorgen, wie sie etwa bei smarten Mobiltelefonen zu beobachten war.
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