Dienstag, 13.08.2024: Trügerisch aufgeräumt
Unter den rechten Arm klemme ich mir die Pappen und greife mit der Hand den großen aber leichten Sack, den ich zuvor schön zugebunden habe. Mit der Linken hebe ich den Mülleimer hoch, die Nase rümpfend, denn über die warmen Tage hat er doch ziemlich zu stinken begonnen. Nun muss ich noch irgendwie die Schüssel voller abgeschnittener Blumenkohlblätter und Kartoffelschalen mit dem Daumen greifen. Ich hoffe das geht gut und es landet nicht alles auf der Treppe, die ich vorsichtig hinuntersteige bis in den Hof. Dort stehen fein säuberlich aufgereiht vier Tonnen. Jede hat einen andersfarbigen Deckel. Blau für die Pappen, Gelb für alles mit dem grünen Punkt, braun für den Bio-Müll und schwarz für das, was übrig bleibt.
Selbst in den Müll versuchen wir Menschen eine vernünftige Ordnung zu bringen. Mühsam haben wir seit den achtziger Jahren gelernt, dass unser Müll uns sonst über den Kopf wächst. Ich erinnere mich noch an die riesigen Müllhalden in DDR-Zeiten. Unweit des Wohnortes meiner Kindheit gab es eine, die schien mir endlos. Wie kleine Käfer kurvten Müllautos und Planierraupen herum und darüber kreisten die Möwen. Heute ist der Müll einfach weg. Ich werfe ihn in die Container und sehe ihn nie wieder. Ein gutes Gewissen stellt sich ein, weil ich ihn ja sortiert habe.
Ordnung ins Durcheinander bringen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Wir schauen uns die Welt an und dann sortieren wir, systematisieren, erschaffen geordnete Vorstellungen, in denen wir uns zurechtfinden. Irgendwann meinen wir, die Welt sei, wie wir sie uns gemacht haben. Wir sehen vor allem, was in unser Denken passt und was stört, wird ignoriert. Ich bin sehr froh, dass ich immer mal wieder mit Gott sprechen kann. Dann wird mit klarer, wo ich mich zu leichtfertig eingerichtet habe. Es tut gut, sich von ihm den Blick weiten zu lassen.
Nein, nur weil mein Müll nun gut sortiert unter den bunten Deckeln verschwunden ist, ist er noch lange nicht weg. Dafür müsste ich schon mehr tun.