Wissen, was wir lesen Warum Hühner scharren, nicken und picken. Alles über Verhalten, Gewohnheiten und Marotten
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09. April 2021, 10:41 Uhr
Sind Hühner auch nur Menschen? Oder sind Menschen auch nur Hühner? Alles eine Frage des Blickwinkels. Wer dieses Buch liest, taucht ein in die wundersame Welt der Hühner, ihr Verhalten, ihre Gewohnheiten und Marotten.
Worum geht es?
Dieses Buch räumt auf mit der respektlosen Redensart vom dummen Huhn. Es beschreibt Hühner und ihr Verhalten: Warum tun Hühner, das, was sie tun? Warum verfolgen sie sich im Garten plötzlich, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her? Ein Blick auf den Schnabel des flüchtenden Huhns zeigt: Da ist der Wurm drin, den wollen alle haben. Warum scharren, nicken und picken sie? Im Vorwort beschreibt Autorin Antje Krause ihr Grundanliegen – dem Huhn gebührt Respekt. Ihr Blickwinkel: Eigentlich sind Hühner auch nur Menschen. Ein Buch, das uns auf Augenhöhe mit Hühnern einlädt, deren Eier wir sonst gedankenlos im Kuchenteig verrühren oder zum Frühstück köpfen.
Für wen ist das Buch interessant?
Wer schon Hühner hat, amüsiert sich einerseits bestens bei den Beobachtungen und Schilderungen zum Verhalten der Hühner. Und findet gleichzeitig immer wieder ein Körnchen Wissen über das Huhn, das ihm noch gefehlt hat. Wer noch überlegt, wie es wohl wäre, im Garten Hühner zu halten, sieht sich in seinem Wunsch vermutlich bestätigt, dass die gefiederten Zweibeiner ganz famose Mitbewohner sein müssen. Und wer nur aus Neugier bei der Verwandtschaft oder Freunden in dem Buch blättert, fragt sich danach unweigerlich: Hm, ginge das nicht auch bei uns im Garten?
Wie schafft es das Buch, mich zu fesseln?
Die Begeisterung fürs Huhn beflügelt das Buch: Fotos von Hühnern, deren "Gesichtsausdrücke" Bände sprechen. Witzig betextete Bildunterschriften. Eine leicht verdauliche Mischung aus Wissen, Ratschlägen, Beobachtungen, Erklärungen und Beschreibungen. Und der Blick der Autorin, nicht nur aus Sicht der Menschen auf die Hühner, sondern auch die (mögliche) Sicht der Hühner auf uns Menschen einzufangen.
Wer hat's geschrieben?
Antje Krause und Wilhelm Bauer sind keine Unbekannten, wenn es um Bücher über Hühnerhaltung geht. Krause ist Diplomingenieurin für Landschaftsplanung, Buchautorin und Lektorin. Sie ist zudem selbst begeisterte Hühnerhalterin. Wilhelm Bauer hat sich schon als Kind mit dem "Hühnervirus" als junger Geflügelzüchter "infiziert", engagiert sich in mehreren Vereinen, die mit Geflügel zu tun haben und schreibt als Autor über Tauben, Hühner, Taubenschläge und Hühnerställe.
Wie ist es geschrieben?
Dem Buch sieht und liest man die Begeisterung des Autorenteams für Hühner an allen Enden und Ecken an, optisch wie auch sprachlich. Hier wird mit teils amüsiertem, teils respektvollem Blick nicht nur auf Hühner, sondern auch auf uns Menschen geschaut.
Wenn es im Hühnerstall stinkt, ist nicht das Huhn schmutzig, sondern der Besitzer (Entschuldigung) faul. Wenn Sie die Gelegenheit haben sollten, riechen Sie mal am Huhn! Es riecht eigentlich nach nichts. Was riecht, sind die Kothaufen. Und wenn man zulässt, dass sich diese Kothaufen über Tage und Wochen anhäufen, stinkt der Stall, klar! Das wäre bei uns Menschen auch nicht anders.
Das Buch an sich ist grob strukturiert, unter den Überschriften "Ein ganz normaler Hühnertag", "Hühnerleben", "Unarten und Verhaltensweisen" taucht man ein in die Lebenswelt der Haushühner. Ein Register am Buchende bietet Orientierung nach Stichworten. Im Serviceteil gibt es Hinweise auf weitere Bücher zur Haushuhnhaltung, auf Youtube-Kanäle zur Hühnerhaltung und Internetseiten zu Vereinen spezieller Hühnerrassen.
Illustrationen von verstreutem Körnerfutter oder Krallenabdrücken lockern die Seiten optisch auf. Schriftarten und Farben von Überschriften wechseln wild, keine Seite sieht aus wie die andere. Fotos zeigen Hühner in verschiedenen Alltagssituationen, mal witzig kommentiert, mal Wissen vermittelnd. Und immer so, wie Antje Krause Hennen und Hähne in ihren Texten beschreibt: Als Individuen mit Charakter und Persönlichkeit.
Ich möchte den Hühnern ein Gesicht geben. Daher schreibe ich auch mit voller Absicht fachlich völlig inkorrekt, das Huhn würde sich entscheiden, denken, taktieren.
So warnt sie im Vorwort. Nicht, dass es ihr und ihrem Co-Autor Wilhelm Bauer an fachlicher Expertise mangelt, beide haben schon andere Bücher über Hühner geschrieben. "Bei mir denken die Hühner, wundern sich, lachen über uns Menschen und tricksen uns aus," schreibt Krause. Gleichzeitig werden Beschreibungen des Hühnerverhaltens immer mit Fachwissen unterfüttert. Zum Beispiel zur Hühneranatomie, und zwar sprachlich so übersetzt, dass es Laien beim ersten Lesen verstehen, etwa über den Verdauungsapparat.
Den Kropf muss man sich vorstellen wie eine Art Tasche in der Speiseröhre, in der das Futter zusammen mit etwas Wasser zwischengelagert und eingeweicht wird. Vom Kropf gehen die vorgeweichten Körner erst in den sogenannten Drüsenmagen, wo sie mit Verdauungssekreten versetzt werden, dann weiter in den Muskelmagen. Und im Muskelmagen kommen Steine zum Einsatz. Stellen Sie sich bitte keine Steine in der Größe eines Handschmeichlers vor, sondern kleine Kaliber, irgendwas zwischen stecknadel- und erbsengroß. Diese Steinchen arbeiten wie Mühlsteine.
Was bleibt hängen?
"Warum Hühner scharren, picken und nicken" – unwillkürlich musste ich schon beim Titel selbst amüsiert nicken, als Hühnerhalterin kenne ich genau das. Das Buch sorgt dafür, dass man sich beim Lesen selbst ein bisschen verhält wie ein Huhn: Man pickt mal hier, man nickt mal da, wenn man auf Bekanntes stößt, man blättert mal da, dann scharrt man auf einer Seite ein bisschen länger, oder lässt sich von einer Überschrift "Halbstarke im Hühnerhof" oder einem schönen Bild einfangen. Und während mir klar wird, dass dieses Hühnerbuch mich immer mal wieder ködern wird, frage ich mich, ob Antje Bauer sich irrt, von wegen, Hühner sind auch nur Menschen? Man könnte es nämlich auch so sehen: Menschen sind irgendwie auch nur Hühner.
Die Rezensentin ist Online- und Radioautorin. In der Redaktion Wissen & Bildung, weil sie Neues aus der Forschung gern so übersetzt, dass jede/r sie beim ersten Lesen oder Hören versteht und anschließend sagt: "Ach so! Wie spannend! Jetzt versteh ich das! Das hab ich nicht gewusst!"
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